Die heitere Grundstimmung der Wandorfer Bevölkerung und der von ihr getragene Unterhaltungs- und Vergnügungswert hat nicht nur auf die Umwelt eine magische Anziehungskraft gehabt. Sie waren auch der Nährboden für den Wandorfer Mutterwitz, der insbesondere in den Späßen und Äußerungen der Wandorfer "Dorforiginale" zum Ausdruck kam. Sie waren die "Querdenker" und durch ihr Verhalten in gewisser Hinsicht auch die "Außenseiter", aber nicht die "Ausgestoßenen" der dörflichen Gemeinschaft. Ihre Lebensphilosophie und Lebensweise genügte nicht den durchschnittlichen Normen einer bürgerlichen - im Grunde genommen - konservativen Lebenshaltung. Sie waren ein Teil - ein akzeptierter Teil - jener heiteren Atmosphäre, die das Wandorfer Gemeinschaftsleben insgesamt prägte.
 
Durch ihre legere, distanzierte Einstellung zu religiösen und existentiellen Lebensfragen, stellten sie die Ernsthaftigkeit dieser Fragen in Zweifel. In ihrem Lebensalltag suchten sie oft Zuflucht zum Wein als "Medizin" und Lebensspender. Was heute noch bekannt ist, wissen wir aus mündlichen Überlieferungen. Sofern schriftliche Aufzeichnungen vorhanden waren, sind diese verloren gegangen. Im Dorfleben von Wandorf gewannen allmählich jene intellektuellen Kräfte an Einfluß, die von auswärts zugezogen sind, also Fremde, denen die Erhaltung von spezifisch Wandorfer Ortsgeschehnissen aus deutscher Vergangenheit nicht mehr am Herzen lagen.
 
Aus den Erzählungen unserer Großeltern wissen wir, daß noch vor der Jahrhundertwende (1900) der Wandorfer Fasching ein gesellschaftliches Ereignis war. Nicht was die Musikunterhaltungen betrifft, sondern die geistreichen Büttemeden auf dem "Kellerdachl" des Gmoawirtshauses, die auch von den "Honorationen" aus Ödenburg beklatscht wurde!) ... Der Büttenredner ritt auf einem ungesattelten Schimmel den Herren aus Ödenburg entgegen (Hohe Offiziere und Beamte) und begrüßte sie mit launigen Worten. Das Thema der Büttenreden waren oft die Meinungsverschiedenheiten zwischen der Kreisstadt und Wandorf, die Generationen beschäftigten. Aber auch die inneren Zustände in den einzelnen Bürgerfamilien wurde nach außen gekehrt.
 
Diese Bräuche gingen schnell zurück, und was von dem Humor übrigblieb, manifestierte sich in jenen Dorforiginalen, die vielen Wandorfern noch aus eigenem Erleben in Erinnerung sein dürften.
 
Als erster soll hier der "Strammer-Koal-Veda" erwähnt werden. Er war Sohn eines reichen Bauern mitten am Dorfplatz. Durch seine witzigen Einfälle und sein Verhalten muß er schon frühzeitig das Mißfallen seines Vaters erregt haben. Denn er galt als das "schwarze Schaf" in der Familie. Auch nach seiner Heirat - die Ehe blieb kinderlos - blieb er seinem Lebensstil treu.
 
Jeden Morgen, vor Beginn der Feldarbeiten, holte er sich beim "Stein" (Kreißlergeschäft) an der Klostertreppe seinen obligatorischen "Arbeitsgeist" (Stampal Schnaps). Gut gelaunt sprach er alle, die ihm am Weg begegneten, an und auf Fragen, wohin er gehe, oder woher er komme, gab er die gleiche Auskunft: "Arbeitsgeist" holen oder geholt. Seine Antwort war, wie das "Amen" im Gebet derer, die schon in den frühen Morgenstunden in der Klosterkirche andachtsvoll den Tagesanbruch begrüßten. Wenn er dann mit seinem jungen Pferdegespann auf seine Felder fuhr, richtete er nach allen Seiten an vorübergehende Passanten freundliche Worte, oder stellte witzige Fragen.
 
Nicht selten antwortete er auf Fragen mit einem kleinen Gedicht, das er spontan formulierte.
 
Eines Tages baute er im Gewann "d' Schluichtn" Rüben an. Auf der Schattendorfer Straße, die an seinem Grundstück vorbei führte, kamen Schattendorfer Frauen, die aus Ödenburg heimwärts gingen. Sie kannten den witzigen "Koal-Veda" und fragten ihn, was er denn anbaue? Seine Antwort lautete:
 
"I bau Ruim, fia d' Schodndoafa Buim, fia d' Schodndoafa Diaran und fia eng oüdi Miaran!"
 
Bei seinen Antworten an Fragesteller, nahm er keine Rücksicht auf deren Stand oder Würde.
 
Als er an einem Sonntag vormittag im Gewann "Schlägläcker" ackerte und seine Füchse (hellbraune Pferde) dabei antrieb, daß sie schwitzten, schlängelte der gut beleibte Pfarrer Scholz in seiner bekannten, gemütlichen Art am Acker vorbei. Er hatte in Wandorf seinen Gottesdienst beendet und war heimwärts nach Agendorf. Als er Koal-Veda und seine vom Schweiß schäumenden Pferde sah, blieb er am Ackerrand stehen, bis Koal-Veda dort angelangt war. Kopfschüttelnd bemerkte er: "Die armen Gäul, müssen die schwitzen". Darauf der Koal-Veda: "I kann iana nit höfa, sie hättn soün Pfoara wean." Es ist nicht bekannt, ob Pfarrer Scholz darauf noch eine Antwort hatte.
 
Seine Pfiffigkeit bewies er auch in anderen Situationen. In Wandorf war es üblich, schon im Frühjahr durch den Kauf von Ferkel für den Winter zu sorgen. So ging auch Koal-Veda mit der Absicht zum Ödenburger Wochenmarkt 4-5 Ferkel zu kaufen. Doch es klappte nicht. Entweder hatte der Koal- Veda zu wenig Geld mitgenommen, oder es ist ihm nach dem Umtrunk im Buschenschank dafür zu wenig Geld übriggeblieben. Ohne Ferkel heimkommen aber wollte er nicht. Er kratzte seine letzten "Groschen" zusammen und kaufte einige Ferkel aus Porzellan. Es war schon dunkel, als er daheim angekommen ist. In der Toreinfahrt, wo auch ein Wagen stand, war kein Licht. Kurz entschlossen stellte er die Porzellanferkel unter den Wagen und fing an, sie zu locken. Nun kam ihm seine Frau zu Hilfe und beide suchten nun mit vereinten Kräften, die Ferkel unter dem Wagen heraus zu locken. Als ihr Bemühen erfolglos blieb, holte die Frau die Küchenlampe und leuchtete die Dunkelheit aus und ihren Mann an, der sich vor Lachen schüttelte. Es war nicht der erste und auch nicht der letzte Scherz, mit dem er seine Frau narrte.
 
Frauen sahen es nicht gerne, wenn ihr Mann spät vom Wirtshaus heimkam. Um diese Gewohnheit abzustellen, tat die Frau von Koal-Veda einen entschiedenen Schritt. Sie sperrte die Küchentür ab, die zugleich die Haustür war, so daß der Kaol-Veda eine böse Überraschung erleben mußte. Aber eines Tages, an dem er ahnte, daß es spät werden könnte, hat er die Tür ausgehängt, auf den Buckel genommen und ist mit ihr ins Wirtshaus Manninger gelaufen. Den Fragestellern erklärte er, er müsse die Tür reparieren lassen und für sie einen passenden Schlüssel suchen.
 
Wer von den damals 6- bis 10jährigen Buben erinnert sich nicht an den Strammer-Koal-Veda, wenn er wutentbrannt mit der Sense aus dem Tor stürmte, an das der Fußball mit aller Wucht angeschossen wurde, um den Ball mit der Sensenspitze aufzuspießen. Die Kinder stoben nach allen Richtungen auseinander, und der Koal-Veida bemühte sich vergebens, die dumpfe Spitze in den Ball zu hauen, der nach jedem Schlag weiter hüpfte, bis Koal-Veida mit seinen Stiefeln im Bachwasser stand. (Das Bächlein, das von den" Winkeln" kommend durch den Dorfplatz floß - heute verdolt.)
 
Über den Strammer Koal-Veida erzählte man, er sei mit seiner Frau im Zirkus "Krone" in Ödenburg gewesen. Nach der Vorstellung wurde ein Preis für denjenigen wagemutigen Besucher ausgesetzt, der den Mut hat, mit dem Dompteur in den Löwenkäfig zu gehen. Nachdem dies ausgerufen war, meldete sich Koal-Veida. Alles horchte auf. Die Besucher erhoben sich von ihren Sitzen, um Koal-Veida zu sehen, wie er zum Löwenkäfig hinabstieg. An seiner Seite seine Frau, die ihn zurückhalten wollte. Ihre Liebesbeteuerungen aber halfen nichts. Koal-Veida war entschlossen. Und diese Entschlossenheit bekräftigte er auch gegenüber dem Zirkusdirektor, der ihn nochmals befragte, ob er sich's gut überlegt habe. "Nun dann", meinte der Zirkusdirektor und gab den Weg frei. "Ja", sagte der Koal-Veida, "in den Löwenkäifi geh' ih, owa d'Löhm miassns aussa!"
 
Viele seiner Späße oder humorvollen Aussprüche sind in Vergessenheit geraten. Eines steht fest: Er war ein belebendes Element im Wandorfer Alltag.
 
Unvergessen bleibt auch der alte "Siaßtischler". Er war ein fleißiger, exakt arbeitender Handwerker, der auch die Särge für die Toten anfertigte. Die Särge waren prachtvolle Kunstwerke, schön verziert und gut geformt, so daß man geneigt war, die Arbeit eines Kunstschreiners vor sich zu sehen. Seine Losung war stets: "Christus ist mein Leben, Sterben ist mein Gewinn!" Dieses Bibelwort hatte für ihn keine abstrakte, überirdische Bedeutung, sondern war handwerkliche Realität.
 
An seiner Uhrenkette trug er keine Uhr, sondern einen Spiegel. Wenn er im Wirtshaus von einem Angetrunkenen nach der Uhrzeit gefragt wurde, zog er seinen Spiegel und sagte: "Schau eini, ob's schon Zeit is!" Die von ihm gegründete Schreinerei wurde von seinen Nachkommen nach der Vertreibung bis zum heutigen Urenkel weitergeführt.
 
Zu einem Spaß aufgelegt und stets freundlich war auch Pater Mayer. Er war Pfarrer in der Klosterkirche. Zwischen den Bauern am Wirtshaustisch fühlte er sich pudelwohl, wo er auch am Kartenspiel teilnahm und nicht selten auch Wetten abschloß. Seine spaßigen Einfälle und seine Anteilnahme am Arbeitsleben der Wandorfer machten ihn sehr beliebt. Man munkelte, er wurde nach Wandorf strafversetzt. Doch sein heiteres Wesen paßte in die Atmosphäre von Wandorf, für dessen derbe Seiten er viel Verständnis zeigte.
 
Als ein Bauer in seinen Weingarten (Schlägl) Mist mit der Butten hinauftrug, kam Pater Mayer dort vorbei. Er unterhielt sich mit den Mädels des Bauern, die dabei waren, die Butten mit Mist zu füllen. Nach einer Weile meinte er, diese vollgefüllten Butten müßten doch sehr schwer sein? Die Mädels fragten ihn, ob er es versuchen wolle? Kurz entschlossen spannte er sich ein und trug die schwere Last tatsächlich hinauf in den Weingarten, hat sich aber vorher ausbedungen, daß er im Herbst eine Flasche Wein bekommt.
 
Daß er Spaß verstand, hatte eines Tages auch die Mutter meines Freundes M. Z. erfahren. Und das kam so: Als sie einmal mit einem Buckelkorb voller Äpfel nach Ödenburg ging, gesellte sich "Padl Mayer", so nannte man ihn, zu ihr und verwickelte sie in folgendes Gespräch:
 
Pater: Haben Sie, liebe Frau, schon einen Pengö in Papier gesehen? Frau Z: Herr Pater, das gibt es doch nicht! Pater: Doch, wenn ich es Ihnen versichere.
 
Frau Z: Sie wollen mich doch nur für dumm verkaufen!
 
Pater: Wetten wir, daß ich recht habe?! Wer die Wette verliert, bezahlt dem anderen einen Liter Wein. Einverstanden?
 
Nachdem Frau Z. mit dem Kopfe genickt hatte, zog unser "Padl Mayer" ein zusammengeknülltes Papier aus seiner Kutte, in dem eine Pengö-Münze eingewickelt war. Frau Z. ließ die Wette gelten, und als wir Wochen später den "Buschenschank" hatten, erschien unser Spaßmacher mit einer Literflasche und kassierte seinen Gewinn. Dezent verstaute er den Wein in der mitgebrachten Tasche und eingedenk seiner geistlichen Würde verließ er still den Schankraum. (Von M. Ziegler)
 
Als "Dorforiginal" galt auch die "Schwungtoschn". Dies war der Horvath-Veida, der Vater des bekannten Gritsch-Musikers Horvath Schani.
 
Den Spitznamen "Schwungtoschn" erhielt er wegen seiner übergroßen Ledertasche, die er meistens am Boden schleifend neben sich her trug. Er war nicht groß, und durch das Gewicht des Tascheninhalts schleifte er die Tasche am Boden mehr, als er sie trug. Auch für die Kinder wurde er allmählich zum "Unikum", die ihm hinterherliefen und ihm nachriefen: "Schwungtoschn", insbesondere dann, wenn er wegen übermäßigem Alkoholgenuß nicht mehr die "Wegsteuer" hatte.
 
Der Alkohol wurde ihm auch im Berufsleben zum Verhängnis. Als Kondukteur (Konduktör=Schaffner) bei der Raaber Eisenbahn, deren Züge auch in das österreichische Burgenland, also über die Landesgrenze fuhren, hatte er die Aufgabe, die einzelnen Stationen in der jeweiligen Landessprache auszurufen. Manchmal war er aber in einem Zustand, in dem er die Grenze nicht wahrgenommen hatte. Dann passierte es, daß er die Stationen in Österreich in ungarischer Sprache ausgerufen hat: "Macskafalu kiszállni", zu deutsch: Katzelsdorf aussteigen. Aber auch in umgekehrter Richtung passierte ähnliches.
 
Er wurde als Schaffner abgesetzt und als Heizer in der Lokomotive verwendet. Fortan veränderte sich auch sein äußeres Aussehen. Rußverschmiert trottete er vom Arbeitsplatz heimwärts und glitt immer mehr in eine Außenseiterrolle.
 
Eines Abends schritt er das Gäßchen beim Rath-Kreißler hinab. Der Weg war dunkel, denn zu dieser Zeit gab es in Wandorf noch keine Straßenbeleuchtung. Als er dann am Mühlbach ankam und über den Steg (kleine Holzbrücke) wollte, verfehlte er die Brücke, an dessen Geländer er sich aber festhielt und watete durch den Bach. Als er das Wasser spürte, brummte und fluchte er mißmutig in sich hinein: "A Gelända horns gmocht, owa die Bruck horns vagessn".
 
Sicherlich gab es noch andere humorige Vorfälle im Leben der unvergessenen "Schwungtoschn ", die uns aber nicht erhalten wurden.
 
Als humorbegabter "Spaßvogel" muß auch der Braunsdorfer-Sepp, auch Leiter-Sepp genannt, erwähnt werden.
 
Auch er erregte durch sein Verhalten, durch sein unbekümmertes, aber ehrliches und liebenswürdiges Wesen die Gemüter seiner Mitbürger, weil sie nicht den gewohnten Ordnungskategorien der bürgerlichen Welt entsprachen.
 
Seine negativen Eigenschaften beeinträchtigten aber in keiner Weise sein positives Menschenbild, den Menschen Braunsdorfer Sepp, bzw. Leiter-Sepp. Er war selbständiger Leitermacher. Mußte seine handgefertigten Produkte oft Kilometer weit auf einem zweirädrigen Karren anliefern, Sommer, wie Winter. Enttäuschungen blieben ihm dabei nicht erspart. Er trug sie mit Fassung und Humor. Er nahm das Leben nicht tierisch ernst, sondern hatte zu allem, was das Leben ausmachte, seine besondere Einstellung. Um sich über die öffentliche Meinung hinwegzusetzen, nahm er zum Alkohol Zuflucht, der seinem Gemüt eine menschliche und humorige Note gab.
 
Nebenberuflich war er Musiker, kannte aber keine Noten. Doch sein feines Musikgehör und seine musikalische Veranlagung befähigten ihn, Musikstücke schnell zu begreifen und mitzuspielen. Mit dieser Begabung glich er die Unkenntnis der Noten auch bei der Militärkapelle aus.
 
Als er an einem späten Abend von Ödenburg heimwärts ging, wählte er die Route über den Elisabeth-Park und Wandorfer Allee. Er war nicht mehr im Vollbesitz seiner Sinnen, als er bei wolkenlosem Sternenhimmel durch den Elisabeth-Park ging. Ein heller Mondschein warf die Baumschatten so exakt nebeneinander über den Weg, daß man sie als Schatten nicht erkennen konnte, ein Alkohol vernebelter Passant schon gar nicht.
 
Ein anderer Wandorfer, der zu dieser späten Stunde gleichsam auf dem Heimweg war, aber nicht im Park, sondern oberhalb auf dem Trottoir (Gehsteig) heimwärts eilte, hörte plötzlich vom Parkweg her ein ungewohntes Stöhnen. Als er hinunter schaute auf den Parkweg und näher hinhörte, nahm er einen Mann gewahr, der über die Baumschatten sprang und fortwährend fluchte: "Schou wieda a Grom". Erst als der "Spinger" am Ende des Parkweges ermüdet ankam, erkannte ihn der andere Passant, als den Leiter-Sepp. Dieser hatte anscheinend die Baumschatten als Gräben gehalten und wollte diese überspringen.
 
Auch die Pünktlichkeit war nicht die Stärke vom Leiter-Sepp. Es soll an einem Feiertag, Ende des Jahres, gewesen sein, als die katholischen Männer in der Klosterkirche verpflichtet wurden, abwechselnd und kniend "Wache" zu halten. Der Leiter-Sepp sollte den Hammer Peter-Veida ablösen, der schon seine zwei Stunden abgedient hatte. In der Wirtshausatmosphäre hatte aber der Sepp die Wachablösung vergessen. So mußte der arme Hammer-Veida Überstunden machen.
 
Mit seinem, jedem Ordnungssinn abholden Verhalten, ist der Leiter-Sepp auch nach der Vertreibung in seinem neuen Wohnort Lohrbach (Kr. Mosbach) aufgefallen. Durch die Verschiedenartigkeit der Dialekte der neu Angekommenen und der einheimischen Bevölkerung gab es eine gewisse Begriffsverwirrung und Mißverständnisse.
 
Kaum einige Wochen in der neuen Heimat, ging der Leiter-Sepp mit einem Kittl seiner Mutter zum einheimischen Schneider, der ihm aus dem Stoff einen Rock machen sollte.
 
Ganz verblüfft schaute ihn der Schneider an, denn in dessen Muttersprache war das mitgebrachte Kleidungsstück kein Kittl, sondern ein Rock. Nun wollte er den Leiter-Sepp aufklären. Er brach den Disput ab und dachte, der Fremde kann die deutsche Sprache nicht einwandfrei und verwechsele deshalb den Rock mit dem Kittl. Oder - was noch näher lag - vielleicht ist er etwas betrunken. Nun vertröstete er den Sepp, bis er zum Anprobieren gerufen wird.
 
Nachdem keine Vorladung kam, ging der Sepp nach einigen Wochen wieder in die Schneiderwerkstatt. Statt des Schneidermeisters traf er dessen Frau an, die von ihrem Mann schon eingeweiht war. Als der Sepp nun nach seinem Kittl fragte, hielt die Frau ihm entgegen, er habe keinen Kittl gebracht und übrigens tragen in Deutschland die Männer keinen Rock. Er müsse sich schon auf die hiesige Kleiderordnung umstellen. Nach längerem Disput gelang es schließlich das Mißverständnis aufzuklären, und der Sepp erhielt dann auch seinen lang ersehnten Rock.
 
Das Schicksal führte den Leiter-Sepp von Deutschland in das französische Elsaß, wo er seine letzte Ruhe fand.
 
Durch seine Späße machte auch der "Brand Hans-Veida" von sich Reden. Er war Bassist in der Musikkapelle Degendorfer (Simmel). Die Kapelle wurde von ungarischen Gemeinden öfter zu Musikveranstaltungen eingeladen. Die an den schnellen Csárdásrhytmus gewohnten Tanzpaare kamen mit den langsameren Polkas, Walzers und Ländlers nicht zurecht. So mußte der Kapellmeister mit Hilfe seines Bassisten seine Musiker auf jenes Tempo bringen, das von den Tanzpaaren vorgegeben wurde, um das Gleichmaß herzustellen.
 
Bei ihren Vertragsverpflichtungen kam die Kapelle auch nach Kolnhof (Kopháza). Als die Kapelle eines Morgens ermüdet dem Bahnhof zustrebte, kreuzte ihren Weg eine Kolnhoferin (Krowotin). Den Brand Hans-Veida hat das Jagdfieber gepackt. Er kniete hin und legte seinen Baß gewehrähnlich in Anschlag auf die Frau. Als diese ihn merkte, drehte sie ihm den Rücken zu, hob ihre Röcke (Kittl) hoch und zeigte dem Hans-Veida ihr blankes Hinterteil. Seine Kameraden gröhlten vor Lachen.
 
Mit seinen Späßen hat der Brand Hans-Veida auch in anderen Situationen seine übernächtigten und übermüdeten Kameraden in heitere Stimmung gebracht.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)