Ausbau des Schulwesens
Pfarrer Josef Kalchbrenner (1809-1819) setzte in Agendorf und in den Filialgemeinden von Anbeginn seines Wirkens allen Fleiß auf den weiteren Ausbau des Schulwesens. Da von Seiten der Filialgemeinden Wandorf und Loipersbach öfters Klagen in Anlehung ihres Schulwesens einliefen, hielt er am 21. Februar 1810 eine Schulkonferenz ab, wobei die Lehrer aus allen drei Ortschaften anwesend waren. "Bey dieser Gelegenheit wurden ihnen ihre Pflichten vorgetragen und die Erfüllung derselben eingeschärft, es wurden die Lehrgegenstände vorgegeben und beschlossen, daß alle Jahre um Ostern in allen drei Ortschaften eine öffentliche Prüfung mit der Schuljugend angestellt werden soll." Von da an wurde in Wandorf stets am Palmsonntag Schulprüfung gehalten, worauf mit den Schulentlassenen der Konfirmandenunterricht begonnen wurde.
In einer am 1. März 1810 unter dem Vorsitz des Pfarrers und des Kircheninspektors von Torkos abgehaltenen Kirchengemeindeversammlung wurde beschlossen, das den Lehrern gezahlte Schulgeld in Zukunft in allen drei Ortschaften zu verdoppeln, so dass statt einen halben Groschen fortan wöchentlich ein Groschen gezahlt werden soll.

Lehrer Matthias Halwax
Lehrer Johann Lux wirkte 37 Jahre hindurch segensreich an der Schule zu Wandorf. Nach seinem Tod am 1. April 1828 wurde von der Gemeinde der aus Mörbisch gebürtige Matthias Halwax (1828-1869) zu dessen Nachfolger gewählt.
Lehrer Halwax hielt bereits am 12. April 1829 eine öffentliche Prüfung mit 40 Knaben und 38 Mädchen ab. Er bekleidete das Lehramt während der ganzen Amtszeit Pfarrer Josef Gamaufs (1819-1847) und noch lange darüber hinaus. Das Agendorfer Pfarramt besitzt von den Lehrern der Pfarrei vom Jahre 1824-1846 von Pfarrer Gamauf geschriebene ausführliche Berichte, die rühmlich bezeugen, mit welcher Treue und Erfolg sie ihrem edlen Beruf nachkamen. Aus den Aufzeichnungen erfahren wir auch, daß auf eine diesbezüglich von der Obrigkeit erlassene Verordnung hin, die ungarische Sprache mit Beginn des Schuljahres 1829/30 auch in den "deutschen Landschulen" gelehrt werden sollte. In Wandorf konnte sich der eben erst gewählte junge Lehrer Matthias Halwax zur Einführung des ungarischen Unterrichts noch nicht entschließen und wurde dazu gelegentlich der Schulprüfung dringend angehalten, in der Hoffnung, "daß er bei künftigen öffentlichen Prüfungen auch hierin etwas Befriedigendes leisten werde." Im Jahre 1832 lesen wir dann bei der Wandorfer Schulprüfung schon folgendes: "Aus einem ungarischen Lesebuch wurde eine Erzählung gelesen und die Bedeutung der darin vorkommenden Wörter richtig angegeben. Daß die Wenigsten noch die echt ungarische Aussprache haben, ist nicht zu verargen, da dazu mehrere Jahre und besonders der Aufenthalt unter Ungarn erforderlich sind."
1835 wurde dem Lehrer Halwax bereits für den fleißigen und eifrigen Unterricht der ungarischen Sprache vom Oberstuhlrichter von Tóth ein ehrendes Zeugnis ausgestellt und für seine Leistungen ein ehrendes Lob erteilt.
In jener Zeit besuchten 64 Kinder die Schule regelmäßig, eigentlich nur im sogenannten Winterhalbjahr, also von Oktober bis Ostern. Als Lehrgegenstände kamen nur Religion, deutsche und ungarische Sprachlehre (Lesen und Schreiben), Rechnen, Erdbeschreibung, Naturgeschichte und Gesang vor. Als Lesebuch wurden die Bibel und das Gesangbuch verwendet. Geschrieben wurde damals vorwiegend auf die Schiefertafel. Der ganze Unterricht wurde von einem tiefreligiösen Geist durchweht. In Matthias Halwax hatte Pfarrer Gamauf einen eifrigen Mitarbeiter und die Gemeinde einen gewissenhaften, treuen Lehrer. Während seiner Amtszeit brach am 27.April 1856 ein furchtbares Feuer aus, welches fast die Hälfte der Gemeinde in eine Brandstätte verwandelte und dem auch das evangelische Schulgebäude zum Opfer fiel. Die Schule hatte am Anfang des Jahrhunderts schon ein eigenes Gebäude auf dem jetzigen Platz. Man weiß nicht, ob das Gebäude gekauft oder neu gebaut wurde. Laut Inventar vom Jahre 1842 bestand es aus einem Schulzimmer, einem Wohnzimmer und einer Kammer und wurde 1845 gründlich renoviert. Seit langer Zeit stand schon ein Glockenstuhl mit einer Glocke daneben. Glockenstuhl und Glocke wurden in der Feuerglut vernichtet. Der so schwer heimgesuchten Gemeinde eilten viele zu Hilfe, so die Stadt Ödenburg, die Gemeinden Oberschützen, Pöttelsdorf, Kis-Pécz und andere. Angesichts der über die Gemeinde hereingebrochenen Not rafften sich die Gemeindeglieder wieder auf und bauten nicht nur die Schule auf sondern ließen auch zwei neue Glocken in der Glockengießerei Friedrich Seltenhofer, Ödenburg gießen, welche am 2. Februar 1857 durch den damaligen Senior des Ödenburger oberen evangelischen Kirchenbezirkes, Gottlieb Krausz, Pfarrer zu Harkau, feierlich geweiht wurden.

c) Das Los der Lehrer bessert sich
Im Jahre 1858 erbrachte der Distriktualkonvent den Beschluß, dass in sämtlichen Kirchengemeinden eine Gehaltsaufbesserung der Pfarrer und Lehrer durchgeführt werde. Das Bargeld der Lehrer sollte von November an anstatt in der bisherigen Wiener Währung in Gulden Österreichischer Währung gezahlt werden. Dies bedeutete für die ohnehin schlecht bezahlten Schulmeister eine bedeutende Vermehrung ihrer Einkünfte. Der Beschluß erstreckte sich auch auf das wöchentliche Schulgeld und auf das jährliche Holzgeld der Lehrer.

d) Neuerungen im Schulwesen
1882 wurde durch ein Gesetz die Errichtung der Wiederholungsschule verfügt, wonach die Lehrer die der Alltagsschule entwachsenen 13-15jährigen Kinder in wöchentlich fünf Stunden ohne zusätzliche Besoldung weiter unterrichten mußten. Die Lehrer weigerten sich jedoch, diese neue Last auf sich zu nehmen und verlangten dafür vom Konvent eine eigene Bezahlung, was dieser jedoch verweigerte. So blieb es vorläufig bei der , bisherigen "Sonntagsschule", für deren Abhaltung die politische Gemeinde jährlich 43 Ft zahlte. Seit diesem Jahre mußten auch die Schulversäumnisse monatlich beim Stuhlrichteramt angezeigt werden, und zur Kontrolle besuchten die Mitglieder des Presbyteriums monatlich die Schulen. 1883 erfolgte dann eine ministerielle Verfügung, wonach in den Alltagsschulen wegen der zusätzlichen zwei Turnstunden der Schulunterricht um zwei Stunden länger gehalten werden mußte. Lehrer Matthias Halwax starb am 29. Oktober 1869, und ihm folgte im Amte, nachdem dasselbe fast sieben Monate vakant geblieben war, der aus Loipersbach gebürtige Lehramtskandidat Johann Rauner. Dieser wirkte kaum ein Jahr an der Wandorfer Schule und mußte wegen einer langwierigen schweren Krankheit viele Monate hindurch von Ödenburger Lehrerseminars- Zöglingen vertreten werden. Nach seinem Ableben in Wien wählte die Gemeinde am 10. März 1872 den Lehramtskandidaten Karl Sonntag (1872-1883) zu ihrem Lehrer. Mit ihm hatte die Gemeinde wenig Glück. Er war ein guter Pädagoge, doch eines Fehltrittes wegen mußte er schnell sein Amt am 27. Dezember 1883 aufgeben und starb Anfang der vierziger t Jahre nach langer Not in Ödenburg.

Lehrer Johann Hafenscher
An seine Stelle wurde von der Gemeinde am 16. März 1884 der in Mörbisch gebürtige Johann Hafenscher (1884-1908), Lehrer in Rácz-Kozár (Komitat Baranya), gewählt und berufen. Da sich die Seelenzahl und folglich auch die Schülerzahl von 32 auf 200 vermehrte, mußte zur Erweiterung des Schulwesens geschritten werden. Als Bauplatz dafür erwählte man sich den sogenannten Pflanzsteig, kam aber später wieder davon ab.
Die mißlichen, ja traurigen materiellen Gemeindeverhältnisse waren größtenteils die Ursache, dass die Gemeinde erst nach zweimaliger ministerieller Aufforderung am 3. Februar 1884 einen endgültigen Bauentschluß faßte. Laut diesem erklärte sich die Gemeindeversammlung einstimmig dahin, dass sie sich verpflichtete, nicht nur das verlangte Schulgebäude mit zwei Schulsälen und zwei Lehrerwohnungen zu erbauen, sondern auch nach vollendetem Schulbau eine zweite Lehrerstelle zu "creieren". Es wurde ein Schulkomitee gewählt, das aus folgenden Gemeindegliedern bestand:

Gottlieb Unger, damaliger Gemeindevorstand als Obmann,
Matthias Scheller als Kassierer,
Karl Rath, Gemeindevorstand als Kontrolleur,
Johann Schöll, Matthias Ziegler, Franz Kalbantner u.a.

Nun verzögerte sich allerdings der Baubeginn, der Baupläne halber, bedeutend, bis endlich unter dankenswerter Hilfestellung des damaligen Seniorats-Schuldezementen Heinrich Renner, Pfarrer in Harkau, am 10. Februar 1887 dem Ödenburger Baumeister Johann Scharner der Bauauftrag zum Festpreis von 5400 Ft. erteilt wurde. So konnte mit dem Bau am 12. April begonnen werden. Die verschiedenen handwerklichen Arbeiten wurden Wandorfer und Ödenburger Meistem übertragen, um einen Gesamtbetrag von 5216 Ft..
Nachdem die baldige Ausmauerung der Grundfeste vollendet war, konnte die feierliche Grundsteinlegung für den 8. Mai bestimmt werden. Eine große Menge von Festgästen aus allen Ständen und Glaubensbekenntnissen der näheren Umgebung strömte herbei, um an diesem denkwürdigen Tage die "Himmels-Gnade" zu loben und zu preisen, wie es der Chronist des Tages ausdrückte. Auf der festlich geschmückten Baustelle wurde die Feier der Grundsteinlegung im Beisein des Lokal-Kircheninspektors Hugo von Szontagh, Unterbezirksrichter zu Mattersdorf, vorgenommen. Nach dem Gemeindegesang "Ach bleib mit deiner Gnade"l hielt der Seniorats-Schuldezernent die Festrede. Nach der Festpredigt stimmte der Agendorfer Männergesangverein unter Leitung ihres Chormeisters Samuel Weber, Lehrer zu Agendorf, einen Choral an, worauf die Grundsteinlegungs-Urkunde mit den gangbaren Münzen dieser Zeit für die späteren Nachkommen in den Grundstein eingeschlossen wurden. Nun stimmte die Wandorfer Schuljugend unter der Leitung ihres Lehrers Johann Hafenscher ein Preislied an. Hernach nahm Pfarrer und Senior Karl Fleischhacker (1847-1893) den Weiheakt des Grundsteins vor. Die neu erbaute Schule wurde am 11. September 1887 eingeweiht.

Programm
Versammlung der Festgäste beim Kirchenvater Gottlieb Unger, Nr. 126 :
Um 9 Uhr Festzug vom Hause des Kirchenvaters zur Schule in folgen- der Ordnung:
a) Schuljugend,
b) Burschen,
c) Jungfrauen,
d) Frauen,
e) Geistlichkeit,
f) Festgäste,
g) Vorsteher und Männer
Gemeindegesang Nr. 383, Vers 1-4
Weiherede, gehalten vom hochwürdigen Herrn Senior.
Weihelieder, gesungen vom Agendorfer MGV "Liederstrauß"
Zug in den Betsaal:
Gesang der Wandorfer Schuljugend
Festpredigt, gehalten von Herrn M. Pieler, Pfarrer zu Kobersdorf
Festdank, von Herrn H. Renner, evangelischer Pfarrer zu Harkau.
Gemeindegesang Nr. 383, Vers 5.
Im Erdgeschoß des Schulgebäudes befanden sich zwei Lehrerwohnungen mit je drei Zimmern, im ersten Stock zwei große Schulsäle, von denen der eine mit einem Chor versehen war. Er diente von Anfang an als Betsaal. Im schönen Turm befanden sich Turmuhr und 3 Glocken, nachdem schon am 28. August desselben Jahres die angeschaffte dritte Glocke eingeweiht worden war.
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Glockenweihe am 28.8.1887

Im Jahre 1893 wurde dann auch eine zweite Lehrerstelle geschaffen und mit Philipp Nitschinger besetzt. Der Nachfolger des Pfarrers und Seniors Fleischhackers wurde der aus der Zips stammende Edmund Scholtz (1893-1938), der 47 Jahre hindurch der evangelischen Kirchengemeinde Agendorf-Wandorf in Liebe und Treue ununterbrochen als Pfarrer und Seelsorger diente.

Die Verstaatlichung der Schule

a) Die Vorgeschichte
Die Generalversammlung der Diözese forderte 1901 die Gemeinde auf, dass sie in Anbetracht der großen Kinderzahl einen dritten Schulsaal und eine dritte LehrersteIle einrichte. Die Schülerzahl überstieg schon bald die 200, und wurde dennoch nur von 2 Lehrern unterrichtet. Und nun zu den Pädagogen:
Johann Hafenscher (1884-1908) lebt noch heute im Gedächtnis der alten Wandorfer als ein strenger, den Rohrstock schwingender, doch von den Leuten geachteter Lehrer. Das Schreiben, Lesen und Rechnen, sowie die Biblischen Geschichten brachte er seinen Schülern vorzüglich bei. Es wird erzählt, daß er in den älteren Jahren dem Alkohol zugetan war. In solchen Fällen schlug er die Kinder, dann setzte er sich an das Harmonium und ließ einen Choral nach den andern singen, manchmal stundenlang. Des. halb beherrschte die Generation unserer Großeltern, die unter seiner Fuchtel stand, viele Choralmelodien und -texte.
Der zweite Lehrer, Philipp Nitschinger (1893-1916), war ein befähigter Pädagoge. Als Lehrer und später als Direktor war er korrekt, aber er war ein Freidenker. Auf diesen seinen Charakterzug komme ich später noch zurück.
Die Gemeinde konnte die bisherigen Lasten nur schwer tragen: Für die Gehälter der zwei Lehrer mußte sie selbst aufkommen, und von den alten Schulden war sie gerade erst befreit worden. Deshalb verzögerte sie die Errichtung der dritten Stelle. Aber im Jahre 1904 verpflichtete der Verwaltungsausschuß des Komitats die Kirchengemeinde zur Errichtung zweier neuer LehrersteIlen. Davor konnte man sich nicht drücken! Die Zahl der Schulpflichtigen betrug damals 263. Die Kirchengemeinde verpflichtete sich schließlich, für den dritten Lehrer die Wohnung zu stellen und ein Achtel des Anfangsgehaltes zu entrichten. Aber der Staat war nur dann gewillt die zusätzliche Staatssubvention zu zahlen, wenn die Kirchengemeinde 50 % des Anfangsgehaltes übernahm. Man kann ruhig sagen, dass der Staat nur deshalb von der Gemeinde so große Lasten verlangte, damit sie gezwungen werde, ihre Schule ihm zu überlassen. Philipp Nitschinger agitierte stark in dieser Richtung, und es schien, dass er in der Gemeinde viele Anhänger hatte. Der neue Geist, der von der Kirche wegführte und von der weltlichen Macht die Lösung der Fragen erwartete, drang bereits in die Gemeinde ein.

b) Die Verstaatlichung
Im Jahre 1905 bat die Kirchengemeinde die Diözese, die Vorgenehmigung zur Verstaatlichung der Schule zu erteilen, die sie im selben Jahr auch erhielt. Es begannen nun die Verhandlungen mit dem Staat, während sich Pfarrer Edmund Scholtz, nachdem er die Verstaatlichung nicht verhindern konnte, sehr für die Sicherung der evangelischen Interessen einsetzte.
Vom 10. Juni 1906 stammt der Beschluß zur Verstaatlichung der Schule, und vom 25. November 1906 datiert der Erlaß Nr. 80.680 des Kultusministers. Demnach gingen die schulischen Immobilien mit Ausnahme des Turmes, unter Beibehaltung des Eigentumsrechtes der Gemeinde, in die Nutznießung des Staates über. Der Staat übernahm die Personalausgaben der Schule, während die Sachausgaben, wie Bau und Einrichtung der noch nötigen Schulsäle, Erhaltung der Gebäude, Feuerversicherung, die große Sommerreinigung, Heizung, weiterhin Pensionszulagen der Lehrer usw., als schulerhaltender Beitrag die Kirchengemeinde belasteten. Der Staat hingegen sicherte der Kirchengemeinde folgende Begünstigungen zu: Er übernahm die vorhandenen zwei Lehrer. Der eine Lehrer konnte gegen besondere Entlohnung außerhalb der Unterrichtszeit den Kantorendienst versehen. In Zukunft werde der Staat immer einen Kantorlehrer einstellen. Der jeweilige evangelische Pfarrer kann der Präses oder ein Mitglied der Schulverwaltung sein. Bis zur Verstaatlichung der katholischen Schule werde der Staat nur evangelische Lehrer einstellen, und danach würde man die konfessionelle Verteilung der Bevölkerung in Betracht ziehen. Der Betsaal steht außerhalb der Unterrichtszeit der Kirchengemeinde zur Verfügung.

c) Die materiellen Nachteile der Verstaatlichung
Die Verstaatlichung der Schule war ein bedeutendes Ereignis im Leben der Gemeinde, damals wahrscheinlich unvermeidlich. Doch ihre Nachteile wurden schnell offenbar. Die schulischen Lasten der Kirchengemeinde verminderten sich nicht, sondern stiegen. Wegen des schnellen Zuwachses der Schülerzahl wurde ein Gebäudeflügel mit zwei Schulsälen mit Kosten in Höhe von 17000 Kronen errichtet. 1913-14 mußten die zwei im Erdgeschoß befindlichen Lehrerwohnungen zu zwei Schulklassen umgebaut werden. Kostenpunkt 7000 Kronen. Die Kirchengemeinde war gezwungen, jeweils Darlehen aufzunehmen, mit deren Rückzahlung sie bis 1931 beschäftigt war. Mit dem Anwachsen des Gebäudes wuchsen selbstverständlich auch die Kosten für dessen Reinigung und für die Heizung. Aber der Staat, beharrend auf den Buchstaben des Verstaatlichungsgesetzes, steuerte nichts bei. Unbestritten, die evangelische Kirchengemeinde Wandorf war mit der Verstaatlichung ihrer Schule schlecht gefahren.

d) Die seelischen Nachteile der Verstaatlichung
Auch in kirchlicher Hinsicht zeigten sich bald ungünstige Folgen. Philipp Nitschinger wurde nach dem Abgang des Lehrers Hafenscher Direktor der Schule und versuchte immer wieder, den staatlichen Charakter der Schule zu betonen und sie somit dem Einfluß der Kirche zu entziehen. Kirchenlieder unterrichtete er kaum, in einem Fall verbot er deren Unterricht so- gar, obwohl die älteren Schüler bisher geschlossen bei Beerdigungen mit dem Kantorlehrer sangen. Er beharrte auf dem Standpunkt, dass der Kantor nur außerhalb der Unterrichtszeit seinen Kantorenobliegenheiten nachgehen dürfe. Und dadurch machte er dem Kantor die Teilnahme an Beerdigungen, die alter Sitte gemäß nachmittags um 2 Uhr stattfanden, unmöglich. Aus diesem Grunde mußte der Lehrer Josef Bernath, der kirchlich eingestellt und ein guter Chorleiter war, sein Amt als Kantor nieder- legen. Die Hauptversammlung der Kirchengemeinde protestierte dagegen wiederholt. Es gelang auch, die Angelegenheit mit Hilfe der Schulinspektion und des Ministeriums zu schlichten, beziehungsweise günstig zu erledigen. Aber der Geist der Schule blieb vom kirchlichen Standpunkt aus bis zum Ende des 1. Weltkrieges ungünstig. Beigetragen dazu hatte auch die Amtstätigkeit des Lehrers Ignaz Ritzinger (1908-1912), der wegen Ehebruchs in der evangelischen Schule Alsóság sein Lehramt verloren hatte. Er führte eine gegen Gott gerichtete und antikirchliche Tätigkeit unter der Dorfbevölkerung und den Schulkindern aus.

e) Das Nitschinger-Ritzinger'sche Disziplinarverfahren
Im Jahre 1909 wurden nach wiederholten Klagen der Elternschaft Disziplinarverfahren gegen Philipp Nitschinger und Ignaz Ritzinger angestrengt. Die Anklage gegen Nitschinger lautete: Übermäßiges Schlagen der Kinder, ungebührliches Betragen gegen Vorgesetzte und Eltern und das Nicht-überlassen des Konferenzzimmers zugunsten der Kirchengemeinde. Die Anklage gegen Ritzinger: Verweigert das Erlernen von Chorälen, verhindert, daß die Konfirmanden die Konfirmandenstunde besuchen, erläutert den Kindern die Abstammung des Menschen vom Affen und behauptet, daß die Bibel die Unwahrheit sagt.
Die Verfahren zogen sich bis 1911 hin und endeten mit der Amtsenthebung beider Lehrer. Ritzinger wurde nach einem Jahr im Stillen versetzt. Der Geist der Schule änderte sich erst nach der Pensionierung Nitschingers.
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)