Nachdem die evang. Kirche, das "Bethaus", 1787 in Harkau eingeweiht worden war, muß es auch eine Orgel gehabt haben, denn laut Kirchenrechnungen aus dieser Zeit wurde 1789 "dem Herrn Malik, Orgelbauer in Wien, 129 fl." und 1790 nochmals "88,20 fl bezahlt". Wie diese Orgel aussah, wissen wir nicht, auch haben wir keinerlei Angaben über deren Größe.
 
Anscheinend hat sie aber den Ansprüchen der Harkauer nicht entsprochen, denn laut Convents Protokoll wurde 1818 beschlossen, daß eine "neue Orgel mit 10 Mutationen (Rysten) und einem Pedal angeschafft werde. Die alte aber soll verkauft werden". Den Auftrag erhielt der Orgelbauer König in Ödenburg. Die pol. Gemeinde gab dazu 1390 Taler, der Rest mußte von der Kirchengemeinde aufgebracht werden. Leider konnte ich nicht feststellen, wie hoch dieser Betrag war. Schon an Pfingsten 1819 wurde die neue Orgel eingeweiht. Sie hatte ein Manual, ein Pedal und 10 Register, und zwar linkerhand: "Boudon 8', Octavbass 8', Flötenbass 4', Cello 8' und Subbass 16'" und rechterhand: "Principal 4', Flöte 4', Mixtur 2 2/3', Gamber 8' und Aeoline 8'." ,Das Orgelgehäuse hat spätbarocke Ornamente (Csatkai). Um die Jahrhundertwende wollte die Kirchengemeinde schon eine neue Orgel anschaffen. Eine Haussammlung wurde beschlossen. Sie wurde am Sonntag, den 15. Juli 1902 durchgeführt, aber sie brachte nicht den erhofften Erfolg. Die Wirtschaftslage war in der Gemeinde denkbar ungünstig, wie wir das an anderen Stellen bereits geschildert haben (Verschuldung, Zwangsversteigerungen, Auswanderungen!).
 
Eine kleine Episode, die mir Lehrer Neubauer öfters erzählte, will ich hier bringen: Als beschlossen wurde, daß eine neue Orgel angeschafft werden sollte - so erzählte er- sollten die beiden Lehrer mit je einem Kirchenvater von Haus zu Haus gehen und bei den Gemeindegliedern für eine neue Orgel sammeln. Ich sammelte mit dem Kirchenvater Buchhaas. Als wir zum reichsten Bauern des Dorfes, zu Gottlieb Reitter, kamen und der Kirchenvater sein Sprüchlein gesagt hatte, fuhr uns Reitter unwirsch an: "Ich brauche keine neue Orgel. Wer eine braucht, soll das Geld dafür hergeben. Ich gebe keinen Heller!" Ich war über die unhöfliche, grobe Art sehr erschrocken und wandte mich zur Tür, um das Haus schnellstes zu verlassen. Jedoch der Kirchenvater kannte den Reitter besser als ich, der ich erst ein - zwei Jahre in Harkau war. Deshalb hielt er mich zurück und begann mit Reitter ein harmloses Gespräch. Nach kurzer Zeit verschwand Gottlieb Reitter im Schlafzimmer. Herr Buchhaas zwinkerte mir zu und deutete mit dem Kopf nach dem Zimmer. Bald kam Gottlieb Reitter, der reiche Bauer, wieder zurück ins Zimmer und legte uns einen Tausend-Kronen-Schein auf den Tisch. Das war damals viel Geld, der Preis eines Paar gemästeter Ochsen! So war er, der alte Reitter! Daß eine der Enkeltöchter von Gottlieb Reitter einmal meine Frau wird, das hätte ich damals auch nicht gedacht! schloß Lehrer Neubauer sein Erlebnis. Bei dieser Sammlung wurden nur 2815,40 Kronen gesammelt (es waren eben schlechte wirtschaftliche Zeiten). Darum mußte die Anschaffung der Orgel zurückgestellt werden. Der bereits gesammelte und durch Zinsen angewachsene Betrag wurde im Ersten Weltkrieg als "Kriegsanleihe" gegeben.
 
Bei der Geldentwertung nach dem Krieg zerrann er ganz. Und so leistet die alte Orgel auch noch nach über 150 Jahren recht und schlecht ihre Dienste in der Harkauer Kirche. Und wenn wir Harkauer einen Besuch in der alten Heimat machen, vergißt niemand auch eine kurze oder längere Zeit der Stille, für ein Gebet, eine Andacht in der altehrwürdigen Kirche zu verbringen. Bei diesen Besuchen vergißt dann nicht die pensionierte Lehrerin, Gertrud Panzer, die die Besichtigung der Kirche meistens ermöglicht, auf der altehrwürdigen Orgel das uns allen von der Konfirmation her bekannte Lied zu spielen: "So nimm denn meine Hände und führe mich...". Allerdings muß einer der Besucher bereit sein, den Blasebalg an der Orgel zu treten, denn eine Elektrifizierung konnte bisher aus Geldmangel der Gemeinde, noch nicht vorgenommen wer- den. Und so wird sie auch weiterhin - hoffentlich noch lange! - zur Ehre Gottes erklingen.
 
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)