Diese Frage ist sicher umstritten, je nach dem, wie man die Vorteile und Nachteile gewichtet.
 
Gemeinden, die einen adligen Gutsherrn bzw. Grundherrn hatten, waren dessen persönlichem Naturell ausgesetzt. Ihr Schicksal war oft von deren humaner Gesinnung abhängig. Willkür und Unmenschlichkeiten, die sich aus der damaligen Machtvollkommenheit der Feudalherren gegenüber ihrer rechtslosen Untertanen ergaben, waren gewiß eine schwere menschliche Bürde. Bei diesen Herren gab es kein geregeltes Rechtsverhältnis mit ihren Leibeigenen. Aufgeklärte und wirtschaftlich vorausdenkende Grundherren dagegen legten Wert auf eine menschliche Atmosphäre im Umgang mit ihren Untertanen. Aber auch sie waren nicht in der Lage, gegen fremde Eindringliche Schutz zu gewähren. Der Vorteil der Untertanen von Ödenburg lag darin, dass ihre Verpflichtungen und ihre Rechte in einem Urbarium (Vertrag) geregelt waren, wenn auch nicht ausreichend. So kam es immer wieder zu Unstimmigkeiten mit den Ratsherren der Stadt, die bei ihren Entscheidungen engherzige kleinbürgerliche Maßstäbe anlegten. Dies veranlaßte die Untertanen von Mörbisch im Jahre 1597 bei ihrem Aufbegehren gegen die Stadt zu behaupten, es sei besser einem Herrn zu dienen, als 14 Ratsherren.

Mit dem vermeintlichen Vorteil, Ödenburg könne den Stadtdörfern Schutz gewähren, war es nicht weit her. Die Stadt hatte nicht die militärischen Mittel, ausreichenden Schutz zu gewähren, weder im Mongolensturm (1241), noch bei den Händeln mit dem Böhmenkönig (1270-76), noch in den Kämpfen zwischen Friedrich dem Streitbaren und König Béla IV. noch gegen die Türken und den ungarischen Aufständen von Bocskay, Bethlen, Thököly und Rakoczi (XVI., XVII, u. XVIII. Jhdt.). Bei kriegerischen Auseinandersetzungen waren Städte immer Anziehungspunkt für Gefahren.

 
Heute wissen wir, daß die Mongolen bis Wiener-Neustadt vorgestoßen sind, also waren sie auch in Ödenburg. Die Stadt wurde nicht unter jenen Städten genannt, die sich halten konnten. Inwieweit es den Untertanen gelang, sich rechtzeitig hinter die Stadtmauern zu flüchten, ist uns nicht bekannt. Im Jahre 1683 beim letzten türkischen Vorstoß gegen Wien, öffnete die Stadt den Kurutzen Thökölys die Tore. In dieser Zeit bewachten je zwei Türken, 2 Stadtbürger und zwei Kurutzen die Stadttore.
 
Wenn auch der äußere Schutz fehlte, das Innenverhältnis zu den Untertanen beruhte auf einer geregelten Grundlage und nach der Behauptung von Jenny in ihrem Buch "das Urbarium in den Stadtdörfern" war das Verhältnis des Stadtgrundherrn zu ihren Stadtdörfern immer humaner als das Verhältnis der Adligen zu ihren Untertanen.
 
Der Schutz der Stadt wirkte sich besonders in der Zeit der "Gegenreformation" im 16. und 17. Jhdt. aus. Es war die geistige Bewegung, die abtrünnigen Protestanten wieder in die alte katholische Glaubensgemeinschaft zurückzuführen. Mit der Durchführung wurden die ungarischen Adelsfamilien der Eszterházys und Nádasdys vom österreichischen Kaiserhof beauftragt. Sie gingen oft mit brutalen Mitteln vor. Wer sich weigerte, den katholischen Glauben wieder anzunehmen, wurde durch Vermögensentzug und Vertreibung bestraft. Das Ödenburg von damals war ein Bollwerk des Protestantismus, in das von überall her Menschen Zuflucht suchten. Nachdem auch Schattendorf in den Familienbesitz der Eszterházys kam, tauchten auch im benachbarten Loipersbach (gehörte zu Ödenburg) Flüchtlinge auf.
 
Im ältesten Kirchenbuch der zu Agendorf gehörenden Tochtergemeinde Loipersbach ist folgende Eintragung zu finden: "Anno 1662 - den 5. January Lorenz, sein Vatter Georg Degendorffer, mitwohner zu Schodendorf, die Mutter Ursula, derzeit umb Verfolgung willen allhir, Gevatters Leuth ... ihr Kl. ... (unleserlich) Freyer, Catharina Barbara, Freye von Herberstein an deren statt aber ist gestanden Catharina Olramin, Schulmaysterin allhier und Lorenz Binder, Zechmayster allhier und Veronika seine Hauswirthin". Dies ist ein Beweis vom Vorgehen der Eszterházys. Die Familie von Herberstein kam aus der Oststeiermark nach Ödenburg, mit Sicherheit auch als Glaubensflüchtling. In Band 11. 3/189 des Oertelverzeichnisses finden wir im Ödenburger Stadtarchiv am 1.8.1624 diese Eintragung: "Missiles Capitania Baronis ab Herberstein". Die Familie wird auch bei Dr. Huber mit mehreren anderen nach Ödenburg zugezogenen Familien des evangelischen, österreichischen Hochadels genannt (Althan, Auersperg, Schellenberg, Windischgraetz, Jörg u. a.). Die Grafen von Herberstein betreiben auch heute noch eine schön restauriete Burg in der Oststeiermark.
 
Überschaut man die ganze Geschichte der Fronbauern in Wandorf die die längste Zeit als Leibeigene der Stadt verbringen mußten (600 Jahre) so kommt man zu der Feststellung, dass sie an der wirtschaftlichen und kulturellen Prosperität der Stadt Ödenburg nicht teil hatten. Sie wurden als Fronbauern konsequent für die Bürger der Stadt herangezogen. Das Herren-Untertanen-Verhältnis hinterließ in den Gemütern Spuren zurück. Und als die Oberschicht der Stadt der Madjarisierung zum Opfer gefallen war und von ihr die deutsche Identität der Einwohner von Wandorf bedroht wurde, kamen Ressentiments auf, die dem vaterländischen und politischen Willen dieser Oberschicht zuwider liefen.
 
"Es gibt nur ein Wandorf und ein Wien", war das geflügelte Wort, das die Gefühls- und Denkrichtung der Bevölkerung zum Ausdruck brachte. Mit zunehmender Madjarisierung der Stadtbevölkerung wurde die Kluft zwischen Land und Stadt noch größer. Die national-ungarische Ausrichtung der Gesellschaft nahm groteske Formen an. Ungarische Historiker bemühten sich, alle Vorgänge in unserem Raum auf einen ungarischen Ursprung zurückzuführen und einen ungarisch-nationalen Sinn zu geben. Ein Beispiel dafür ist folgender Versuch:
 
Nagy Imre führt im Band 11. seines Buches "Sopron varmegye törtenete 1412-1653" zu deutsch: Die Geschichte des Komitats Ödenburg von 1412-1653 folgendes aus (in deutscher Übersetzung): "Kanizsai Laszlo, Obergespan zu Ödenburg, stammte aus dem Geschlecht der Osl. Sein Bruder Kanizsai Janos war Primas von Ungarn." Irgendein deutscher Künstler hat in sein Wappen nicht seinen ungarischen, sondern seinen deutschen Namen eingraviert, mit dem er von den (dortigen) Deutschen genannt wurde. So steht in der Umschrift seines Siegels: "S. Domini Ladislai de Harenstein." Weiter schreibt er: Die deutsche Bevölkerung in dieser Gegend hat seinen Vater Kanizsai Laszlo so genannt: "Graf Stephan von Harenstein." Nagy meinte ferner, dass der deutsche Name nur eingraviert wurde, weil kein ungarischer Graveur zur Verfügung stand. (Anmerkung: Eine seltsame Erklärung. Der deutsche Graveur hätte sicher auch den ungarischen Namen Kanizsai eingravieren können, und es ist kaum denkbar, daß die Familie einen deutschen Namen im Siegel geführt hätte, wäre dieser ursprünglich nicht der Familienname gewesen. So muss davon ausgegangen werden, dass die Familie Kanizsai eine deutsche Adelsfamilie war und den ungarischen Namen erst nach der Schenkung der Burg Kanizsa geführt hat. Ähnlich dürften auch die Familien Hedervari und Rozgonyi zu ihren ungarischen Namen gekommen sein, da sie mit der Stadt Ödenburg in deutscher Sprache verkehrten. Die erste deutsche Urkunde im Ödenburger Archiv stammt aus dem Jahre 1355. Vorher war die lateinische Sprache die amtliche Umgangssprache. Ein zweites Beispiel lieferten Sümeghy-Rozsondai. Sie gaben in ihrem Buch dem fränkischen Missionar Wlfgang (später Bischof zu Regensburg) den ungarischen Namen "Farkas." Ahnungslose vermuten dahinter keinen deutschen Missionar. Diese Tendenz geht zurück bis ins 10. Jhdt.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)