a) Finanzielle Angelegenheiten
Die Kirchengemeinde kam während des 1. Weltkrieges und in den kritischen Zeiten danach schwer, aber getreulich den der Schule gegenüber übernommenen Pflichten nach. Die Schülerzahl stieg kaum mehr an. Eine Erweiterung der Schule war nicht mehr nötig, doch im Jahre 1925 wurde sie mit dem Turm zusammen mit großen Kosten gründlich renoviert. Die Gemeinde tat viel für ihre Schule, so daß in den dreißiger Jahren die Wandorfer Schule die ordentlichste in ländlicher Hinsicht war: eine gut führte sechsklassige Volksschule.
 
Der Staat wollte nach 1925 der Gemeinde größere Erhaltungskosten auferlegen, jedoch konnte Edmund Scholtz dank seiner guten Verbindungen erreichen, daß man die schulischen Lasten der Gemeinde nicht vermehrte, sondern sogar ein wenig verminderte. Die Gemeinde hatte ja noch nicht ganz die Lasten der Schulbauten vor dem Krieg abbezahlt. Deswegen gab es eine lange Auseinandersetzung mit dem Ödenburger Konvent. Schließlich kam ein 5O%iger Ausgleich zustande, und die Gemeinde zahlte 1932 die letzten Schulden ab.
 
Die Lehrer
Daß zwischen Kirche und Schule das gute Verhältnis wieder hergestellt war, war dem Umstand zu verdanken, daß unter den Lehrern keiner. kirchlich eingestellt war, wenn sie auch im kirchlichen Leben nicht aktiv waren. Sie hielten aber ordentlich ihren Religionsunterricht ab.
 
Die Direktoren der Schule:
 
  • Franz Vida (.1916-1923)
  • Jakob Guhr (Guranyi) (.1923-1937)
  • Stefan Nemes (.1937-1948)
 
waren aus amtlicher wie aus kirchlicher Sicht einwandfrei und hatten mit dem Ortspfarrer und der kirchlichen Obrigkeit ein gutes Verhältnis. Der Lehrer Ernst Tiefbrunner (Mélykuti) war von 1922-1947 Schriftführer der Kirchengemeinde und ein inbrünstiger Teilnehmer und Redner bei kirchlichen Veranstaltungen. Frau Pocsubay, geborene Elisabeth Ruch (Erzsi néni), eine strenge doch sehr tüchtige Lehrkraft, veranstaltete öfters im Rahmen des Schul-Roten-Kreuzes stimmungsvolle Weihnachtsaufführungen von hohem Niveau und leistete so gute Gemeindearbeit. Jakob Guhr und später besonders Ladislaus Polster führten und brachten den Männergesangverein "Harmonia" zur Blüte, der, obwohl er ein weltlicher Verein war, häufig im Gottesdienst und bei sonstigen Gemeindefeierlichkeiten auftrat. So auch am 22. September 1935 bei dem 150jährigen Jubelfest der Kirchengemeinde Agendorf, wo das ergreifende Lied von Tersteegen "Ich bete an die Macht der Liebe" zum Vortrag kam.
 
Weitere Lehrkräfte waren: Frau Bernath, geb. Ilona Thirring, Fräulein Janka Tröstner und Lehrer Samuel Schranz (Sebestyén).
 
Die Unterrichtssprache - Schulgesetze -
Die Unterrichtssprache in der Wandorfer Schule war natürlich während der Jahrhunderte deutsch. Als Reaktion auf die Bestrebungen Kaiser Josef H., als Unterrichts-Verwaltungssprache in seinem ganzen Reiche die deutsche Sprache einführten, versuchten die Magyaren mit allen Mitteln, die Verbreitung ungarischen Sprache zu forcieren. Aus den Aufzeichnungen des Pf Josef Gamauf erfahren wir, daß auf eine diesbezüglich von der ungarischen Obrigkeit erlassene Verordnung hin, die ungarische Sprache mit Beginn des Schuljahres 1829/30 auch in den "Deutschen Landschulen" gelehrt werden sollte.
 
Image
Lehrerin Elisabeth Ruch mit der Klasse des Jahrgangs 1920/21
 
Nach dem mißlungenen Freiheitskrieg der Ungarn, 1848/49, wurde wieder die deutsche Sprache in den Vordergrund gestellt. Jedoch nach dem "Ausgleich" zwischen Ungarn und dem Kaiserhaus im Jahre 1867 setzten die Ungarn ihre Magyarisierungsanstrengungen im ganzen Lande fort. Für das Unterrichtswesen in staatlichen Schulen wurde das Gesetz vom 1. Dezember 1868 Art. 44 von ausschlaggebender Bedeutung. Darin heißt es u. a. "Es ist Sache des Kultusministers, in dem vom Staat errichteten oder zu errichtenden Schulen die Unterrichtssprache zu bestimmen. In den Gegenden, wo Staatsbürger einer bestimmten Nationalität in größeren Massen zusammenleben, ist der Staat verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Staatsbürger in ihrem Bereiche eine bis zur Schwelle des akademischen Studiums reichende Schulbildung in ihrer Muttersprache erwerben können...Da die Schule in Wandorf eine Konfessionsschule, also eine von der Kirchengemeinde erhaltene Schule, war, konnten die Wandorfer an der deutschen Unterrichtssprache auch weiterhin festhalten. Allerdings waren die Wandorfer bestrebt, ihre Kinder, wie schon erwähnt, trotzdem die ungarische Staatssprache besser erlernen zu lassen. Aus diesem Grunde wurden manche Kinder, meistens Buben; nach der Schulentlassung zu ungarischen Familien in einem rein ungarischen Dorf "in Tausch" gegeben. Dafür kam dann ein Kind dieser ungarischen Familie in die Wandorfer Familie, um deutsch zu lernen. Die Wandorfer Kinder kamen meist nach Nemeskér, Farád, Beled u.a. "in Tausch".
 
Nachdem die Kirchengemeinde Wandorf die immer größer werdenden Schullasten alleine nicht mehr tragen konnte, ließ sie es zu, (Beschluß vom 10. Juni 1906) daß die Schule teils verstaatlicht wurde
 
Image
Lehrer Ernst Tiefbrunner mit der Klasse des Jahrgangs 1923
 
Verheerend für die Schüler der Nationalitäten Ungarns sollte das berüchtigte Schulgesetz des Kultusministers Graf Albert Apponyis aus dem Jahre 1907 werden. Es heißt nämlich darin: " In sämtlichen Elementarschulen Ungarns muß die ungarische Sprache so gelehrt und gepflegt werden, daß jedes Kind auch nicht ungarischer Muttersprache ab 5. Schuljahr seine Gedanken mündlich und schriftlich in der Staatssprache verständlich ausdrücken könne..." Nachdem aber die Schulinspektoren von nun an in den Schulen, die von deutschen Kindern besucht wurden, nur den Kenntnisstand in ungarischer Sprache prüften, legten die Lehrer den größten Wert darauf, die ungarische Sprachfertigkeit ihrer Schüler zu forcieren. Daß dabei der Deutschunterricht total vernachlässigt wurde, ist eine traurige Tatsache.>/div>
 
Image
Direktor Jakob Guhr und Lehrer Ladislaus Polster mit der Klasse des Jahrgangs 1924/25
 
Diese Fehlentwicklung erkannte der Ministerpräsident des Landes Graf Tisza und gab 1917 im ungarischen Parlament folgende Erklärung ab: "Ich habe mich davon überzeugen müssen, daß wir unsere treuesten, sichersten Stützen, die stärksten Vertreter der ungarischen nationalen Politik, jene deutschen und slowakischen Mitbürger, die mit Herz und Seele mit uns halten, uns entfremden, sie der Agitation ausliefern und zu unseren Feinden machen, wenn wir den Unterricht ihrer Muttersprache nicht gestatten.. "diese Einsicht kam reichlich spät, denn der Zerfall des Vielvölkerstaates Ungarn war mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges eingeleitet worden.
 
Schultypen
Für die Volksschule in Nationalitätengebieten Ungarns wurden nach 1922 drei Typen zugelassen, die Typen A, Bund C. Im Schultyp A war die Unterrichtssprache die Sprache der Nationalität, in unserem Fall deutsch. Ungarisch wurde als Pflichtsprache mit 5 Wochenstunden unterrichtet. Im Schultyp B wurden die Realgegenstände (Naturgeschichte, Naturlehre, Wirtschaftslehre) und deutsche Sprache deutsch, die Humangegenstände (Geschichte, Erdkunde, Verfassungslehre) und ungarische Sprache ungarisch unterrichtet. Religion in der Muttersprache und Rechnen in beiden Sprachen. Im Schultyp C wurde nur die Religion und Deutsch als Pflichtfach, alle anderen Fächer aber in ungarischer Sprache unterrichtet. Welcher von den drei Schultypen eingeführt werden sollte, das hatte der Schulträger im Einvernehmen mit den Eltern der Schüler zu entscheiden. Selbstverständlich entschloß sich die Kirchengemeinde Wandorf aufgrund der Wünsche der Eltern für den Typus A. (Dem Heimatbuch "Harka' von Herrn Schindler entnommen.)<
 
Nach der Verstaatlichung der Schule hatte die Gemeinde keinen Einfluß mehr auf die Auswahl und Anstellung der Lehrer.
 
Die Gemeinde war früher immer bemüht gewesen, Lehrer anzustellen, die der deutschen Sprache mächtig und die in ihrer völkischen Gesinnung dem Deutschtum zugetan waren. Damit war es nun vorbei. Es kamen nach und nach Lehrer an die Schule, wie Nemes, Istenes, Heves, Sebestyén, die die deutsche Sprache nur schlecht beherrschten, die sich ihres deutschen Namen entledigten und 150%ige Magyaren sein wollten. Das Unterrichtsniveau sank zwangsläufig. Unsere Eltern, die noch bei den Lehrern Hafenscher und Nitschinger die Schulbank gedrückt hatten, waren uns, ihren Kindern, in Deutschkenntnissen weit überlegen. Die ungarischen Lehrer oder die deutschstämmigen aber dem Ungarntum verfallenen Pädagogen konnten den Schülern weder Deutsch noch Ungarisch so vermitteln, daß es ausgereicht hätte, sich schriftlich zu verständigen. Das haben wir am eigenen Leibe verspürt, als wir auf die Höhere Schule kamen.
 
Es gab in der Gemeinde auch vorausschauende Bürger, die sich Verstaatlichung aus den genannten völkischen Gründen und auch wegen der Mehrbelastung der Gemeinde entgegenstellten. Aber die kurzsichtigen Ja-Sager behielten schließlich die Oberhand.
 
Die letzten Jahrzehnte
 
Pensionierung von Edmund Scholtz
Edmund Scholtz trat, nach 47jähriger Amtszeit müde geworden, Ende 1938 in den Ruhestand. Er verabschiedete sich von Agendorf herzlich freundlich, von Wandorf voller Bitterkeit. In seiner Abschiedspredigt über Johannes 1, Vers 18-23, sprach er darüber, daß sein Wort in Wandorf das Wort einer Rufers war, ein in der Wüste verklungenes Wort....>/div>
 
Pfarrer Karl Pröhle und die Lehrer
Sein Nachfolger wurde der Pfarrvikar Karl Pröhle (1939-1951), den der Bischof Kapi mit Wirkung vom 1. Januar 1939 als Pfarrstellenvertreter nach Wandorf entsandte. Auf Anraten des Bischofs ließ er den Religionsunterricht in der Hand der Lehrer. Damit waren sie auch zufrieden und versahen ihren Dienst ordentlich. Die Lehrer Ladislaus Polster und Josef Istenes waren dem Pfarrer gute Helfer in der Gemeindearbeit. Polster leitete den Kinder- und Männergesangverein und half bei der Veranstaltung von Feiern. Istenes besuchte gerne die Leute in ihren Häusern und versuchte, sie -seinem Namen entsprechend - (Istenes = Mann Gottes) von der christlichen Wahrheit zu überzeugen. Bei den Vorbereitungen der Schulfeiern und Theaterstücken hingegen half Pröhle den Lehrern. Mit dem Lehrerkollegium verband ihn im Laufe der Zeit eine enge Kameradschaft; leider trat später eine gewisse Entfremdung ein. Während der Amtszeit Pröhles wurde die Filiale Wandorf eine selbständige Kirchengemeinde (2. April 1939) und erhielt im Herbst 1940 ihr Pfarrhaus.
 
In dieser Zeit sollte die Witwe Susanne Böhm (Böhm Moam) nach 30jährigen treuen Dienst als Schuldienerin und Mesnerin pensioniert werden. Da man aber keine geeignete Nachfolgerin fand, erklärte sie sich bereit, ihren Dienst vorläufig weiter zu versehen. Sie harrte bis 1954 auf ihrem Posten aus.
 
Frau Böhm war eine tragende Säule im Gemeindeleben. In all ihrem Tun war sie treu und ehrlich, bedingungslos zuverlässig, eine Beterin, eine tief gläubige Frau, die neben ihrer Ehrerbietung gegenüber den Vorgesetzten jedermann die Wahrheit ins Gesicht sagte. Ihr Name und ihre Person war in dem 30jährigen Dienst zu einem Begriff geworden. Auch im Kantorenamt gab es immer wieder Veränderungen. 1939 versahen es Ladislaus Polster und Josef Istenes. Nachdem beide das Amt zur Verfügung gestellt hatten, wählte die Gemeinde den Lehrer Franz Heves. Da dieser aber in den damaligen kriegerischen Zeiten öfters eingezogen, beziehungsweise in Kriegsgefangenschaft war, versah meistens Lehrer Ludwig Schranz treu den Kantorendienst, gerade in den kritischen Jahren. 1947 kehrte Franz Heves aus russischer Gefangenschaft heim und übernahm aufs neue den Kantorendienst. Mit großer Begeisterung organisierte er den gemischten Chor. Nachdem er aber 1949 nach Ödenburg versetzt wurde, legte er sein Amt nieder. Die Gemeinde wählte schließlich Ludwig Schranz zu ihrem Kantor, jedoch mußte er bereits im Frühjahr 1950 auf Weisung der Lehrergewerkschaft das Amt zur Verfügung stellen.
 
Die gänzliche Verstaatlichung der Schule
Nach dem 2. Weltkrieg war die wichtigste Veränderung die gänzliche Verstaatlichung der Schule. Besonders war es strittig, ob die Gemeinde verpflichtet werden könne, das ganze Schulgebäude für den Schulbetrieb zur Verfügung zu stellen, wo doch ein Großteil der Kinder nicht evangelisch war. Es gelang, das Problem so zu lösen, dass der Turm, der Betsaal und der daneben befindliche Saal im kirchlichen Gebrauch verblieben und auch grundbuchlich der Kirchengemeinde zugeschrieben wurden. Man freute sich über diesen Entscheid, weil endlich einmal auch auf dem Papier das gemeinsame Besitzverhältnis dieser Räume aufhörte, die kirchliche Arbeit einen eigenen Raum fand und die Gemeinde von der Last der Schulerhaltungskosten befreit wurde. Durch die Verstaatlichung der Schule hörte der Pfarrer auf, Präses des Schulvorstandes zu sein.
 
Damit hat die evangelische Kirchengemeinde Wandorf ihre Schule, die unsere Väter mit viel Opferbereitschaft bauten und Jahrhunderte hindurch erhielten, endgültig verloren.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)