Während in Deutschland der 30-jährige Krieg wütete, die evang. Lehre in den österreichischen Erbländern total ausgerottet wurde, hatte die Bevölkerung unseres Raumes, auch die evangelische, nach dem Nikolsburger Frieden (1621) eine relativ ruhige, friedliche Zeit. Der größte Teil des kaiserlichen Heeres bestand Anfang des Krieges aus Kroaten, über die in der deutschen Geschichte wenig Rühmliches berichtet wird. Der Bischof von Raab, Draskovich - auch ein Kroate - zu dessen Diözese auch das Komitat Ödenburg gehörte, ordnete an, daß alle Pfarrer - auch die evangelischen - Matrikelbücher führen mußten (Siehe Matrikelbücher) Natürlich versuchte dieser Bischof nicht nur indirekt auf die Evangelischen einzuwirken, sondern auch durch unmittelbare Maßnahmen. Nachdem 1636 trotz heftigen Widerstandes der Bevölkerung und des Rates der Stadt die Jesuiten in Ödenburg angesiedelt worden waren, versuchte Pater Ambrosius Heigel im Jahre 1639 in den Stadtdörfern zu missionieren, d. h. die Bevölkerung zu rekatholisieren. Selbst der röm. kath. Kirchenhistoriker Dr. Bán schreibt darüber: "... aber bei den halsstarrigen Harkauern hatte er keinerlei Erfolg. Ja in Harkau konnte keinerlei Kongregation Fuß fassen, und die Einführung einer Zunft (damals die Hauptstütze der kath. Kirche) konnte in Harkau erst gar nicht versucht werden..."
Nachdem die Habsburger nach dem Ende des 30-jährigen Krieges in Deutschland nicht mehr gebunden waren, "erhielten sie freie Hand, im Königreich Ungarn die Vorherrschaft der Protestanten (sofern sie überhaupt noch bestand!) zu brechen", schreibt Dr. Bán. Der äußere Anlaß war bald gefunden. Kaiser Leopold I. (1657-1705) war einer der unduldsamsten Habsburger. Er stand ganz unter dem Einfluß der Bischöfe Szelepcsenyi und Szechenyi und herrschte absolutistisch. Dem widersetzten sich die ungarischen Magnaten. Außerdem wollten diese unter Führung des höchsten Würdenträgers des Landes, des Palatins, Franz von Wesselenyi, einen nationalen König haben. Diese Verschwörung gegen den Kaiser wurde aufgedeckt. Die Rädelsführer - die alle katholischer Konfession waren - , wie der katholisch gewordene Franz Nadásdy, der Ban von Kroatien Frangepan und Zrinyi, wurden 1670/71 in Wien, bzw. in Wiener-Neustadt hingerichtet. (Danach kaufte Eszterhazy sämtliche konfiszierten Güter seines in Wien hingerichteten Schwagers, Franz Nadasdys, von der Kammer für 200.000 Gulden. So ging auch unser Nachbardorf Deutschkreutz in Besitz der Familie Eszterhazy über). Die Schuld der Verschwörung wurde aber den Protestanten in die Schuhe geschoben, die dafür arg büßen mußten. Viele der Prädikanten und Lehrer wurden nach Preßburg vor das berüchtigte Gericht zitiert und dort vor die Wahl gestellt: "Rosenkranz oder Wanderstab!" Die keines von beiden annahmen, "wurden in den Kerker geworfen und später als Galeerensträflinge verschleppt", schreibt Fiedler. Nach Jahren wurden die Galeerensträflinge, sofern sie noch am Leben waren, vom niederländischen Kapitän Ruiter freigekauft.
Auch in Ödenburg und den Stadtdörfern setzte die Gegenreformation in ihrer vollen Schärfe ein. Nachdem Anfang des Jahres 1673 der evang. Pfarrer des Stadtdorfes Loipersbach bereits vertrieben und an seine Stelle Pater Stephan Rosenitsch gesetzt wurde, begann der Generalangriff auf die anderen Stadtdörfer und die Stadt selbst. Am 21. Dezember 1673 wurden auf Anordnung des Raaber Bischofs, Szechenyi, 500 Dragoner unter Oberst Zeiss in Wolfs einquartiert. Diese besetzten in Anwesenheit des Kroisbacher Pfarrers die evang. Kirche, weihten sie katholisch und verboten dem evang. Pfarrer, Georg Launer, bei Todesstrafe das Betreten der Kirche. Er wurde nach l1-jähriger Tätigkeit in Wolfs vertrieben, und der kath. Pfarrer Kuszelitsch (ein Kroate) betreute beide Gemeinden, Kolnhof und Wolfs. Einen Tag später, "am 22. Dez. 1673 erschienen die Beamten des Raaber Bischofs in Begleitung eines kaiserlichen Hauptmanns und etlichen Kriegsleuten in Agendorf, nahmen die Kirche gewaltsam in Besitz und untersagten dem evang. Pfarrer Rosner bei Todesstrafe, dieselbe wieder zu betreten," schreibt Senior E. Scholtz . Ebenso wurde auch die Kirche in der Agendorfer Filiale enteignet. "Am 23. Dezember 1673 kam die Reihe an Harkau. Hierher kam der Eisenburger Probst mit zwei Pfarrern. Aber schon einige Tage vorher wurde der Obrist des Regiments Woppingen, Franz Marschall und Hauptmann Schleicher mit einer Anzahl Soldaten in Harkau einquartiert. Diese nahmen den Friedhof, der damals noch rings um die Kirche lag, mit Gewalt. Der Probst schlug mit seinem Stock auf den Richter von Harkau ein, da dieser nicht bereit war, die Kirchenschlüssel herauszugeben. (Wie ich feststellen konnte, war in diesem Jahr, 1673/74, Matthias Pöckl Richter!) Darauf wurde die Kirchentür von den Soldaten mit Äxten und anderen Werkzeugen aufgebrochen. Dem evang. Prediger, Christoph Galli, wurde das Betreten der neuen kath. geweihten Kirche bei Todesstrafe verboten?" (Payr, S. 433) Pfarrer Galli wurde wie die Prädikanten der anderen evang. Gemeinden vertrieben. Jedoch Pfarrer Galli blieb mit seiner Familie noch den Winter über in Harkau. Ob er die Kirche je noch betreten hat, wissen wir nicht. Kirchliche Handlungen hat er jedenfalls während dieser Zeit noch vorgenommen. Seine letzte Eintragung in das Matrikelbuch stammt vom 9. Mai 1674. An diesem Tag taufte er Maria Krenner und Josef Kappel, des Georg Kappel, Bindermeisters Söhnlein. Dann mußte auch er zum Wanderstab greifen und als Exulant Harkau verlassen.
Nach diesem traurigen Ereignis wurde Harkau als Filiale an Neckenmarkt angeschlossen, das schon rund 40 Jahre vorher durch Eszterhazy rekatholisiert worden war.
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)