a) Personalien
Nachdem Pfarrer Kalchbrenner Agendorf verlassen hatte, trat das Pfarramt schon im Dezember desselben Jahres sein Nachfolger Andreas Josef Gamauf an. Er war gebürtiger Ödenburger und bekleidete früher in Ragendorf (Wieselburger Komitat) das Pfarramt. Pfarrer Gamauf wurde als Sohn des Ödenburger Pfarrers Samuel Gamauf am 23. Februar 1772 in Ödenburg geboren und kam demnach schon als gesetzter, erfahrener Mann und Familienvater nach Agendorf.
 
Es wird ihm eine seltene Treue und Gewissenhaftigkeit in der Amtsführung nachgerühmt. Seine musterhaft geführten Matrikeln, sowie die von ihm eigenhändig geschriebene Handagende legen ein beredtes Zeugnis ab. Seine Frau war klein von Person, und wenn sie mit einer weißen Haube auf dem Kopfe die Kirche sonntags betrat, erhob sich die ganze Gemeinde von den Sitzen, und die Pfarrfrau grüßte nach allen Seiten freundlich zunickend die Versammelten.
 
b) Großes Vermächtnis
Gleich nach seinem Amtsantritt fiel der Kirchengemeinde ein schönes Vermächtnis zu. Johann Michael von Scheller, gewesener Spediteur in Wien, gebürtiger Agendorfer, stiftete in seinem Testament der evangelischen Kirche ein Legat von 1000 fl und der Schule 500 fl. Später ist dann von diesem Vermächtnis keine Spur mehr zu finden. Entweder ist es einer eingetretenen Geldentwertung zum Opfer gefallen oder zum späteren Kirchen- und Schulbau verwendet worden.>/div>
 
c) Neubau des Bethauses 1835
Das 1785 erbaute Toleranzbethaus war inzwischen baufällig geworden. Deshalb wurde am 7. Oktober 1827 ein allgemeiner Kirchenkonvent abgehalten, an welchem der Bau eines neuen Bethauses beschlossen wurde. Im Beschluss heißt es, "dass vor allem alle Hausväter der evangelischen Gemeinden Agendorf, Wandorf und Loipersbach jeder einzeln befragt wer- den sollen, was jeder freiwillig zu diesem Bau der Kirche hergeben wolle". Wie Alt-Senior Scholtz meinte, wurde in Agendorf freudig und ausgiebig geopfert, während in den Filialen die Sammlung auf zähen Widerstand stieß, so dass es Jahre dauerte, bis die nötige Bausumme fast ausschließlich in Agendorf zusammenkam. Als das Geld ziemlich beisammen war, wurde beschlossen, dass das Bethaus gewölbt und die Sakristei, welche früher in der Kirche eingerichtet war, nun außerhalb derselben angebaut werden soll.
 
Um diesen Plan auszuführen, wurden mit mehreren Meistern Verträge abgeschlossen. Maurermeister Hild aus Ödenburg wurden alle Maurerarbeiten ohne Material für 700 Gulden zugesprochen, Steinmetzmeister Michael Schweifer aus Margarethen für acht steinerne Säulen samt allem Zu- gehör 1300 fl W. W. Papiergeld. Die Zimmermannsarbeiten leitete der Ödenburger Zimmermeister Josef Fasching. Die innere Einrichtung besorgten der Agendorfer Tischlermeister Michael Ringauf und der Wandorfer Meister Johann Böhm und erhielten als Taglohn für jeden 35 Groschen. Der Maurerpolier hieß Anton Domschütz aus Steinberg. Gemeinschaftlicher Bauherr und Rechnungsführer war der Agendorfer Kirchenvater Johann Lostorfer, dem die Kirchenväter Gottlieb Leurer aus Wandorf und Andreas Grasl aus Loipersbach beigegeben waren. Der Kirchbau wurde ohne Unfall oder Schaden vollendet, da zum Bauen eine günstige Witterung herrschte und es den ganzen Sommer hindurch nicht regnete.
 
Die neue Kirche "mit 8 steinernen Säulen und Gewölben wurde binnen 2 Sommern unter dem Schutze des Allmächtigen glücklich aufgeführt". Das Innere der Kirche wurde mit einem ganz neuen Altar, einer neuen Kanzel und Orgel geziert.
 
Am 27. September 1835, also genau 50 Jahre nach der Weihe der ersten Kirche, wurde dann das Fest der Einweihung des neuen Gotteshauses feierlich begangen. Die Weihe vollzog Superintendent Johann von Kis unter Assistenz der Geistlichen Senior Gottlieb Gamauf (Ödenburg), Pfarrer Josef Gamauf (Agendorf), Andreas Prinner (Mörbisch) und des aus Agendorf gebürtigen Paul Lostorfer (Bernstein). Zehn Sänger aus Ödenburg führten unter der Direktion des dortigen Organisten und Singmeisters Süßmann in Begleitung der Orgel eine Kantate auf. Senior Gottlieb Gamauf verlas vor dem Altar das Tempelgebet Salomos, 1. Kön. 8,17 ff und der Ortspfarrer Josef Gamauf hielt die Festpredigt über Pred. Salomo 4,17. "So hatte die Agendorfer evangelische Muttergemeinde samt den Filialen Wandorf und Loipersbach" - so heißt es in einer alten Aufzeichnung -"einen Tag erlebt, der noch lange in wohltuender Erinnerung unter den Mitgliedern derselben leben und als ein heiliger Lebenstag forttönen wird im Andenken der "spätesten Nachkommen." Es ist dieselbe Kirche, nur noch ohne Turm, die mit ihrer würdevollen Schönheit heute noch das Wohlgefallen aller Besucher auslöst.
 
d) Choleraseuche
Man muss über die große Opferwilligkeit unserer evangelischen Vorfahren für den überaus kostspieligen Kirchbau staunen. Wahrscheinlich wurden manche von ihnen als große Dankopfer für ihre Errettung in der großen Choleraseuche, die zu jener Zeit (1832) die Gemeinden heimsuchte, gespendet. Am 16. Juli d. J. starb als erster der Bauer Michael Plechl in Agendorf im Alter von 78 Jahren an "Brechdurchfall", wie die Krankheit damals benannt wurde. Es müssen fürchterliche Monate gewesen sein, in welchen täglich mehrere Todesfälle vorgekommen sind. Von den insgesamt 156 Choleratoten entfielen auf Agendorf 92, auf Wandorf 29 und auf Loipersbach 35. Dazu muss man wissen, dass Agendorf damals nur 902, Wandorf 672 und Loipersbach 503 evangelische Seelen hatte. Unter den Opfern der Choleraepidemie befand sich auch Andreas Wetzer, der hochgeachtete Ortsrichter und Kirchenvater der evangelischen Gemeinde Wandorf. Die Verstorbenen wurden nach Anordnung der Komitatsbehörde 6 Stunden nach ihrem Dahinscheiden zu Grabe gebracht, in Särgen mit geöffnetem Deckel beigesetzt und das Grab aber erst nach 48 Stunden zugeschaufelt. Es ist zu verwundern, dass die Seuche unter solchen Umständen nicht noch mehr Opfer gefordert hat.
 
e) Pfarrer Gamaufs Heimgang
Pfarrer Josef Gamauf, der in seinen letzten Lebensjahren auch Senior der Oberen Ödenburger Seniorates war, starb nach langjährigem Kränkeln am 23. Januar 1847 an Lungenentzündung, fast 75jährig. Seit September 1833 hatte ihm sein gleichnamiger Sohn Josef Gamauf als Kaplan zur Seite gestanden. Pfarrer Gamauf hat genau wie seine Vorgänger Harnwolf und Kalchbrenner viel zum weiteren Ausbau der Kirchengemeinde beigetragen.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)