Die Kriegsereignisse des ersten Weltkrieges waren weit entfernt, aber die Bevölkerung verspürte den Mangel der eingerückten männlichen Arbeitskräfte. Der Krieg setzte der friedlichen Entwicklung ein Ende. Am 2. August 1914 setzte sich der erste Soldatenzug aus Agendorf in Bewegung. Es war Sonntag, warm und heiter, als die Bevölkerung der Gemeinde ihre Söhne verabschiedete. Am Montag, 3. August, fuhr der zweite Zug ab. Im Namen der Einrückenden bat der Soldat Michael Holzhofer die Bevölkerung der Gemeinde, die Namen der im Krieg Gefallenen durch die Angabe ihrer Truppe zu verewigen. Das versprachen die Einwohner der Gemeinde und lösten später, 1925, ihr Versprechen ein. Die soziale Lage der Familien der Eingezogenen verschlechterte sich immer mehr. Die Kriegshilfe traf immer später ein. Die letzten Agendorfer rückten am 24. August ein. Auch mein Großvater, Matthias Böhm, war im Krieg. Mein Vater war zu der Zeit drei Jahre alt.

 

Am 1. September trafen die ersten Nachrichten über Tote und Verletzte ein. Das 76. Infanterieregiment, das aus Ödenburgern und Männern aumosaik p039s der Umgebung bestand, kämpfte an der russischen Front. Der erste Agendorfer, Zugführer Johann Pratscher, traf mit einer Kopfverletzung in Ödenburg ein. Die Grauen des Krieges hinterließen tiefe Spuren in der Gemeinde. Die Verwundeten kamen nach Hause, und immer mehr warteten umsonst auf Briefe aus den Lagern. Am 22. September 1914, zur Kirchweih, traf die Todesnachricht über den ersten Soldaten aus Agendorf ein. Matthias Böhm war in Polichna gefallen. Die Kirchweih wurde nur zurückhaltend, still gefeiert. In allen Gegenden der äußeren Grenzen des Gesamtreiches waren Agendorfer Soldaten, die den Tod verachtend, mutig und heldenhaft kämpften.

 

In Galizien, Russland und Polen war die russische Armee der gefährlichste Feind. Ein verbitterte Gegner der Ungarn waren die Serben, der dritte Feind die Italiener. Unsere Soldaten gelangten auch auf den französischen Kriegsschauplatz. Mein Großvater fiel in russische Gefangenschaft und kam 1919 nach Hause. In der Gemeinde verrichteten die Frauen die Arbeit, es gab keine Lebensmittel. 1918 herrschte eine unselige Lage in der Gemeinde, im August erfolgte der Zusammenbruch. Von den verschiedenen Kriegsschauplätzen kehrten die überlebenden Soldaten zurück. 51 Personen aus der Gemeinde starben im Ersten Weltkrieg den Heldentod.

 

Gefallene im Krieg 1914-1919 aus der Gemeinde Agendorf:

 

Nachname Vorname Jahr   Nachname Vorname Jahr
Bauer Christoph 1915   Paar Andreas 1914
Bauer Mathias 1914   Nolz Matias 1918
Blassmann Mathias 1914   Paar Gottlieb 1914
Bernecker Johann 1917   Pratscher Mathias  
Ferstl Karl 1915   Plöchl Paul 1918
Ferstl Mathias 1914   Prosswimmer Mathias 1918
Graf Mathias 1915   Schimon Julius 1914
Grabner Michael     Scholz Michael  
Gritsch Johann 1918   Schneeweiss Johann 1915
Grimm Michael 1914   Schelly Michael 1917
Grimm Michael 1916   Schmidt Mathias 1914
Grimsl Andreas 1918   Ulreich Michael 1918
Hass Josef     Wödl Julius 1915
Hauer Michael 1915   Schrantz Mathias 1916
Hauer Julius 1915   Schelly Johann 1916
Harnwolf Michael 1915   Strammer Mathias 1917
Harnwolf Andreas 1918   Teicher Samuel 1915
Hofer Johann     Ziegler Andreas 1918
Holzhofer Mathias 1915   Wödl Mathias 1916
Holzhofer Michael 1916   Schrantz Martin 1914
Heinz Andreas 1915   Schelly 1918  
Heinz Jakab 1915   Spannraft Johann 1915
Kirchknopf Karl 1918   Trinkl Andreas 1916
Lagler Michael 1915   Wödl Gottlieb 1919
Lampl Paul 1919   Wetzer Mathias 1915

 

mosaik p032Die Aufstellung des Heldenmals im Heldengarten neben der evangelischen Kirche erfolgte 1925. Auf dem Denkmal stehen die Namen, die an der Seite der 1926 geweihten „Heldenglocke“ zu lesen sind. Heldenglocke – die Glocke wurde von den Söhnen des bekannten Ödenburger Glockengießers Friedrich Seltenhofer in der Glocken- und Erzgießerei angefertigt. Nach Ende des ersten Weltkrieges konnte man schon hören, dass die auf das Territorium Westungarns gerichtete Absicht schon in den ersten Kriegsjahren auftauchte. Selbstverständlich nicht von österreichischer Seite aus, sondern in den Plänen der an einer Zerstückelung der Monarchie interessierten slawischen Politiker. Die innere Lage des Landes konnte man bei weitem nicht als ruhig bezeichnen. Die öffentliche Stimmung nach dem verlorenen Krieg sowie die bedrohende Präsenz fremder Armeen beunruhigten die Menschen. Im Herbst 1918 brach die Asternrevolution aus, die fast ohne Widerstand und blutlos verlief. Ihr Ergebnis war die Ausrufung der „Unabhängigen demokratischen ungarischen Republik“ und das Ende des Weltkrieges.
 
„Heinzenland“ - 1918

Am 5. Dezember 1918 versuchten von österreichischer Seite aus, freie Truppen den von Deutschen bewohnten Teil Westungarns einzunehmen. Für einen Tag gelang es ihnen auch, Lajtafalu und Mattersdorf – Nagymarton. wo die Nationalgarde österreichfreundlich war, zu besetzen. Am 5. Dezember 1918 wurde hier die Republik „Heinzenland“ proklamiert, die allerdings am nächsten Tag nach dem Erscheinen der ungarischen Brachialgewalt ohne einen Gewehrschuss zu Ende ging. Auch die österreichische Regierung distanzierte sich von dem Mattersdorfer Putsch und meinte, dass es sich dabei um eine verantwortungslose Einzelaktion eines Offiziers gehandelt hat.

 

Quelle: Agendorfer Mosaik
Andreas Böhm (1991)