Einige Angaben aus der Statistik um die Jahrhundertwende: 

  • Fläche der Gemeinde: 1902 Kastraljoch
  • Zahl der Einwohner: 1816, 874 Männer, 924 Frauen, davon 325 Kinder unter sechs Jahren
  • Aufteilung nach der Muttersprache: Deutsche: 1760, Ungarn 57, Kroaten: 4, Slowaken 3, sonstige 2.
  • Aufteilung nach Konfession: ev.: 1545, kath.: 251, Juden: 20
  • Schreiben und lesen konnten 1334
  • In der Gemeinde gab es 278 Wohnhäuser
  • Zahl der Bergarbeiter in der Brennberger Grube: 156
  • Zahl der zu versorgenden Familienmitglieder: 262

 

 mosaik p028Agendorf ist um die Jahrhundertwende ein wohlhabendes, fast rein deutsches Dorf. Nach der verheerenden Feuersbrunst 1890 wechselte man die Strohdächer in der Bergstrasse gegen Ziegeldächer aus. Neue Häuser wurden dann schon mit Ziegeln gedeckt. In der Bahnstrasse standen nur noch zwei Häuser, das von Matthias Plöchl und das von Paul Nusshör. An der Stelle der Kirch- und Ödenburger Straße breiteten sich Obstgärten und Hanfäcker aus. Die Häuser in der Hauptstrasse verliefen nicht geradlinig, sondern im Zick- Zack, eins war weiter nach vorn, das nächste weiter nach hinten gebaut.

Sämtliche Häuser der alten Agendorfer Bauern und Häusler waren aus massiven Lehmziegeln gebaute, längliche Gebäude. Zur Strasse ging das Vorzimmer mit drei Fenstern (ein Eckfenster), dem folgte die Küche mit einer offenen Feuerstelle, darunter der Backofen, der in das eine Zimmer reichte. Das typische der Bauweise war das Guckelfenster, aus dem man die ganze Straße überblicken konnte. Die gute Stube ging zur Straße, dazwischen Küche und hinteres Zimmer. Auch die übrigen Räumlichkeiten folgten einander: Kammer, Stall, Presshaus und daneben etwas tiefer der Weinkeller. In der am Ende des Hauses gebauten Scheune waren Pferdewagen, Heu, Stroh, Sämaschine usw. untergebracht. Auf der anderen Seite des Grundstückes befanden sich in der Länge des Hauses in Richtung Straße ein kleiner, eingezäunter Garten, weiter nach innen der Brunnen mit einem Trog um Saufen, die Schweineställe und der Misthaufen.

In den Häusern und Höfen wohnten mehrere Familien – wie auch heute noch. Die Häuser wurden früher weiß getüncht, ein Zeichen von Sauberkeit. Die Fenster (Rahmen und Jalousien) waren leuchtend blau gestrichen. Agendorf war die Mustergemeinde des Kreises. In der Küche war ein offener Rauchfang. Der Ofen, der zum Brotbacken und Dürren von Obst benutzt wurde, war von der Küche her ins Zimmer eingebaut. Die Wände in der Küche wurden weiß oder blau gestrichen. Zu den Eigenschaften der Ureinwohner gehörten Sparsamkeit und eine eifrige Beschaffung von Vermögen. Die Männer bearbeiteten die Felder oder arbeiteten in der Grube, die Frauen trugen in Korb Hucken Milch, Milchprodukte, Obst und Kienholz nach Ödenburg auf den Markt. Das Hausgewerbe in der Gemeinde war entwickelt. Auf den Hanfäckern wurden Hanf und Leinen angebaut, woraus die erwachsenen Mädchen und Frauen Leinen anfertigten, was sich gut verkaufen ließ.

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Die Bauern nutzt die Felder gut aus. Sie bauten alles an, was sich nur verkaufen ließ. 1890 besaß die Gemeinde 1902 Katastraljoch Boden, später, 1894 machte das Ackerland mit dem in der Ödenburger Flur gekauften 2067 Katastraljoch aus. Die jüngeren Arbeitskräfte arbeiteten auf den Feldern oder im Bergwerk, für die älteren blieben Haushalt und Kinder. Die Produkte wurden aus dem Dorf nicht nur nach Ödenburg, sondern auch nach Wien gebracht. Viele beschäftigten sich mit Pferdezucht, sie züchteten sog. „schwere“ Pferde. Viehhaltung in der Gemeinde: doppelte Pferdegespanne 5, einfache Pferdegespanne 2, doppelte Ochsengespanne 66, vierfaches Ochsengespann 1, Stiere, Kälber 31, Fersen, Rinder 324, Ochsen 153, Fohlen, Pferde 23, Schweine 572, Ziegen 32, Geflügel 2703, Bienenstöcke 77.

1896 gründeten vier Bauern mit der ersten Dreschgarnitur die „Erste Agendorfer Dreschgesellschaft AG“. Michael Kirchknopf, Andreas Eber, Holzhofer (Wirt) und Matthias Strammer. (Nach dem ersten Weltkrieg gründeten Karl Leyrer und Matthias Strammer erneut eine Dreschgesellschaft).

Quelle: Agendorfer Mosaik
Andreas Böhm (1991)