Mit den deutschen Mundarten auf dem Gebiet Rumpfungarns, also jenem Territorium, das Ungarn nach dem 1. Weltkriege verblieben ist, hat sich Johann Weidlein, Szarvas, beschäftigt. Er stützte seine Untersuchungen der Mundarten auf die Arbeiten der ungarischen Akademie der Wissenschaften, die auf Anregung des Universitätsprofessors Gideon Petz eine Sammlung veröffentlichte, deren Zweck die Erforschung der ungarländischen deutschen Dialekte war.
Einer seiner Mitarbeiter war Heinrich Schmidt, der sich mit den mittel- bayerischen Mundarten beschäftigte. Das Mittelbayerische unterscheidet sich in zwei Untergruppen, je nach dem der Dialekt den ursprünglichen altdeutschen Zwielaut "uo" in ein "ui" oder "ua" verändert hat. In der ersten Gruppe nennt man also die "Kuh" = "Khui" den "Fuß" = Fuiß", das "Blut" = "Plui", in der anderen Gruppe Khua, Fuaß, Fluat.
In die erste Gruppe, also in die mittelbayerische "uj"-Mundart gehört der Dialekt der im westlichen Teil Ungarns lebenden Deutschen, nämlich - so Johann Weidlein - "der Heanzen und Heidebauern". Ein Teil der Heidebauern hat durch äußere Einflüsse (Wien, Preßburg) den "ui"-Laut in einen "ual/-Laut verwandelt. Nach H. Schmidt und anderen Mundartforscher erstreckt sich das Ausbreitungsgebiet der Heanzen-Mundart bis nach Ödenburg. Also ist auch der Wandorfer Dialekt in diese Kategorie einzubeziehen. Die "ui" - Dialekte unterscheiden sich wieder in sehr vielen Punkten, aber ihre Zusammengehörigkeit ist unverkennbar. Abweichungen ergeben sich schon beim Vergleich der Nachbarorte. So sagt man in Wandorf "unser Vater" = unser Voda, in Agendorf: "inser Voda". Der gesprochene Harkauer Dialekt hört sich für Wandorfer Ohren an, wie gesungen. Er klingt etwas melodisch. Woher diese Unterschiedlichkeit kommt, ist noch nicht erforscht. Man weiß aber, daß einzelne Dialekte fremden Einflüssen ausgesetzt waren. So spürt man im südlichen Burgenland starke steirische Elemente.
Der Wandorfer Dialekt klingt sehr urwüchsig. Durch seine einzigartigen Sprachbegriffe gewinnt man den Eindruck, daß sich hier im "Bergwinkel" von Ödenburg eine urtümliche Form, ein Urtyp des mittelbayerischen Dialekts erhalten hat dem man nur schwer mit dem bekannten deutschen Alphabet Ausdruck verleihen kann. Charakteristisch sind vielfach Vokale (Selbstlaute) die durch die Nasalierung (durch die Nase gesprochen und im Gaumen "gebrochen") einen eigenartigen Klang erhalten. Zum Beispiel das Wort "Wingert", "Weingarten" = Weiat. In der Aussprache erhält der Buchstabe "e" einen gesprochenen Nasallaut, den man schriftlich nicht fixieren kann. Heinrich Schmidt gelang es aufgrund spezifischer, dialektischer Merkmale die Urheimat, bzw. das Verbreitungsgebiet der mittel- bayrischen "ui"-Mundart zu ermitteln. Die Hauptmasse befindet sich in der nordöstlichen Ecke Niederösterreichs, von Neuhaus in Böhmen bis zur Donau nördlich von St. Pötten, von hier bis zur March und weiter nördlich bis Brunn. Wir finden sie auch in dem von Ungarn abgetrennten Burgenland.
Die nachstehenden Mundartgedichte sollen von der urwüchsigen Eigenart des kräftigen Heanzen- bzw. Wandorfer Dialekts Zeugnis geben:
Heanzen, sou hoaßt ma uns uafochi Leit -
an a tichtiga Oawat dou homa a Fraid.
Und ba da vül'n Oawat is froh unsa G'miat.
Ma singa dabei recht gen ascheins Liead.
Und ba all unsa Oawat is da Heagout dabei:
Sou iss und sou bleibt's in da schein'n Heanzarei
an a tichtiga Oawat dou homa a Fraid.
Und ba da vül'n Oawat is froh unsa G'miat.
Ma singa dabei recht gen ascheins Liead.
Und ba all unsa Oawat is da Heagout dabei:
Sou iss und sou bleibt's in da schein'n Heanzarei
(Verfasser unbekannt)
Mei Medizin
Wenn mirs am Mogn föht im Hols
brauch i kuan Dokta nit wos solls!
Bitt um' a Schluckal roten Wei,
den nimm i tröpferlweise ei.
A wenn i' s Reißen hob im Fuiß,
wenn d'Nosn rinnt, wenn i huasten muiß,
i brauch kuan Wickl, brauch kuan Tee,
nimm i mei Glasl, tuitz nimma weh.
Hams mi geagat oder wutig gmocht,
mi aufgregt und in Zuan gebrocht,
dann sog i nix, nimm a nix ei,
denk "leckts mi am Oam" und trink mein Wei.
So hob i bisher imma docht.
Der Wei gab mir die Lebenskroft.
Owa glaubts rot, daß i a Trinker bin -
der Wei is nua mei Medizin!
Wenn mirs am Mogn föht im Hols
brauch i kuan Dokta nit wos solls!
Bitt um' a Schluckal roten Wei,
den nimm i tröpferlweise ei.
A wenn i' s Reißen hob im Fuiß,
wenn d'Nosn rinnt, wenn i huasten muiß,
i brauch kuan Wickl, brauch kuan Tee,
nimm i mei Glasl, tuitz nimma weh.
Hams mi geagat oder wutig gmocht,
mi aufgregt und in Zuan gebrocht,
dann sog i nix, nimm a nix ei,
denk "leckts mi am Oam" und trink mein Wei.
So hob i bisher imma docht.
Der Wei gab mir die Lebenskroft.
Owa glaubts rot, daß i a Trinker bin -
der Wei is nua mei Medizin!
von Franz Zeltner, Brennberg/Bogenriegel
Der Mundartdichter Franz Zeltner lebt heute (Anmerkung: das Buch wurde 1991 verfasst) noch in Ungarn. Er war im Brennberger Konsum der Bergwerksgesellschaft als Kaufmann tätig. Nach seiner Zurruhesetzung widmete er sich der Volks- und Mundartdichtung. In seinen Gedichten besang er die Arbeits- und Gefühlswelt des Brennberger Kohlemeviers. Für seine schriftstellerische Tätigkeit, insbesondere aber für die Beschreibung der Brennberger Bergwerksgeschichte erhielt er beim Heimatkundepreisausschreiben im Jahre 1977 den Sonderpreis der Neuen Zeitung in Ungarn. Er stammt selbst aus einer Bergwerksfamilie, die seit Generationen das schwere Los einer Bergwerksfamilie in allen ihrer Höhen und Tiefen zu ertragen hatte.
Gesammelte Mundartbegriffe des Wandorfer Dialekts
Die nachstehenden Begriffe wurden aus der Erinnerung aufgezeichnet: Zum Teil stammen sie auch aus den Mundartgedichten des Michael Andreas Lang, aus Mörbisch, dem wir auch das Wandorfer Lied: "Liab is das Dörfal" zu verdanken haben.
D'Ahn | Egge (landw. Gerät) |
Ähnl | Großvater |
Ahnl | Großmutter |
auffi | hinauf |
auffa | herauf |
owi | hinunter |
owa | herunter |
Adramasch | Trunk beim Abschluß eines Vertrags |
Äschpl | Mispel |
Buxhändl | Johnnnisbrot |
Bauernmuam | Bäuerin |
Biaschtn | Bürste, als Tätigkeitswort; bürsten |
Binkal | sagte man zu kleinen Kindern, oder Bündel aus Stoff |
bloatn | an dar Hand führen |
Bohn | Futterkrippe d. Tiere |
z. Tanz auffedan | z. Tanz auffordern |
Bogunda | Runkelrübe |
Bagl | Hefekranz |
Du Biagn | Trotzkopf (wenn jemand den Kopf hingen ließ) |
bocha | backen |
Bouding | Bottich aus Holz |
Goam | Fruchtgarben |
Biatl | Holzbündel aus Reisig |
blean | weinen |
dakemma | erschrecken |
Diaran | Mädchen |
Dumpf | Damm aus Schlamm |
eippa | vielleicht |
Föwabam | Weidenbaum |
gachzuani | jähzornig |
Graml | Grieben |
Erkerkuisal | Marienkäfer |
er houts gheat | er hats gehört |
glousn | glimmen, glühen |
Gmua | Gemeinde |
Gouschn | Mundwerk |
Griachal | Ringlotten |
Gschneiwü | Gesichtspartie |
Godl | Taufpatin |
Gäid | Taufpate |
Gugal | Guckloch |
Gigal | Modegeck |
Falout | Lump, Gauner (im deutschen Duden als österr. Wort ausgewiesen) |
Flitschal | Flittchen |
Foutzen | Mund, Maul |
Fiatta | Schürze |
Freindschaft | Verwandtschaft |
Fuari | Furche, oder eine Fuhre |
Faal | Ferkel |
Howan | Hafer |
Hulzlust | Wandanteil |
Hätschl | Hagebutte |
hutschn | schaukeln |
Hoüwox | Halwax (ein Familienname) |
Hial, Busal | Kücken |
Hula, Huüla | Hollunder |
Hodalump | Taugenichts |
huaschtn | husten |
juatzn | jauchzen |
Jousch | Josef |
Kästn | Kastanien |
kepln | daherreden |
kiarrn | kreischen |
Kiandla | Hirschkäfer |
kudan | verhaltenes Lachen |
Kiara | Kirche |
Krui | Krug |
Kotzn | Pferdecke |
Kumpf | Behälter für den Wetzstein des Mähers (steht auch im Duden mit anderer Bedeutung) |
Kukuruz | Mais |
Krachal | Himbeersaft mit Sodawasser |
Laiwü | Weste, Leibl |
lousn | horchen (Märchen begannen oft: Hiaz muißt lousn.) |
Lackl | Lache, als Schimpfwort auch für einen tölpelhaften Menschen |
Lawour | Waschschüssel (kommt aus dem Französischen: lavoir, heimisch geworden seit Napoleon) |
Loatta | Leiter (Hühnerleiter, Dachleiter) |
Laaw | Laub |
Läwan | Löver in Ödenburg, Bezeichnung auch für feuchtes Gebiet (Läwawiesn) |
mia | wir, aber: gheat mia - gehört mir |
Müli | Milch |
Müh | Mühle |
Miawisch | Mörbisch |
Moahouf | Meierhof (fürst. Gut) |
Mingal | ganz kleine Mücken |
möla | melken |
miadwen | müde werden |
Motz | Matthias |
Muida | Mutter |
Muhtzn | alte Kopfmütze |
otatschln | tätscheln |
o(b)possln | abschlagen (Nüsse oposseln) |
oüts Waiwal | altes Weib |
Oachkatzl | Eichhörnchen |
Pamarantschn | Apfelsine |
Prampas | Zusammengerührtes |
Palawatsch | Durcheinander |
Pfui Deix1 | Pfiu Teufel |
Palatschintn | Gefüllter Eierkuchen |
Pfeifal aus Föwa | Flöte aus Weidenholz |
Püstling | Steinpilz, aber auch als Schimpfwort bekannt |
potschada Mensch | ungeschickter Mensch |
Plutza | 1. schwerfälliger Mensch, 2. Steingut Wasserbehälter (in der Erntezeit sehr begehrt, weil in ihm d. Wasser kühl blieb) |
am Owat | Am Abend |
Reimbiatl | Rebenbundl |
Riagn, Riagl | hartes Stück Holz, auch ols Schimpfwort für einen unnachgiebigen Menschen. |
Röhling | Eierpilz, Pfifferling . |
runzln | auf Eis dahinrutschn |
Roastawal | Rohrstock |
Scheatzl | Brotanschnitt |
schiach | häßlich |
Sekant | jemand d.andere ärgert (sekiert) |
Steaz | Mehlspeise |
Steazl | junges männliches Rind |
Schittkosten | Schüttkasten, Getreidespeicher |
Scholbaßn | Strohgarben aus dem ausgedroschenen Komstroh |
Siwal | Weißzwetschke |
Stol | Scheune |
D'Schah | Die Schere |
Schleifeisen | Schlittschuh |
Stiaral | Hocker fürs Melken |
Sächter | Behälter, in den die Milch hineingemolken wurde. |
Schean | Hacke für Feldarbeit |
I Sumper | Korb aus Stroh, auch als Schimpfwort bekannt |
Simpal | kleiner Strohkorb |
Stoari | Storch |
Schluichtn | Gewann, Acker in Richtung Schattendorf |
spoan | sparen |
sömst | damals |
Stua(n)l | Steinchen zum Spielen |
Samdl | Susanna |
Puschkawü | Spottgedicht |
Pfoad | Hemd (ohne Kragen) |
Tewanegl, Tewl | Tölpel |
Tschopal | liebenswürdiger Tolpatsch |
woaßts | weißt du es ? |
Tschuklad | Schokolade |
tearisch | taub |
Watschn | Ohrfeige |
es weidat | schlechtes Wetter |
Wurmhauserer | Hornisse |
Zeckal | ein kleines Stück, Kleinigkeit |
zlexna | aus dem Leim gehen |
Zolbesn | herumstreunendes Tratschweib |
Zün (Zille) | Stangenboot |
Zötl | in Wandorf beliebter Christbaumschmuck |
ummatum | rundherum |
Hamua | Humor |
Redensarten
's gibt nua ua Wandorf und ua Wian! Heirat iwan Mist, so woast weas is ! Da Hiasl van Grom hout d' Ochsn valon, pfeif hi, pfeif hea, dann rennas dahea. Deis Stangalingblosn - Serenade bei Mädchen (Burschdiaran) Dei zamksampatn Diaran - die gutgekleideten Mädchen.
Ein Gedicht von Michael A. Lang in der Mörbischer Mundart
"Geh Ouwer", sogt der Fraonz, "a Ochtl Wein"
"A Ochtl? - Souwos scheinka mir nit ein".
"Jo Teixl", schreit der Fraonz, "verlaong ih z'viel,
wenn ih a Ochtl und kuan Viertl will?"
"Z'viel hin, z'viel her, ih kaons da(r)'s holt nit ge(i)bm.
Ban uns verkeh(r)n naoh Leit, de wos wos he(i)bm."
Sa bring a Viertl! muant da Fraonz und locht.
"Hiatz trink ih holt nir nochher vier - gstott ocht."
Die kleinen Unterschiede in der Heanzen-Mundart sind unschwer erkennbar, aber ebenso deutlich ist der gemeinsame Ursprung in den angeführten Beispielen dokumentiert.
Doppelnamen, bzw. Spitznamen
In Wandorf trugen viele Familien Doppelnamen oder Spitznamen. Sie entstanden oft dadurch, daß ein Bauernbursch in eine andere Bauernfamilie hinein geheiratet hat. Man nannte ihn fortan mit dem Namen des alten Bauernhauses und fügte seinen Namen hinzu. Zum Beispiel "Hofner-Ziagla", Toschner-Koübantner, da Roti Simmel (Rath-Simmel). Andere Doppelnamen, von denen man nicht mehr genau weiß, welchen Ursprung sie haben: Unga-Mutschi, Grof-Pfitsch, Koübantner-Duntal, Schwoaz- Kappü, Koübantner-Brahma.
Andere Namen erhielten einen Zusatz, um die Person nicht zu verwechseln: "Bo-Hans". (Der am Bach wohnende Hans.)
Wieder andere bekamen einen Spitznamen aufgrund einer Eigenschaft, eines Verhaltens oder hatten eine andere Ursache: Stühla Koal, Nyavalyás (ung. Wort), Simmel (diesen Namen trug die Familie Degendorfer - Ursprung blieb bis heute ungeklärt, da Prie, die Reich-Benhoadin.
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)