Eine der beliebtesten Beschäftigungen im Winter war das Federnschleißen. Wenn es draußen fror und schneite, saßen abends beim wärmenden Ofen junge Mädchen und Frauen in einem geschlossenen Raum und schlissen Enten- oder Gänsefedern. Das heißt, sie zupften die kleinen Federchen vom Kiel und sammelten sie in einem Behälter. Das war immer eine lustige Angelegenheit.
 
Die Mädchen sangen dabei ihre schönen Lieder, man erzählte sich lustige Geschichten oder besprach die jüngsten Ereignisse, wer mit wem "ging" und warum die Liesl dem Sepp den Abschied gab. Die Burschen, die hinter oder neben den Dirndln saßen, schäkerten mit ihnen oder trieben dumme Streiche, indem sie z. B. den Frauen hinten die Kittel mit Sicherheitsnadeln zusammen klammerten. War die Hausmutter gut gelaunt, bot sie den jungen Leuten Gebäck an, die Burschen bekamen ein Gläschen Wein. Diese Tätigkeit wiederholte sich tagtäglich, bis die gesammelte Federmenge verarbeitet war. Am letzten Tag fand dann der sog. "Federtanz" statt, wobei noch der bereitgehaltene Federrest geschlissen wurde. Anschließend wurde gefeiert, d.h. die Hausmutter tischte Fleisch, Würste, Salate, Krapfen und andere Leckereien auf, denen die jungen Leute wacker zusprachen. Kam dann noch "zufällig" ein Harmonikaspieler dazu, tanzte und sang man bis in die Nacht hinein.
 
Die geschlissenen Federn wurden in ein Inlett gefüllt und dann mit der "Tuchatzia" überzogen. Die so gewonnenen "Tuchat" und Polster bildeten den Grundstock für die Aussteuer der Haustochter.
 
Nach dem Federnschleißen konnte man öfters in aller Herrgottsfrühe einen aus Federkielen gestreuten Weg zwischen zwei Häusern vorfinden. Aufmerksame Burschen, die während der täglichen Zusammenkünften manche Liebschaft entdeckt hatten, wollten der Dorfbevölkerung kund tun, welcher Bursche welchem Mädchen gut war. Die bisher geheimgehaltene Liebschaft wurde öffentlich bekannt.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)