Pfarrer Pröhle unterrichtete seit 1948 an der Theologischen Akademie in Sopron. Er wurde dann auch als ordentlicher Professor gewählt. Er wohnte dabei in Wandorf und betreute noch die Gemeinde. Als aber die Theologische Fakultät Ende 1951 nach Budapest verlegt worden ist, dankte er von seinem Pfarramt ab. Am 1.1.1952 wurde dann ich zum Pfarrer der Wandorfer Gemeinde berufen. Mit dem Pfarrerwechsel kam erneut eine Neubelebung in das Gemeindeleben. Man sagt halt: "Ein neuer Besen kehrt gut". Ich war da eben der neue Besen. Die kirchlichen Veranstaltungen, Gottesdienste, Bibelstunden, Mädchenstunden wurden gut besucht.

In der folgenden Zeit war dann das wichtigste Ereignis der "Gebäudetausch". Im Jahre 1967 wurde die Gemeinde von den städtischen Behörden aufgefordert, ihren Eigentumsanteil am Schulgebäude zu renovieren. Das Gebäude war tatsächlich recht verfallen. Nun haben wir angeboten, unsere Räume zu verkaufen. Als Kaufpreis verlangten wir eine Summe, mit welcher wir auf unserem Grundstück neben dem Pfarrhaus eine bescheidene eigene Kirche aufbauen könnten. Schon Pfarrer Pröhle hatte da einen Kirchbau angeregt. Nach der Zwangsaussiedlung wurden viele Gemeindemitglieder, die ein größeres Haus hatten, enteignet, und sie mußten in leerstehende, kleine, ja oft ganz kleine Häuser ziehen. So war in dieser Lage die Stimmung der Gemeindeglieder; wer weiß was mit uns noch geschieht, ob wir überhaupt hier bleiben werden, wem sollen wir dann eine Kirche bauen? Bis 1967 hatte sich die Lage soweit stabilisiert, daß man an einen Kirchenbau denken konnte. Der Gemeinde und auch den Schulbehörden war es ein ersehntes Bedürfnis, Kirche und Schule voneinander zu trennen. Der Eingang war mit der Schule gemeinsam. Das gab manchmal Reibereien. Das Treppenhaus war hoch, 30 Stiegen mußte man hinaufsteigen. Wir hatten viele alte Leute, denen das Besteigen dieser Stiegen recht schwer gefallen ist. Der Gang, der zu der Treppe führte, ging an den offenen Aborten der Schule vorbei, und während man zum Gottesdienst gegangen ist, war der Geruch unterwegs wirklich nicht andachtserregend. Im Betsaal gab es auf beiden Seiten je vier große Fenster, die nicht mehr dicht genug waren. An manchen Feiertagen, Karfreitag, Himmelfahrtsfest, Pfingstmontag usw. war Schulunterricht. Der Lärm der Schulkinder war bei den Gottesdiensten derart störend, daß es an das Unerträgliche grenzte. So haben wir es wohltuend empfunden, als uns anstatt eines Kaufs ein Gebäudetausch angeboten wurde für unseren Gebäudeteil. 1/3 Teil des ev. Schulhauses sollten wir die gewesene katholische Schule im Tausch bekommen. Den Turm sollten wir abtragen und am neuen Ort wieder aufbauen. Die Generalversammlung der Gemeinde hat am 23.7.1967 den Tausch gut geheissen. Am 22.9. wurde der Kontrakt über den Gebäudetausch beiderseits unterschreiben. Am 1.10. hatten wir den letzten Gottesdienst in dem bisherigen Betsaal. In der darauffolgenden Woche siedelten wir in die neue Kirche um. Am 20. Und 21.4. wurden die Glocken abmontiert und aus dem Turm herabgelassen. Dann hat das Abtragen des Turmes begonnen. Viele Gemeindemitglieder haben bei allen Arbeiten mitgeholfen. Am 17.6. haben wir angefangen, die Erde für das Fundament des neuen Turmes auszuheben. Die Maurerarbeiten wurden vor allem von Samuel Graf, damals auch Kirchenvater, Gottfried Brand und Johann Horváth verrichtet, die Putzarbeiten von Johann Reitter und Matthias Schneider aus Agendorf. Hilfsarbeiten haben Michael Reiter, Michael Pratscher geleistet. Neben ihnen aber viele andere auch, deren Namen wir da gar nicht anführen können. Von den genannten Mitarbeitern ist heute keiner mehr am Leben. Fast bis zur letzten Stunde wurde fieberhaft gearbeitet. Und am 15.10.1968 hat Herr Bischof Ernst Ottlyk die Kirche, unsere eigene Kirche, feierlich eingeweiht. Kurz noch Einiges, das sich nachher noch im Leben der Gemeinde ereignet hat. 1972 bin ich beauftragt worden, auch Wolfs zu betreuen. 1974 kam dann noch die Betreuung von Nemeskér, Felszopor, Aslzopor und Simaság hinzu. Seit dem 1.10.1982 wird an Stelle von Simaság die ehemalige Muttergemeinde Agendorf vom Wandorfer Pfarrer betreut, nachdem Pfarrer Edmund Weltler von Agendorf in den Ruhestand getreten ist. Seither gibt es jeden Sonn- und Feiertag um 8 Uhr einen ungarischen und um 14 Uhr einen deutschen Gottesdienst in Wandorf. Um 10 Uhr ist in Agendorf ein deutscher und um 11 Uhr ein ungarischer Gottesdienst. Nun wollen wir in diesem Jahr (1987) unsere Wandorfer Kirche (ehem. Kath .Schule) erneuern. Wir hoffen, daß wir mit Gottes Hilfe unser 100jähriges Kirchweihfest, den Kiritog hier in Wandorf in einer erneuerten eigenen Kirche feiern können.

Quelle: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde in Wandorf
Prof. Pröhle (1950), übersetzt aus dem Ungarischen von Matthias Ziegler