Die Seelenzahl
Jahr Bevölkerung
1920 2.995
1930 3.273
1940 3.600

Kirchengemeinde:
Jahr Kirchengemeindemitglieder
1920 2.024
1930 2.335
1940 2.547

Die Zunahme der Bevölkerung war nicht mehr so schnell, wie im vorigen Jahrhundert, aber die natürliche Vermehrung betrug noch immer das Doppelte des Landesdurchschnitts: 20,1%. Die Bevölkerungsdichte überstieg jetzt schon die 600. Wegen der beklemmenden Überbevölkerung begann nach dem Krieg eine beträchtliche Auswanderung in Richtung Österreich, Amerika. In den zwanziger Jahren wanderten mehr als 300 Wandorfer aus: 10% der Dorfbevölkerung. Nebenbei war auch die Einwanderung ziemlich ansehnlich: Meistens waren es in der Stadt beschäftigte Beamte, kleine Leute, Pensionäre, die ihre in der Stadtnähe befindlichen Grundstücke bebauten und sich niederließen. Die Einwanderer waren Magyaren und röm. katholisch, die es nach der Stadt hinzog, sich aber um die Gemeinde nicht bekümmerten, die aber die nationale und konfessionale Verhältniszahl zugunsten der Ungarn und Katholiken modifizerten. Die Nähe der Stadt zeigte fortwährend ihre schädliche Wirkung. 2/3 der Gemeinde arbeitete und lebte von der Stadt, aber die Stadt übernahme keinrelei Verantwortung für sie. Am Anfang der dreißiger Jahre entließen die Ödenburger Betriebe an erster Stelle die Wandorfer Arbeiter, weildie Stadt nicht für sie sorgen mußte. In Ödenburg gab es kaum Arbeitslosigkeit, in Wandorf hingegen war sie sozusagen unerträglich. Viele beschäftigten sich mit der riskanten und unsittlichen Schmuggelei. Die Ödenburger kamen oft nach Wandorf zu nicht immer noblen Vergnügungen, die Wandorfer hingegen suchten die Stadt auf. Vor den strengen Kontrollen der Stadt entzog sich eine unsichere Existenz nach Wandorf. Die Ödenburger Zeitungen prangerten gerne die Wandorfer "Tugenden" und Zustände an, vergaßen aber, daß die Nähe der Stadt dafür verantwortlich war. Die Gemeinde war inzwischen mit der Stadt zusammengewachsen. Eigentlich sollte man sie mit ihr vereinigen, aber die klerikale und bürgerlich denkende Leitung der Stadt verhinderte dies, weil sie nicht wollte, daß die Stadtbevölkerung durch Evangelische und Deutsche wachse. Wandorf war ohnehin zu einer besonders zusammengesetzten Gemeinde geworden: 20% Ackerbauern, 70% Arbeiter und 3% Intelligenz, die aber in der Gemeinde keinerlei Rollte spielte. Wandorf war kein Dorf mehr, denn seine Bevölkerung hatte eher eine städtische Zusammensetzung, jedoch auch keine Stadt, denn es fehlte ihr die führende Stadtintelligenz. Wandorfs Gemeinde- und Kirchenleben mußte viel ungerechte Kritik über sich ergehen lassen, weil man nicht seine besondere, zwischen Stadt und Dorf gelegene, Lage erkannte und es einfach mit den benachbarten Agrargemeinden oder mit der Stadt verglich.

Quelle: Geschichte der evangelischen Kirchengemeinde in Wandorf
Prof. Pröhle (1950), übersetzt aus dem Ungarischen von Matthias Ziegler