fig 01Wenn der Herbst beginnt, der Sommer endet, dann ist die Zeit der Ernte! Als ob es ein Trost sein soll, so wird uns alles, was wir das Jahr über gesät, gehegt und gepflegt haben, in reicher Fülle als Lohn zuteil.

Da ist es nun nicht so wichtig, ob es Getreide, Obst, Wein oder die Jagdbeute ist, jeder freut sich, wenn er so viel geerntet und der Ertrag so reichlich ist, dass sich die Mühe lohnte.

Hier bei uns wird dann jedes Jahr im September oder Oktober in den Kirchen oder in Form eines Festumzuges das Erntedankfest gefeiert. Riesige, prachtvolle Erntekronen werden angefertigt und bei den Umzügen mitgetragen, nachdem sie in der Kirche gesegnet wurden. Es ist dies ein Brauch, der auf eine reiche Tradition zurückblickt. Damals, als es mit dem Ernten noch nicht so leicht war, denn es wurde ja alles noch mit Hand gemäht, aus der Erde oder von den Bäumen geholt. Da war dann der Dank heißer, die Lieder zum Lob der Ernte wurden inbrünstiger gesungen. Der Dank für eine reiche Ernte wurde zu einem Lobpreis Gottes für seine Gnade!

fig 02fig 03Heute ist es ruhiger geworden um den Erntedank, es ist nicht mehr so schwer, den Boden zu bearbeiten und auch das Ernten ist schon wesentlich durch Maschinen erleichtert. Und doch ist es noch immer so, dass der Landwirt niemals ohne einen Dankesblick nach oben die Ernte beschließt.  Denn bei allen Erleichterungen durch die Technik ist jedem klar, ohne das Einbringen der Saat in den Boden kann im Herbst nichts geerntet werden.

Eine ganz andere Art des Erntedankes ist ja, das Heranwachsen der Kinder zu beobachten und diese zu arbeitsamen und fröhlichen Menschen zu erziehen. Geschieht das nicht oder nur nachlässig, so können wir es an den Früchten erkennen – es wurde hier nicht sorgfältig auf die Jugend geachtet. Dass es immer wieder heißt, die „Jugend von heute“ ist eben nicht so, wie sie sein soll, liegt es nicht an der Erziehung, an der Umgebung, in der diese Kinder aufgewachsen sind. Doch wie leicht kann man diese Aussprüche widerlegen, erfährt man doch immer wieder, dass gerade die Jugend zu besonderen taten fähig und bereit ist. Sie treten damit den Beweis an, dass sie  immer noch besser sind als dieser Ausspruch – die Jugend von heute, sie ist unsere Zukunft, sie wird einst diejenigen pflegen müssen, die heute nicht besonders gut von ihnen sprechen.

fig 04fig 05Wenn wir nun aber das Geschehen in der Welt betrachten, erleben, was sich da so tut in all den Staaten, von denen wir dachten: Die Probleme von dort drüben sind so weit, die werden wir nie verspüren. Da können wir nur sagen: Wie sehr haben wir uns da wohl geirrt! Noch fallen keine Bomben, noch erleben wir keine Kämpfe um jedes einzelne Haus, noch liegen unsere Städte und Dörfer nicht in Trümmern und noch ist unsere Ernte nicht auf den Feldern verbrannt.

Doch Terror und Gewalt sind schon vor unserer Haustüre angelangt. Menschen, die wir nur aus den TV-Nachrichten kannten, stehen plötzlich in unseren Gemeinden, warten auf Aufnahme und Versorgung. Männer, Frauen und Kinder – man sieht ihnen die Strapazen, die Greueltaten, die sie in ihrer Heimat erleben mussten, an.  Kinder sind traumatisiert, Frauen starren teilnahmslos vor sich hin, die Männer sind sich ihrer Hilflosigkeit bewusst. Hier zu helfen ist wohl unsere Pflicht, Not und Elend zu lindern, die Spuren der Gewalt zu beseitigen. Nun ernten wir die Früchte, die andere gesät haben, die Zank und Hader schürten und die durch Waffenlieferungen diese Kämpfe ermöglichten. Wir sehen hier die Früchte von Hass und Wut, wir müssen nun die Ernte versorgen, an deren Vorhanden sein wir nicht schuld sind. Die die Saat in die Köpfe der Menschen legten, sie waschen ihre Hände in Unschuld.

fig 06fig 07fig 08Wie sollen wir für diese Ernte danken, wie sollen wir uns verhalten, wenn die Versorgung, die Unterbringung und Verpflegung dieser Früchte für uns zu viel wird? Helfen, unsere offenen Hände ausstrecken und die Menschen trösten, die in Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit unterzugehen drohen. Hier sind wir gefordert, nun unser wichtiges Gebot anzuwenden und uns nicht abzukehren mit den Worten: Ich kenne sie nicht, ich habe sie nicht gerufen! Hier dürfen wir es vorleben: Liebe Deinen Nächsten!

Ich weiß, es klingt alles schön und brav und liebevoll, doch die Praxis, wie sieht sie tatsächlich aus? Sie sieht so aus, wie wir sie tagtäglich sehen, verhärmt, abweisend, erbittert und traurig. Doch wenn auch nur eine winzige kleine Geste der Hilfsbereitschaft diese Menschen erreicht, leuchten ihre Augen auf und strahlen den Helfer an! Sie glauben mir nicht?

Dann versuchen Sie es doch!

 

Euer rasender Reporter