Bericht von Elisabeth Hauer und Maria Glaser, geb. Hauer

Aus dem Kirchweihfest wurde im Laufe der Jahrzehnte ein recht weltliches Fest, bei dem sich die Frauen vor lauter Vorbereitungen kaum mehr Zeit nahmen, in die Kirche zu gehen.

Um diese Jahreszeit, also Ende September, war bei den Bauern in der Feldarbeit eine ruhigere Zeit. Die Getreideernte war eingebracht und gedroschen, die Weingärten waren geschafft, das heißt gehackt und hochgebunden. Die Kartoffel – und Rübenernte hatte noch nicht begonnen. Lediglich die Bohnen mussten heimgebracht, getrocknet und von Hand gedroschen werden. Das Geld, das man für die Bohnenkerne einnahm, war sehr willkommen für den Kauf der „Kiritogkitl“ (Trachtenröcke für die Burschdiran).

Mit dem Hausputz fing man schon 14 Tage vor dem Fest an. Die Stubn wurde vollständig ausgeräumt und geweißelt, die Strohsäcke frisch gefüllt, die Vorhänge von den Himmelbetten gewaschen und gestärkt und die Himmel abgewaschen. Auch die Küchen wurden frisch gewißelt und die mit mehr oder weniger geistreichen Sprüchen bestickten Wanddeckerl gewaschen, steifgestärkt, gebügelt und wieder an ihren Platz gehängt. Ja sogar die Außendwände der Häuser haben die Frauen geweißelt.

Die Burschenschaft spielt eine wichtige Rolle bei der kulturellen Gestaltung des Kiritogs. Sie war für die Vorbereitung und Durchführung des Festes verantwortlich. Die Burschenschaft, oder kurz „Bursch“ war eine Vereinigung der ledigen Burschen des Dorfes ab 16 Jahren.

An feinem freien Platz in der Nähe des Wirtshauses haben sie eine Woche vorher den Tanzbaum, eine hohe geschälte Fichte, deren Gipfel mit Papierschleifen geschmückt war, aufgestellt. Um den Tanzbaum herum wurde die runde „Hitn“, eine Laubhütte gebaut mit einer Bühne, dem „Musikantentischl“.

Es gab strenge Vorschriften bei der Burschenschaft. So z. B. wurde der Wein für das Fest von der geschl. Burschenschaft gekauft. Zwei jüngere Burschen stellten die Kellner. Zwei ältere die Tanzmeister. Etwa 3 Wochen vor dem Fest redete jeder Bursch ein Mädchen oder auch dessen Vater an, ob er es am Kiritog „hinbloatn“, d.h. zum Tanz führen darf. Dieses Mädchen war dann eine „Burschdiarn“. Die Tracht, die die jungen Paare trugen war schön und kostspielig, besonders die der Mädchen. 1925 war in Ödenburg ein großes Trachtenfest, die Agendorfer erhielten den 2. Preis für die schöne Tracht. Bei jedem Fest bekam die Burschdiarn einen neuen Kittel (Rock), so dass sie am Ende ihrer Burschdiarnzeit alle Farben besaß, in rosa, blau, grün, gelb, lila und alle waren mit schweren, schwarzen Seiden- oder Schnürputz (St. Gallener Spachtelspitzen) verziert. Angezogen und gekämmt wurde die Burschdiarn meist von einer jungen, verheirateten Frau, die ihre Burschdiarnzeit noch nicht so lange hinter sich hatte, und noch in Übung war, also noch gut Bescheid wusste.

Vormittags war der Gottesdienst hauptsächlich von Männern besucht. Mittags um 2 Uhr holten dann die Burschen ihre Mädchen vom Haus ab und führten sie durch das Dorf zum Wirtshaus. Doch bevor die Burschen ihre Mädchen holten, versammelten sie sich vorm Wirtshaus, wo sie gemeinsam drei Stücke „wermten“, das heißt, einen Werbetanz aufführten. Auf den Hut des Burschen steckte das Mädchen ein Sträußchen aus Seidenblümchen und Perlen.

Hatten sich dann alle Paare im Wirtshaus eingefunden, so stellten sie sich hintereinander auf. Die Musik führte den Zug an. Voraus „wermten“ die Kellner mit den gefüllten Weinflaschen in der Hand. Dann folgten die Paare. Am Schluß gingen die beiden Mädchen der Kellner. So zogen sie in die Tanzhütte ein. Der Tanz wurde eröffnet in folgender Reihenfolge: das 1. Stücke tanzten die zwei Tanzmeister mit den Mädchen der Kellner, den Kellnerinnen. Das 2. Stück tanzten die Tanzmeister mit ihren Mädchen, den Tanzmeisterinnen und die Kellner mit den Kellnerinnen. Beim 3. Stück tanzten alle Paare, jeder Bursch mit dem Mädchen welches er zum Tanz geführt hat. Ein nicht zur Bursch gehörender durfte in der Hitn nur tanzen, wenn er von einer Burschdiarn extra dazu aufgefordert wurde. Nach den ersten Tänzen gingen die Burschdiaren heim und wechselten den festlich schweren Wollkitl gegen einen frohen, farbigen Seidenkitl (Rock). Am Abend zogen sie sich ein drittes Mal um. Diesmal war es ein duftiger Baumwollkitl, meistens mit viel Rüschen.

Die Hitn hatte ein Blätterdach, aber rundherum war sie offen und nur mit einem Stangengeländer abgegrenzt. Da standen dann die vielen Zuschauer und sahen den Tanzenden zu. Das waren oft die Mütter, die ihre Töchter und Söhne sehen wollten.

Auch viele Kinder und Halbwüchsige, die noch nicht bei der Bursch waren.Es kamen aber auch viele Gäste aus den umliegenden Dörfern zum Agendorfer Kiritog. Von Ödenburg fuhr sogar ein Sonderzug, welcher um 2 Uhr ankam und einige hundert Städter brachte. So war die Dorfstraße bevölkert, wie wir es auch heute von einem Volksfest kennen.

Links und rechts der Straße hatten die „Schiafkramer“ (Krämer) ihre Buden aufgebaut. Da gab es leckere Mandelbusserl vom „Dollmeier“ in allen Größen, süßen Met zum trinken, Lebkuchenherzen, die die Burschen ihren Mädchen kauften und auch sonst allerlei feine hübsche Sachen. Natürlich waren auch „Ringelspüler“ (Karussel) da. Ein langsames für die kleinen Kinder und ein schnelles für die Großen. Die Schiffschaukel (Hutschen) durfte auch nicht fehlen.

An solchen Tagen kamen auch viele Bettler und Zigeuner mit ihrer Geige ins Dorf. Sie hatten meistens schon ihre bestimmten Häuser, wo sie anklopften. Vom Kiritogbraten bekamen sie dann Enten- oder Gänsekopf mit Kragen oder ein Stück Bagl oder auch einen Teller Hühnersuppe. Vom Kiritogbagl wurde meistens gleich ein Backofen voll gebacken, denn davon bekamen am nächsten Morgen auch die Milchkunden in der Stadt ein schönes Stück gebracht. Außerdem durften die Kinder für ein Stück Bagl beim Pfeiffer noch mal Ringelspül fahren am Kiritogmontag, wenn das Taschengeld verbraucht war.

Auch musste jede Burschdiarn der Bursch ein ganzes Bagl spendieren (am Fasching mussten sie sogar einen ganzen Schinken hergeben). Wenn also ein Vater zu gleicher Zeit gleich drei Burschdiaran haate, wie dieses beim Hackstock Vetter der Fall war, so kam ihm dies schon teuer zu stehen.

Eine ganz besondere Spezialität am Agendorfer Kiritog waren die Böllasn. Sie waren über die Grenzen bekannt. Dies war eine sehr leckere Torte mit vielen Kalorien. Aber von Kalorien war damals noch keine Rede, man aß, was einem schmeckte, so man es hatte. Die Böllasn wurden nur noch in einigen Nachbarndörfern gebacken.
Der Name dieser leckeren Backware soll folgendermaßen entstanden sein: Als die Agendorfer einstens den französischen Besatzungssoldaten diese Torte anboten, riefen diese in ihrem gebrochenen Deutsch entzückt aus: „Bell-Essen“, daraus entstand dann „Böllasn“. Die Böllasn schmecken nicht nur vorzüglich, sie sehen auch schön aus.