Nun hatten die Harkauer die höchst kaiserliche Genehmigung, eine evangelische Kirchengemeinde neu zu gründen, hatten aber immer noch keinen Pfarrer. Georg Nagy, der Subrektor am evang. Gymnasium in Ödenburg empfahl ihnen den Rektor des Gymnasiums in Modem, Kr. Preßburg, Gottfried Walther. Dieser hatte den Harkauern auch versprochen, die Stelle anzunehmen. Nachdem sich die Genehmigung der Pfarrei so sehr hinausgezögert hatte, nahm er die Pfarrstelle in Oberschützen (jetzt Burgenland) an. Sie sprachen auch noch bei anderen Pfarrern vor, aber alle hatten schon anderen neu gegründeten Pfarrgemeinden zugesagt. In diesen Jahren wurden kurz nach dem Erscheinen des Toleranzedikts in Westungarn (zu dem auch das heutige Burgenland gehörte) über 150 evang. Kirchengemeinden gegründet; kein Wunder also, daß ein großer Pfarrermangel herrschte! "Nachdem die Harkauer so viele Körbe erhalten hatten, erbarmte sich Prof. Nagy der Harkauer und nahm, 48-jährig die Pfarrstelle in Harkau an" schreibt Prof. Payr. "Er war schon ein anerkannter Professor (=Studienrat) am Ödenburger evang. Gymnasium, hatte reich geheiratet, besaß in Ödenburg einige Häuser, und sollte jetzt als Pfarrer nach Harkau gehen, unter einem Strohdach hausen, denn es gab ja keine Kirche, kein Pfarrhaus und keine Schule" schreibt Prof. Payr.
Zwar hatte Nagy sein Theologiestudium an der deutschen Universität Jena (1760-63) absolviert, da er aber nicht ordiniert war, mußte er dem ung. Bischof Perlaky in Nemesdömölk eine Probepredigt in ung. und deutscher Sprache halten und ein Examen ablegen.
Am 1. November 1783 kam Bischof Perlaky ebenso der neue Pfarrer nach Harkau und am nächsten Tag, am Sonntag, den 2. November hielt der Bischof und der Pfarrer nach 110 Jahren wieder die erste evang. Predigt in Harkau, nicht in der Kirche, die blieb auch weiterhin in der Hand der kath. Kirchengemeinde, auch wenn es unter der Harkauer Bevölkerung gar keine Katholiken gab, sondern "in einer mit Stroh gedeckten Hütte", wie Prof. A. Payr schreibt. (Ausführlich darüber bei: Harkauer Persönlichkeiten, Matthias Eckl!) Die ganze Gemeinde Harkau - außer des kath. Pfarrers und Lehrers natürlich - bekannte sich zum evang. Glauben, nachdem sie zwar keine "Glaubensfreiheit" erhalten hatten, wohl aber durch das Toleranzedikt als Evangelische mit höchster kaiserlichen Genehmigung "geduldet" waren und "sie ihres evang. Glaubens leben durften." (Payr). Zwar gab es noch kleinere "Schikanen", wie Matth. Eckl in seiner Chronik berichtet: "Weiterhin sind wir aber vom Komitat wieder sehr beschränkt worden. Wir haben keine freie Schule halten dürfen, sondern nur eine Kinderlehre. Auch bei den Begräbnissen ist das Glockenläuten verboten gewesen. Und ein Jahr durften wir bei dem Leichenzug auf der Gasse nicht singen. (Nach Harkauer Sitte wurde der Leichnam im Sarg vom Sterbehaus zum Friedhof getragen. Im Leichenzug wurden unterwegs vom Lehrer, den Schülern und der Trauergemeinde Choräle gesungen!) In dieser Sache haben wir wieder nach Wien und Preßburg reisen müssen, bis endlich - Gott sei Dank! - alle Religionsfreiheit nacheinander nach unserem Wunsch sich eingefunden hat," schreibt Matth. Eckl in seiner Chronik.
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)