In Ödenburg und Umgebung war der Weinbau immer schon so wichtig, dass die Stadt schon im Mittelalter durch ihren Weinbau und Weinhandel zu den reichsten Städten des damaligen Ungarns gehörte.
 
Natürlich wurde schon viel früher in unseer Gegend Weinbau betrieben. Der römische Kaiser, Probus, verpflichtete im 3. Jahrhundert n. Chr. seine legionen, in Pannonien, also auch in Scarbantia - wie Ödenburg bei den Römern hieß - die Weinrebe anzupflanzen. 
 
Wahrscheinlich aber betrieben die fleißigen und hochkultivierten Kelten schon 400 Jahre vor Christus Weinbau in unserer Gegend. Als Kaiser Karl der Große 796 die Awaren besieht hatte, siedelte er bayrisch-fränkische Ritter und Bauern in unserer Gegend an. Diese Bauern nahmen sich wegen des milden Klimas des Weinbaus auf den sonnigen Hügeln an und intensivierten ihn. In einer Schenkungsurkunde aus dem Jahre 1230 ist schon vim Weinbau in Ödenburg die Rrede; ja sogar eine hier weit verbreitete Rebsorte, die "Zapferten", werden aufgeführt.
 
Im 14. und 15. Jahrhundert erreichten der Weinbau und der Weinhandel in Ödenburg und Umgebung ihre Glanzzeit. Damals entwickelte sich die Königliche Freistadt zum Mittelpunkt des mitteleuropäischen Weinbaus, so dass Ödenburger Wein sogar bis Köln geliefert wurde. Durch königliche Privilegien erreichte die Stadt, dass ihr Wein von den Händlern ohne Zoll (!) nach Österreich, Böhmen, Mähren, Schlesien und Polen ausgeführt wurde. Andererseits erreichte die Stadt auch, dass fremde Weine nicht in die Stadt, durch die Stadt, oder ihre Gemarkung transportiert werden durften. Natürlich haben manche Fässer des "guten Ödenburgers" als "Spende" an den König, die Königin und den Paladin viel dazu beigetragen, dass man die Stadt mit so vielen Privilegien ausstattete.
 
Wie wichtig die Weinlese den Ödenburgern, ja auch dem Kaiser und König war, geht aus einem Freibrief aus dem Jahre 1477 hervor. Zu dieser Zeit führte der Ungarnkönig, Matthias (1458-1490), Krieg, um seine dem Kaiser Friedrich verpfändeten Komitate Wieselburg, Ödenburg und Eisenburg zurückzuerorbern. Der kaiserliche Hauptmann, Wilhelm Graf von Tierstein, und der Rat von Wiener Neustadt gaben der Stadt Ödenburg einen Freibrief, dass sie und ihre sieben Dörfer während der Weinlese des Jahres 1477 sechs Wochen lang nicht an Kriegshandlungen teilnehmen müssten, sondern Frieden halten wollten, ... damit sie die Früchte (Trauben) aus ihren Weingärten lesen, ernten und dieselben Früchte samt ihren Leuten, Vieh und Wagen bis in ihr sicheres Gewährsam (nach Hause) bringen können".
 
In den späteren Jahrhunderten litt der Weinbau oft unter den Kriegshandlungen in der Gegend. So lesen wir in einer Chronik, dass die vorüberziehenden und belagernden Türkenheere 1529 Weinbergarbeiter ermordeten, andere in Gefangenschaft verschleppten, viele Weinberge ... zertrampelten und ganz verwüsteten ...
 
Auch Ödenburg wurde 1529 von den Türken belagert, konnte aber unter seinem Stadtkommandanten Hartisch den Belagerern widerstehen, so dass Ödenburg von den Türken nicht eingenommen werden konnte. Warum wir in der Schule nichts davon hörten, sondern nur vom Widerstand in Güns unter Jurisits lernten? Auch unter den aufständischen Magyaren gegen die Habsburger (Bocskay, Bethlen, Rákóczy) mussten die Stadt und die Umgebung viel leiden. Oft lesen wir in den Ödenburger Chroniken, dass in den Kriegswirren die Weinberge zerstört, Wein und Fässer geraubt wurden, und die Belagerer dem "Guten Ödenburger" gut zugesprochen haben.
 
Anfang des 18. Jahrhunderts belagerten die Kurutzen die Stadtz, erlaubten aber den Weinbauern und ihren Leuten, die Weinberge zu bearbeiten. Natürlich nur gegen die Zahlung von horrenden Summen und sehr viel Wein an die Belagerer. Wieder zeigte sich, wie vorher schon oft in der Geschichte, dass der wohlschmeckende Ödenburger Wein ein "vorzügliches diplomatisches Tauschobjekt" war.
 
Nach Senior E. Scholtz besaß die Stadt Ödenburg im Jahr 1696 noch 1516 Pfund Weingärten (1 Pfund war die fläche, die ein "Hauer" an einem Tag "hauen" konnte), außerdem besaß sie noch 200 Joch Äcker, 200 Tagwerk Wiesen und natürlich noch den sehr großen Wald. Dieses alles musste von den Bewohnern der acht Stadtdörfer unentgeltlich, in "Robath" bearbeiet werden. Außerdem waren noch viele Weinberge und Felder in Privatbesitz der Bürger.
 
Da Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhundert der Weinbau in Ödenburg gut florierte, kauften die wohlhabenden Bürger Weinberge auf, die sie selbst nicht bearbeiten konnten. Deshalb ließen sie diese von Taglöhnern, "Inwohnern, Hauern", bearbeiten. Die Hauer bekamen 6 Groschen Tageslohn. Die Arbeit begann bei Sonnenaufgang und endete mit Sonnenuntergang. Zahlte jemand mehr, wurde er vom Rat der Stadt bestaft, wie z. B. das Kapitel von Wiener Neustadt (es hatte anscheinend auch Weinberge in Ödenburg), das außer dem Einheitslohn den Hauern noch "eine Jause" verabreichte und dadurch die Hauer abgeworben hat. Aber auch die Bürger erlaubten den Hauern, wo ein Rebstock ausgefallen war, für sich Bohnen zu stecken. Deshalb wurden diese Hauer dann 2Bohnenzüchter" genannt, ungarisch zu unserer Zeit - mit etwas verächtlichem Beigeschmack - "Poncichter".
 
Im Jahre 1784/85 besaßen die Bürger 26.356 Pfund Weingärten, das entspricht etwa 1.055 Katastraljoch. Es ist also nicht verwunderlich, dass in diesem Jahr, laut Aufzeichnung, ein Viertel der Steuer an die Stadt nach den Weingärten bezahlt wurde.
 
Im Jahr 1719 war eine Rekordernte beim Wein, so dass 60.000 Eimer (ein Eimer = 62,5 Liter) "gefechsnet" wurden. Das war damals mehr als das Doppelte einer Durchschnittsernte.
 
Während der französischen Besatzung unter Napoleon im Jahre 1809 ordnete der französische General an, dass den einquartierten Soldaten von den Ödenbugern zum Frühstück ein Schnaps oder ein halbes Seidel wein (0,21 Liter) gereicht werden sollte, zum Mittagessen Suppe, ein halbes Pfund Rindfleisch, Gemüse und ein Seidel Wein. Als der General dann mitt seinen Leuten den Rückweg antrag und Ödenburg verließ, danhm er - laut Chronik - umgerechnet 200.000 Liter Wein als Kriegsbeute mit, obwohl Ödenburg, Rust und Eisenstadt (die drei Reichsstädte des Komitates) vorher schon 120 Eimer Wein, 40 Ochsen und 20 Klafter Holz dem französischen Heer zur Verfügung gestellt hatten.
 
Aber nicht nur die Kriegseinwirkungen führten beim Weinbau zu großen Einbußen! Ende des vorigen Jahrhunderts, um 1890, trat auch in Ödenburg und Umgebung ein tödlicher Feind der Reben auf: die "Phyllosera", oder, wie Hans Moser sie später nannte, die Reblaus. Sie saß an den Wurzeln der Reben und saugte ihnen den Saft aus, so dass sie vertrockenten. Die Reben brachten keine Frucht und mussten ausgehauern werden. Bisher wurden die Reben so vermehrt, dass eine Edelrebe tief in die Erde gesteckt wurde. Dieser "Stupfer" fasste dann Wurzeln und ein neuer Rebstock entstand. Da die Phylloxera die Wurzel der amerikanischen Wildrebe (Riparis sauvage) nicht fraß, wurden Augn von edlen Reben auf diese amerikanischen Reben gepfropft, sie wurden "veredelt". Viele Wirtschaftsbürger beschäftigten sich im Winter mit dem veredeln, so dass manche sogar einen Beinamen erhielten, wie z. B. der "Veredler-Bruckner" in der Rákóczy-Gasse. Nun mussten alle Weinberge mit "Veredlern" neu bepflanzt werden.
 
Großen Schaden richtete ab Ende des vorigen Jahrhunderts auch eine Pilzkrankheit, die Peronospora, an. Sie befällt die Blätter der Weinstöcke. Zum Glück hat man geeignete Spritzmittel entwickelt, die die Ausbreitung der Krankheit verhindern, wenn zur rechten Zeit gespritzt wird. Natürlich brachte das vier- bis fünfmalige Spritzen pro Jahr nicht nur mehr Arbeit, sondern auch mehr Ausgaben für die Winzer. Die Spritzmittel waren in Ungarn sehr teuer, oft auch nicht zu haben.
 
Der Wein war billig, so dass manche Schmuggler Wein nach Österreich schmuggelten und auf dem Rückweg Kupfervitriol oder Schwefelstaub über die Grenze brachten.
 
Einen ganz besonders schweren Rückschlag erlitt der Wein in und um Ödenburg nach dem Zweiten Weltkrieg, als die deutsche Bevölkerung wegen ihres Bekenntnisses zum Deutschtum bei der Volkszählung 1940/41 aus ihrer Jahrhunderte alten Heimat vertrieben wurde. Besonders in den umliegenden Gemeinden wurden Magyaren angesiedelt, die vom Weinbau keine Ahnung hatten. So gingen dann die meisten Weinberge bald zugrunde, wie z. B. auf dem Harkauer Sonnenberg. Viele Fässer wurden nach dem Osten transportiert! Einige Jahre nach der Vertreibung wurde im kommunistischen System die Wirtschaft verstaatlicht, es wurden Erzeugergenossenschaften (ung: "tsz=termelöszövetkezet") gegründet, denen die wenigen, noch daheim gebliebenen, Wirtschaftsbürger beitreten mussten. Daneben durften sie einige Quadratklafter als "Hausteil" (ung. "háztáj") für sich bearbeiten.
 
Da der größte Teil der Weinberge inzwischen ohnehin zugrunde gegangen war, mussten sie neu ausgesetzt werden. Um die schwere Weinbergarbeit nicht wie in den Jahrhunderten zuvor körperlich leisten zu müssen, stellten die Genossenschaften auf die maschinelle Bearbeitung um. Dazu war es aber notwendig, die Reben nicht mehr in engen Reihen auf Stöcken, sondern in breiten Reihen auf draht gespannt zu pflanzen, wie man es im Westen schon längere Zeit tat. Dort hatte die maschinelle Bearbeitung schon früher eingesetzt. Anfang der 80er Jahre nahm wegen der schlechten Absatzmöglichkeiten und dem streben nach "feinerer" Arbeit die Weinbau rapide ab. Nach dem politischen Wechsel lösten sich einige Genossenschaften auf, so dass 1997 die Anbaufläche in Ödenburg auf etwa 900 ha sank, auf denen schätzungsweise um die 35.000 Liter Wein geerntet wurden.