Altes Gewerbe - noch immer gefragt

Wie Du wieder aussiehst …..!

Wir alle haben diesen Ausruf einer mehr oder weniger entsetzten Mutter schon gehört! Wenn wir als Kinder vom Spielen heimkamen, die Schuhe und die Hosen voller Schmutz waren und nicht selten auch das Hemd oder das Gesicht! Doch für uns Kinder war es ja gar nicht möglich, sauber und – Gott behüte! – so steril wie beim Verlassen der Wohnung zu bleiben.

All diese großen und kleinen Probleme der Reinigung wurden ja immer gelöst. Mit Wasser, Seife und – mit Bürsten! Und da sind wir schon beim Thema, denn es geht hier in erster Linie um Bürsten. In allen Formen, Größen und den verschiedensten Materialien. Viele sind einfach nur für den alltäglichen Gebrauch wie fürs Schuhe putzen, Kleider ausbürsten und ähnliches gefertigt. Doch es gibt auch noch einen zweiten Aspekt, den wir uns natürlich auch ein wenig näher ansehen wollen.

Es war im Jahre 1951, die Schäden und Schrecken des Krieges waren am Verblassen. Es war an der Zeit, alte Existenzen zu erneuern und zu modernisieren, aber auch neue Erwerbsmöglichkeiten und Betriebe zu schaffen. So dachte wohl auch Herr Georg Lehner aus Mattersburg. Ein Ansuchen um die Gewerbeberechtigung eines Bürsten- und Pinselmachers war bald geschrieben, bei der BH Mattersburg eingereicht und abgewartet. Schon am 31. Oktober 1951 erhielt der die Verständigung zur Verleihung der Gewerbeberechtigung für das Bürsten- und Pinselmachergewerbe.

Ein Verkaufs-Standort in der Mattersburger Bahnstraße war, zusammen mit Sportartikeln, bald gefunden und nun stand Erzeugung und Vertrieb nichts mehr im Wege. Langsam aber sicher gewann er Stammkunden. Durch seine Tätigkeit als Marktfahrer verkaufte er seine Ware sehr gut, sein Kundenstock wurde immer größer und der Betrieb hatte bald einen soliden Grundstock. Nach Georg Lehner übernahm sein Sohn den Betrieb und führte dieses Gewerbe durch all die Jahre und Schwierigkeiten bis zum … ja, bis zur Übergabe im Jahre 2000 an seine Tochter Melanie. Diese war mit und in dem Betrieb groß geworden. Sie kannte sich bestens aus mit Erzeugung und Verkauf und war fest entschlossen, den Betrieb weiterzuführen. Das war jedoch nicht leicht, denn die Industrialisierung machte auch vor diesem Gewerbe nicht halt.

Von einst sechs Mattersburger Bürstenbinderbetrieben blieb die Firma Eckhardt als einzige im Burgenland über. Im Laufe der Zeit aber wurde die Konkurrenz immer größer, doch da hatte Frau Melanie eine wichtige Erkenntnis: Nicht größer und größer, immer mehr Umsatz und noch mehr, sondern sich erst mal mit dem bescheiden, was im Betrieb ohne viel Investitionsaufwand hergestellt werden konnte,. Es war die grandiose Entdeckung schlechthin, sie steckte lieber ein wenig Kapital in kleinere modernere Maschinen, entwickelte Bürsten, die schon in Richtung Umweltverträglichkeit tendierten. Materialien und neue Produktionserfahrungen ebenso wie immer wieder neue und praktische Erzeugnisse waren nun das Endziel. Darauf wurde nun Wert gelegt, es wurden die Produkte aus tierischen und pflanzlichen Materialien wie Holz und Haare und Borsten von Tieren hergestellt. Die Produktionsweise ist seit den Anfängen des Gewerbes, also seit etwa1960, gleich geblieben.

Und so wurde es geschafft, der Betrieb floriert heute so gut wie nie, es gibt auch den Online-Shop, aber auch direkt kann jede Bürste gekauft werden. Was das Ganze natürlich noch immer mit einem etwas romantischem Touch umgibt: Frau Melanie Eckhardt und ihr Gatte Gerald bzw. die Söhne befahren heute noch die Jahrmärkte, vom Burgenland bis ins Niederösterreichische hin ist die Familie mit ihren tollen Produkten präsent.

Eine neue innovative Linie, HANDwerk genannt, zeugt vom Erfinderreichtum der Produzenten: Zahnbürsten aus Holz- oder anderen pflanzlichen Fasern, spezielle Massagebürsten , spezielle Bürsten für Computertastaturen, Haarbürsten aus ganz speziellem Bürstmaterial – das Haar glänzt einmalig schön. Auch die Form der Bürstenkörper ist dem Wandel der Zeit unterworfen und erfährt immer neue Gestaltung: eine Handbürste mit spezieller Borstenreihe für die Fingernägel ist zum Beispiel ebenso ein Renner wie die herrlich bunten und praktischen, an einer über zwei Meter langen ausziehbaren Stange befestigten Bürsten, mit die man in die entlegensten Ecken der Wohnungsdecken kommt.

Und während sich Gatte Gerald der Produktion dieser vielfältigen Artikel bemüht, erledigt Frau Melanie die PR-Arbeit, das Finanzielle und, ja eben alle administrativen Arbeiten. Als gelernte Großhandelskauffrau ist sie ja nicht nur im eigenen Betrieb erfolgreich. Seit dem Jahr 2018 ist sie nun die Landesvorsitzende der „Frau in der Wirtschaft Burgenland“. Ihre Aufgabe und auch ihr Wunsch ist es, die Bedürfnisse und Anliegen der Unternehmerinnen im Burgenland würdig zu vertreten. Sie möchte erreichen, dass für die selbstständig tätigen Frauen des Burgenlandes die Anerkennung wächst und ein partnerschaftliches Miteinander gefördert wird.

Sollten Sie nun bis hierher gelesen haben, so möchte ich Ihnen einen Besuch, persönlich oder digital, der Bürsten- und Pinselmacherei wärmstens empfehlen.