In Harkau gab es bis zur Aussiedlung zwei Wirtshäuser und jeweils einen ,.Buschenschank" oder "Schenkhaus", wie man den Buschenschank in Harkau nannte. (In Württemberg nennt man es Besenwirtschaft" mit dem Unterschied, daß in Harkau im Buschenschank keine Speisen, auch keine"Brotzeit" angeboten wrude.) Wie ich bereits beim Urbarium berichtete, besaß die Stadt auch in jedem Stadtdorf ein Wirtshaus, oder wenn darin auch Übernachtungsmöglichkeiten vorhanden waren, ein "Gasthaus".In Harkau hatte die Stadt ein ansehnliches Gasthaus mit vier Zimmern, einem großen Weinkeller und größeren Nebengebäuden, wie Ställe, Schuppen, Schweineställe, so daß die Händler, die die Ödenburger oder andere Märkte an besuchten, ihr Vieh hier einige Tage zum Ausruhen unterbringen konnten (es wurde aber auch bei Bauern "eingestellt"!). Außerdem "kamen schon seit dem Mittelalter viele Händler auf die Harkauer Märkte, von denen manche die Gastwirtschaft und ihre Ställe in Anspruch nahmen" (Dr. Horvath).
Das "obere Wirtshaus", wie wir es nannten, wahr Jahrhunderte lang Eigentum der Stadt. (Das "untere Wirtshaus" wurde erst später erbaut). Die Stadt verpachtete ihre Gasthäuser in den Stadtdörfern an die Meistbietenden, meistens auf zwei, später auf drei Jahre. Allein für die : Harkauer Gastwirtschaft erhielt die Stadt z. B. im Jahre 1794 an Pachtzins 461fl und im Jahre 1816 sogar 1951 fl. Die Stadt hatte also von ihren Gasthäusern beträchtliche Einnahmen. Natürlich wurden diese Gasthäuser, bzw. ihre Pächter von Seiten der Stadt mit manchen Privilegien ausgestattet. So durfte in den einzelnen Stadtdörfern, also auch in Harkau, in den Sommermonaten, vom "Georgitag" (24. 4.) bis "Michaeli" (29. 9.) der Weinausschank nur in den stadteigenen Gasthäusern erfolgen. In der Zeit zwischen Michaeli und Georgi durften auch die Winzer ihren eigenen Wein ausschenken. Natürlich hatte sich die Stadt auch hier die günstigste Zeit, "Saison" ausgesucht, in der viele Durchreisende, Marktbesucher in das Gasthaus einkehrten , und für größeren Umsatz sorgten.
Die Stadt achtete durch ihre Banduren sehr darauf, daß diese angeordneten Ausschankzeiten strikt eingehalten wurden. Zuwiderhandlungen wurden strengstens geahndet. So wurde z.B. am 25. Juni 1791 der Wandorfer Untertan Sch. und sein blinder Sohn vor das Stadtgericht zitiert, weil sie ihren Wein im Sommer, außer der erlaubten Zeit, ausschenkten, ja sogar den kontrollierenden Bandur mißhandelten. Der Vater wurde zu 6 und der Sohn zu 12 Stockhieben verurteilt. (Leider wurde die Stockstrafe für Untertanen, die der menschenfreundliche und aufgeklärte Kaiser Josef 11. verboten hatte, nach seinem Tode wieder eingeführt!). Außerdem wurde der Wein der Farn. Sch. konfisziert. Dasselbe Gericht verurteilte die Frau eines Harkauer Untertanen wegen Ausschank ihres Weines zur verbotenen Zeit, da es ihre erste Übertretung war, "nur zu drei Stockhieben". 1831 zeigte der Pächter der Harkauer Gastwirtschaft Josef Rauner den Harkauer Untertanen Michael Sturz wegen Ausschank seines Weines zur verbotenen Zeit an. Die verhängte Strafe ist nicht bekannt. Aber die Untertanen ließen sich von ihrem Grundherren auch nicht alles gefallen. So berichtete uns Dr. Horvath folgenden Fall. Im Sommer 1841 eilte der städtische Beauftragte in das Haus des Harkauer Untertanen Johann Tulikopf und beschlagnahmte dessen 5 Eimerfaß Wein (ca. 3201), das er gerade angezapft hatte. Tulikopf beklagte sich darüber beim Stuhlrichter. -Dieser wiederum ermahnte die Stadt, ihre Untertanen nicht zu schikanieren, denn es sei ihnen, die einen Keller voll Wein haben, nicht zuzumuten, jedes Maß Wein für den täglichen Hausgebrauch ums teure Geld in der Gastwirtschaft zu kaufen. Anscheinend konnte man J. Tulikopf nicht nachweisen, daß er Wein auch verkauft habe. - Außerdem war es nur dem Pächter der Gastwirtschaft erlaubt, Bier auszuschenken. Er mußte aber das Bier in der städtischen Brauerei beziehen und durfte es nicht selbst brauen. Ebenso durften nur die Pächter des Gasthauses Salz, Seife und Kerzen verkaufen.
Wie bereits erwähnt, verkaufte die Stadt nach der ,.Absonderung" der Stadtdörfer auch ihre Gasthäuser und Fleischbänke. ,.Als letztes Relikt" (Dr. Horvath) dieser Abhängigkeit der Dörfer von der Stadt verkaufte sie auch das Harkauer Gasthaus. Den Verkauf des Harkauer Gasthauses versuchte die Stadt öfters und auf verschiedene Weise. Die Nebengebäude mit den Stallungen und der große Keller für 300 Eimer (ca. 18600l) Wein, sowie die vier Nebenzimmer (für Ubernachtungen) hoben den Wert des Gasthauses beträchtlich. Trotzdem die Versteigerung 1868 sogar im "Wiener Fremden Blatt" angezeigt worden war, konnte der Verkauf erst im Mai 1871 vollzogen werden. Johann Rittermann, Wirt in Völcsey, kaufte die Gastwirtschaft für 12025 fl. Aber die Gemeinde Harkau erhob beim Innenministerium gegen diesen Kauf Einspruch und bot der Stadt 12525 fl. Bei einer erneuten Versteigerung kaufte dann die Gemeinde Harkau für 14 000 fl das "herrschaftliche Gasthaus" (Dr. Horvath). Von der Zeit an war also das "obere Wirtshaus" Eigentum der Gemeinde Harkau, die es natürlich auch an Meistbietende auf drei Jahre verpachtete. Wenn ich mich richtig erinnere, war es zu unserer Zeit bis es abgerissen wurde, das einzige Haus in Harkau, das mit Schindeln bedeckt war. Dies "alte" obere Wirtshaus muß kurz vor oder nach dem Ersten Weltkrieg innen renoviert, vielleicht auch nur neu gestrichen worden sein. Bei dieser Gelegenheit wurden vom Ödenburger Malermeister Tschaikowski in der Schankstube verschiedene "Trinksprüche" an die Wand gemalt. Von wem diese "Weisheiten" ausgesucht worden waren, konnte ich nicht mehr feststellen. Ich finde sie aber "charakteristisch" für mehrere der Harkauer ??? Bauern. Folgende Trinksprüche konnte ich ausfindig machen:

"Wenn es draußen donnert und blitzt ist es am besten, wenn man im Wirtshaus sitzt".

"Unsere Väter sind gesessen einst bei vollen Gläsern hier, unsere Väter sind vergessen, und vergessen werden wir".

Rede wenig, rede wahr!
Trinke viel und zahle bar"
"Wer nicht liebt Wein, Weib und Gesang
der bleibt ein Narr sein Leben lang.

"Das Wasser gibt dem Ochsen Kraft,
den Menschen: Bier und Rebensaft
Drum freue dich, du frommer Christ,
daß du kein Ochs geworden bist!"

"Trink', solang der Becher winkt, nutze deine Tage!
Ob man droben auch noch trinkt, das ist eine Frage".
"Du guter Wein mit deinen Geistesgaben,
du mußt, wenn ich nicht irr,  vier Religionen haben:

katholisch mußt du sein, aus einem reinen Faß
und reformiert, aus einem reinen Glas
lutherisch mußt du sein, zwecks deiner Stärke,
damit man innerlich die guten Werke merke.

Und jüdisch mußt du sein, dann bleibst du ungetauft,
denn gut ist nur der Wein, der nicht durchs Wasser lauft!"

Anfangs der dreißiger Jahren war dieses jahrhundertealte Gasthaus in solch schlechtem Zustand, daß die Gemeinde es (1931) abreißen und ein neues erbauen ließ. Die Gemeindeverwaltung beauftragte den Wiener Architekten Karl Prujmann, ein gebürtiger Harkauer, einen Plan für das zu bauende Wirtshaus anzufertigen. Unter einem Dach sollte sich neben dem Wirtshaus auch ein großer "Kultursaal" befinden, in dem - wie sein Name sagt - neben Tanz auch kulturelle Veranstaltungen, wie Theateraufführungen, Versammlungen u. a. abgehalten wer- den könnten. Ich glaube, der Architekt hat seine Aufgabe glänzend gelöst. Nach dem Kriegsende wurden von der Besatzungsmacht die Rundbogenfenster zertrümmert und herausgerissen. Die großen Fenster wurden zum Teil zugemauert und das ganze Gebäude in einen Kindergarten bzw. in eine Kindertagesstätte umgewandelt. Nachdem die Gemeinde Harkau 1853 von der Stadt unabhängig wurde, sich wirtschaftlich und politisch von ihr löste, wollte die Gemeinde - vielleicht auch als Konkurrenz zur "städtischen Gastwirtschaft"? - ein eigenes Wirtshaus bauen. In welchem Jahr das "untere Wirtshaus" erbaut wurde, konnte ich leider nicht erforschen. Es stand mitten im Dorf auf dem breiten Platz zwischen den beiden Häuserreihen unterhalb des Feuerlöschteiches, der "Kiaralocka". Auch diese Gastwirtschaft wurde, wie das "obere Wirtshaus" von der Gemeinde immer auf 3 Jahre verpachtet.
Seit alters her war es den Harkauer Weinbauern auch erlaubt, ihren eigenen, selbst erzeugten Wein (beim Haus?) auszuschenken. Wie oben bereits erwähnt, erlaubte die Stadt dies in ihren "Stadtdörfern" nur in der Zeit von Michaeli (29. September) bis Georgi (24. April). Nachdem die Gemeinde selbständig geworden war, konnten die Winzer ihren Wein das ganze Jahr über ausschenken. Damit nicht alle gleichzeitig ihren Wein feilboten, wurde eine Vereinigung gegründet, die die Reihenfolge des Ausschenkens festlegte. Zum Zeichen dafür, wo eigener Wein ausgeschenkt wurde, wurde ein »Tannenbusch ausgesteckt". Darum nannte man diese im "Schankhäuser" auch "Buschenschank". (Ausführlicher darüber siehe bei "Wirtschaftliche sie Lage zwischen den beiden Weltkriegen"!)
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)