Rede von Walter Rossmann auf dem Kiritog

Friede sei mit Euch!
Liebe Gemeinde!

Es ist mir eine große Ehre - und natürlich auch eine große Freude, heute als Vertreter der evangelischen Pfarrgemeinde Loipersbach gemeinsam mit Herrn Pfarrer Balazs Saghy den Kirito-Gottesdienst hier in Wandorf feiern zu dürfen.

 

Kirito - der Tag der Kirchweihe - wurde und wird ja auch heute noch in allen umliegenden Gemeinden gefeiert. Erst vor einer Woche, am 3. September, feierten wir in Loipersbach unseren "Kirito". Loipersbach und Wandorf haben ja etwas gemeinsam: Sie waren Tochtergemeinden von Agendorf. 1932 wurde Loipersbach selbständige Pfarrgemeinde, sieben Jahre später Wandorf unter Pfarrer Karl Pröhle. Dessen Einführung fand am Kirchweihsonntag, dem 10. September 1939, statt. Damals versammelten sich die Wandorfer und die Gemeindeglieder der benachbarten Ortschaften auf dem Schulhof. Vor einem Altar aus Laub und Tannengrün fand der Festgottesdienst statt.

In der Agendorfer Kirche sind noch heute als Erinnerung an die beiden Tochtergemeinden die Kennzeichnungen für die Besucher von Wandorf und Loipersbach auf den Kirchenbänken zu sehen. Das wirkt auf mich so, als ob sie sagen möchten: wir bleiben hier aufgemalt, denn bald werden wir wieder von Menschen aus Wandorf und Loipersbach besucht werden. Beim Friedensgebet am Nachmittag des Pfingstmontag 2005 war die Agendorfer Kirche übervoll - mit Besuchern aus vielen umliegenden Gemeinden. Es ist beruhigend, wenn man erfährt, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen noch nicht völlig von Hektik und Stress abgetötet wurde.

Kirtag - ein fröhliches Fest - und Gelegenheit, um gemeinsam im Gottesdienst der Kirchweihe zu gedenken. An die guten und schlechten Zeiten, die seither über die Gemeinde hinweggegangen sind. Da erinnern wir uns an die Worte Jesu Christi: Himmel und Erde werden vergehen, meine Worte aber werden nicht vergehen. Welch ein herrlicher Trost, der die Hoffnung in uns aufrecht hält, dass wir alle geborgen und behütet sind - in seiner Hand.

Wenn man am Nachmittag das Leben und Treiben am Kirtagplatz beobachtet, so beherrschen heute Standln, Ringelspiel, Autodrom das Geschehen. Lärm und Geschrei, überlaute Musik machen ein ruhiges Unterhalten fast unmöglich. Wenn man Freunde trifft, schreit man sich ein "Wie geht's?" zu, die Antwort versteht man schon nicht mehr. Der Kirtag ist zu einem Symptom unserer heutigen hektischen, lauten Zeit geworden. Wir müssen lernen, damit zu leben - dass die Ruhe, die Behaglichkeit, das Gemütliche großteils verschwunden ist - nur noch in der Erinnerung der älteren Menschen lebt.

Ich kann mich noch erinnern - an die Jahre so zwischen 1960 - 1970: da wurden Freunde eingeladen, Verwandte, die auswärts lebten, kamen zu Besuch. Es war ein großes Fest - ein Familienfest - man saß zusammen an einem Tisch und feierte. So war es und ist es auch heute manchmal noch bei uns drüben im Burgenland.

Da habe ich vor einigen Tagen ein Schreiben aus Deutschland bekommen, genau gesagt aus Stuttgart: Da schreibt mir jemand: "Ein wenig muß ich dich beneiden - dass du am Sonntag am Kirito in Wandorf sein kannst. Für mich ist es einfach zu weit - nur schnell einmal kurz hinüber zu fahren."

Diese Sätze haben mir zu denken gegeben. Was für mich eine Selbstverständlichkeit bedeutet, ist für andere Menschen ein unüberwindbares Problem. Dieses "einfach einmal schnell hinüber schauen" wird für uns, die wir nahe der grenze wohnen, immer leichter, selbstverständlicher. Man kann wieder zum Nachbarn fahren, ohne lange Wartezeit an der Grenze, ohne unangenehme Kontrollen. Man kann seine Nachbarn kennen lernen, ihre Sorgen, Probleme, Ängste und Hoffnungen. Vieles, das uns drüben fremd ist, gehört hier zum Alltag. Und es ist gut, wenn wir uns vor Augen halten: auch wenn es uns gut geht - nicht weit weg von uns ist noch immer nicht alles so, wie es sein sollte.

Nicht mit großen Gesten Wunder versprechen, nein, das wäre nicht gut. Aber mit den Menschen mitfühlen, sie aufzumuntern und ihnen die Hoffnung erhalten helfen - dass wäre unsere Aufgabe.

Die Kirche, die Zeiten überdauert: Da sehe ich immer die Bergkirche in Wandorf, als ein Symbol der Hoffnung, jeden Tag von Schattendorf, meinem Wohnort, aus. In der Nacht, wenn sie beleuchtet ist, am Tag, wenn sie hell von der Sonne beschienen wird. Sie ist für mich wie ein Denkmal, welches mir zuruft: Sieh her, es waren schwere Zeiten für mich, aber ich stehe immer noch, ich gebe noch immer den Menschen in der Ferne Signale wie ein Leuchtturm. Sie steht auf ihrem Berg wie ein Fels in der Brandung der heutigen Zeit. Nichts konnte sie bis jetzt zum Verschwinden bringen, hoffen wir, das es noch viele Jahre so bleibt. Und noch lange Zeit Kirtag gefeiert wird in Wandorf, damit auch die weit entfernt Wohnenden einen Besuch hier einplanen können.

Ich wünsche uns allen, Ihnen hier und uns drüben, dass bald die Wege frei werden, alle Wege - jene, die in die Dörfer führen und jene, die in unsere Herzen führen.

Herr Jesus Christus,
wir bitten dich für alle Menschen,
die nach Halt und Orientierung suchen.
Sei ihnen Zufluchtsort und Wegweiser,
wenn sie den Weg zu dir, in die Heimat, suchen.

Herr, hilf uns, die wir im Herzen hart geworden sind,
reinige sie wie den Tempel in Jerusalem,
stürze die Tische der Selbstsucht und der Hartherzigkeit
zeige uns den Weg zur reinen Güte und Barmherzigkeit.

Herr, sei mit den Kranken, Einsamen und Verzweifelten,
schenke ihnen Hoffnung und Trost in ihrem Leiden
und gib ihnen die Stärke, über sich selbst zu siegen.

Herr, hilf uns!

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 Quelle: Text und Bild - W. Rossmann