"Pro patria et libertate" (= Für Vaterland und Freiheit) hatten die Heere Bocskays (sprich Botschkai), die "Haiducken" auf ihre Fahnen geschrieben, mit denen sie in den Jahren 1604/ 1606 gegen den Kaiser ins Feld zogen. Kaiser Rudolf (regierte von 1576 bis 1608) weilte hauptsächlich in Prag, verbrachte seine Zeit mit Alchimie (= Goldmacher Kunst) und mit Astrologie. Er kümmerte sich sehr wenig um die Staatsgeschäfte.
Seine Brüder Ernst und nach dessen Tod Matthias waren mit der Regentschaft betraut: Stephan Bocskay, einer der reichsten Magnaten Nordostungarns, war anfänglich sehr deutschfreundlich eingestellt und war jahrelang Berater Rudolfs in Prag, in der Hoffnung, Rudolfs Regierungstil beeinflussen zu können. Nach jahrelangen, vergeblichen Mühen kehrte er auf seine großen Besitzungen zurück und sammelte die Unzufriedenen gegen die Tyrannei der Habsburger. Nachdem er vom österreichischen Heeresführer Beigiojoso angegriffen worden war - so die ung. Geschichtsschreibung - versuchte er, dessen ung. Unterführer mit ihren Haiducken für sich zu gewinnen. Diese wechselten tatsächlich zu ihm über und in kurzer Zeit - im Jahre 1605 - wurde ganz Oberungarn, das ja von den Türken auch nicht besetzt war, erobert. Viele der ung. Magnaten schlossen sich dieser Erhebung an. Bocskay hatte auch die in Transdanubien lebenden Adeligen und die Städte aufgefordert, sich ihm und seiner Bewegung anzuschließen und seinem Heer die Tore der Städte und Burgen zu öffnen. Jedoch die Königliche Freistadt Ödenburg folgte diesem Aufruf nicht, obwohl es Grund genug gehabt hätte, sich von Halsburg loszusagen, "aber die Kanonenmündungen in Wien und Wiener-Neustadt standen doch zu nahe auf Ödenburg gerichtet", kommentiert Prof. Payr. Ödenburg öffnete also ihre Tore den Haiducken nicht, selbst auf das gute Zureden vieler Adeliger der Umgebung, die Bocskays Heere aufnahmen.
 
Franz Nadásdy, der Obergespan des Komitats Ödenburg und langjähriger Pa1atinus Ungarns, auch Herr vom benachbarten Deutschkreutz, war leider anfangs des Jahres 1604 gestorben. Seine Witwe, Elisabeth, geb. Bathory, blieb auch königs- bzw. kaisertreu und schloß sich Bocskays Aufstand nicht an. Darum sollte Deutschkreutz - und natürlich das zwischen Deutschkreutz und Ödenburg gelegene Harkau! - viel unter den Haiducken zu leiden haben. Die Heere Bocskays unter Leitung des Haiducken-Führers Gregor Német überquerten bei Ragendorf die Donau, verwüsteten die Gegend um den Neussiedler See und zogen am 18. Mai vor die Stadt Ödenburg. Die Stadt wurde jedoch nicht belagert. Das Heer zog über Csepreg (Tschapring) nach Güns, das ihm seine Tore öffnete. Ende Mai jedoch erschien Nemet mit seinen Haiducken von Güns kommend abermals vor Ödenburg. Diesmal führte ihr Weg auch über Harkau; es war der nächste Weg von Güns kommend. Sein Lager schlug er auf den Furtwiesen, nördlich vom Kogelberg, zwischen Ödenburg und Kolnhof auf. Daß Harkau bei diesem Durchzug des Heeres besonders unter den Plünderungen und Requirierungen gelitten hat, war leider bei den damaligen Kriegszügen selbstverständlich. Zwischenzeitlich hatte jedoch die Stadt Verstärkung durch den kaiserlichen Heerführer Oberst Trautmannsdorf erhalten. Am 5. Juni wurde der Ansturm "der hunten", wie Georg Payer, in seiner Ödenburger Chronik schreibt, abgewehrt. Durch einen Ausfall der Bürgerwehr eroberten sie sogar dreizehn Fahnen, die sie sofort nach Wien schickten, wo sie mit Begeisterung in Empfang genommen wurden. Ein Teil der Angreifer fand den Tod, der andere Teil verließ fluchtartig die Vorstadt. Jedoch am 11. Juni erschienen Bocskays Heere abermals vor der Stadt. Diesmal litten besonders die Stadtdörfer Kolnhof und Wolfs unter dem von Orten heranrückendem Heer. Erzherzog Matthias sandte abermals Oberst Trautmannsdorf mit 500 Reitern und 300 Fußvolk zur Hilfe. Dieses kaiserliche Heer vertrieb die Haiducken von Ödenburg und verfolgte sie bis Deutschkreutz, ja es nahm das von den Haiducken besetzte Deutschkreutz samt Schloß auch ein. Da beide Heere durch Harkau oder nahe an Harkau vorbei flohen, bzw. verfolgten, mußte diesmal besonders Harkau von Feind und Freund besonders viel leiden. "Die Dörfer wurden verbrannt, geplündert und die Ernte vernichtet", schreibt Bán (S.125). Anfangs Juli erschien aber der Feind zum dritten Mal vor Ödenburg und viele aus der Umgebung (sicher auch Harkauer) flüchteten in die Innenstadt. "Die Belagerer zündeten die Vorstadt an. Also ist die ganze Vorstadt in zwei Stunden abgebrannt... Da ist groß Jammern und Herzeleid gewesen, daß einen Stein hätte mögen erbarmen.. Was der Feind übrigließ, haben des Oberst Soldaten "Ratzen und Khosaken"... gestohlen, zerbrochen, zerschlagen und verwüstet... Da haben sie eine Kuh, ein Schwein, einen Ochsen oft um ein Tuti Wein verkauft", schreibt der Chronist Georg Payer als Augenzeuge. "Danach ist der Feind gegen Eisenstadt und (Wiener-) Neustadt gezogen und hat geraubt, alle Dörfer abgebrannt. Es ist fast alle Tage beinahe ein Scharmützel gewesen..." fährt der Chronist Payer fort. Beim weiteren Angriff der Heere Bocskays hatten sie bei der Michaelis Kirche ihr Lager aufgeschlagen. Durch einen Ausfall der Bürger wurde das Heer überrumpelt und vertrieben. Aber die Gefahr war dadurch hoch lange nicht gebannt. Nach Payers Chronik dauerte das Stehlen, Morden und Brandschatzen in der ganzen Umgebung noch das ganze Jahr hindurch, so daß sie selbst die Weinlese nur unter großer Gefahr einbringen konnten.
 
Während dieser vielen Durchzüge von "Feind und Freund" durch Harkau wurde auch die Ernte größtenteils vernichtet. Im darauffolgenden Frühjahr war die Hungersnot in Harkau schon so groß, daß die Stadt als Grundherr sich genötigt sah, für ihre Untertanen in Harkau, Lebensmittel zu kaufen. Aus einer Urkunde im Archiv der Stadt geht hervor, daß die Stadt am 7. März 1606 für Harkau 40 Metzen Traid (= Roggen, etwa 16 dz) a 17 Schilling von Georg Vorschenbeck, Getreidehändler in Österreich, für 170 Gulden, Rheinisches Geld, kaufen mußte, um die große Hungersnot in Harkau zu lindern.
 
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)