Und in der Tat gestaltete sich das Schicksal der Ungarndeutschen im Interessenkonflikt zwischen Deutschland und Ungarn.
 
Infolge der Gebiets- und Bevölkerungsverluste nach dem 1. Weltkrieg steigerte sich das ungarische Nationalgefühl bis hin zum Rassegedanken (Turanismus). In dieser Atmosphäre gewann der Revisionsslogan "Maradhat ez igy? Nem, nem, soha!" zu deutsch: Kann dies so bleiben? Nein, nein, niemals! auch in der offiziellen ungarischen Politik immer mehr an Bedeutung. Gemeint war die Revision (Änderung) des Friedensvertrags von Trianon.
 
Die Deutschen in Ungarn befürchteten, dass sie durch die drangvolle Madjarisierung ihre völkische Identität verlieren könnten. Deshalb forderten sie zur Heranbildung einer eigenen geistigen Führerschaft deutsche Mittel- und Höhere Schulen nach dem Muster der Siebenbürgerdeutschen in Rumänien. Diese Notwendigkeit ergab sich deshalb, weil ihre eigene deutsche Intelligenz in den ungarischen Schulen durch die ungarische nationale Erziehung dem Deutschtum verloren ging. Folge dieser Vorgänge war, dass auch die deutsche Sprache auf das Niveau des bäuerlichen Dialekts herabsank. Die ungarische Sprache war nun der Maßstab für den Bildungsgrad. Unter diesen Voraussetzungen wird es verständlich, dass der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein Hilfe aus dem Deutschen Reich erwartete, das schon lange vor Hitler das Auslandsdeutschtum wieder in ihre außenpolitische Konzeptionen einbezog. Erst recht unter Hitler, der auch auf die Revision der Friedensverträge drängte. Hier trafen sich die Interessen Ungarns mit denen Deutschland-Ungarn sah hier die Chance mit dem stärkeren Partner zur Änderung ihrer Grenzen zu kommen. Es modifizierte seine bisherige Minderheitenpolitik gegenüber seinen Deutschen, indem es die Begriffe" Volksgemeinschaft", "Kulturgemeinschaft", deren Bereich über die Landesgrenzen hinausgingen, akzeptierte. Schließlich machte Ungarn selbst diese Begriffe geltend gegenüber Rumänien und der Tschechoslowakei, wo fast drei Millionen Ungarn lebten. Es war nunmehr auch bereit, die lang geforderten deutschen Bürgerschulen und ein deutsches Gymnasium zu gewähren.
 
Doch wie entwickelte sich der Ungarländische Deutsche Volksbildungsverein nach dem Tode von Dr. Bleyer?
 
Die Deutsche Arbeitsgemeinschaft, die nach dem Tod Bleyers zusammentrat, hat einen Siebenerrat eingesetzt, dessen Mitglieder in der Presse namentlich genannt wurden mit der Bemerkung, dass künftig ein verschärfter Kurs einsetzen wird. Dies führte zu entrüsteten Kommentaren in der ungarischen Presse. Auf der Generalversammlung am 6. Mai 1935 wurde Franz Basch zum Generalsekretär, Dr. Gratz zum Vorsitzenden gewählt, der Schwiegersohn Dr. Bleyers, Dr. Kußbach, zum geschäftsführenden Vorsitzenden. Bei diesen Wahlen machten sowohl die ungarische Regierung, wie auch die deutsche ihre Einflüsse geltend.
 
In dieser Dreiergruppe (Dr. Gratz, Dr. Kußbach, Dr. Basch) bestand von Anfang an Uneinigkeit. Dr. Gratz wurde von der ungarischen Regierung favorisiert. Dr. Basch war wegen Verhöhnung der ungarischen Nation an- geklagt und von zwei Instanzen verurteilt worden. Seine Idee vom "heiligen Recht der Volksgruppen, die zum gewaltigsten des 20. Jahrhunderts gehört und die Volksgruppen - auch die ungarische - mit magischer Kraft leitet, treibt und wachsen läßt. Dieser Idee vom Volksrecht und kulturellem Selbstschutz der Volksgruppen können weder Berge noch Bollwerke entgegenstehen." Zwischen den beiden stand Dr. Kußbach.
 
Dr. Basch mystifizierte die Volksgruppe und bewirkte dadurch bei seinen Anhängern eine gewisse Volksgläubigkeit.
 
Nachdem Dr. Graz vergeblich versucht hat, ihn aus dem Ungarländischen Deutschen Volksbildungsverein auszuschließen, gründete Dr. Basch mit einem 7 Punkteprogramm am 26. November 1938 den Volksbund der Deutschen in Ungarn. An seiner Seite stand die "Junge Garde", die sog. Kameradschaft aus der Zeit Dr. Bleyers. Neu im Programm war das "Volksgruppenrecht", das nicht von den Nationalsozialisten stammt, sondern von den Nationalitätenkongressen im Laufe der Jahre erarbeitet wurde.>/div>
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)