Als im Hochmittelalter die Streitigkeiten unter den Adeligen um ihr Besitztum immer häufiger wurden, mussten Schenkungen, Besitzstand auch in Urkunden niedergeschrieben werden. "Urkundsbeamte" waren in dieser Gegend hauptsächlich der Johanniter-Orden in Ödenburg, das Kapitel in Eisenburg (Vasvar) und einige Jahrzehnte später auch das Kapitel von Csorna (lies Tschorna). Wichtige Urkunden, Dokumente, die vom König herausgegeben und unterzeichnet wurden, waren natürlich vom Schreiber des Königs in dessen Residenz oder Lager ausgefertigt und besiegelt worden. So wurde z. B. eine Urkunde, die Harkau betrifft, 1284 im Lager des Königs am Fuße der Burg Bernstein, bei deren Belagerung, ausgefertigt.
 
Im übrigen wundert man sich heute, im 20. Jahrhundert, darüber, wie wir weiter sehen werden, womit, mit welchen Streitigkeiten, Kleinigkeiten, ja Nichtigkeiten sich ein König auch beschäftigen musste (aber sicher auch nicht ganz ohne Eigennutz, denken wir nur an die Schmiergelder!) -
 
Die erste Urkunde, in der der Ortsname Harka vorkommt, stammt aus dem Jahre 1245. (Genau 700 Jahre später wurden die Bewohner der Gemeinde aus ihrer angestammten Heimat vertrieben, und 702 Jahre später sollte das Dorf statt mit seinem schönen Namen Harka/Harkau mit dem "nichtssagenden" (Saghi) Namen "Magyarfalva" (= Ungarndorf) belegt werden, um somit - so hoffte man - die Erinnerung an letzte Reste der Besiedlung mit Deutschen auszulöschen. Im Jahre 1245 tritt also das Dorf Harkaus seiner Anonymität heraus. Natürlich hatte es längst bestanden, wie im vorigen Kapitel bereits dargelegt. Diese lateinische Urkunde (damals schrieb man in Ungarn alle Urkunden lateinisch!), in der der Name zum ersten Mal vorkommt; wurde am 17. Juni 1245 im Stuhlweißenburg (Szekesfehervár) ausgestellt. (Im Büchlein von Dr. Adalbert Putz: "Harkau und seine Nachbarn" ist leider durch einen Druckfehler statt 1245 das Jahr 1254 angegeben!). Der damalige ung. König Bela IV. (Adalbert) schenkte - laut dieser Urkunde - das Gut Bujuslow (das spätere Deutschkreutz!) seinen Parteigängern Marcellus de Pagha und Sebretus de Szamtou (von Antau?). Bei der Beschreibung des ihnen geschenkten Gutes werden als Gemarkungsgrenzen des Dorfes unter anderem "villa Harka" und "villa Wiiz" (das spätere Kolnhof) genannt. Die nächste uns bekannte Urkunde über Harkau betrifft Harkau selbst. Am 11. Oktober 1257 schenkt derselbe ung. König Bela IV. (Adalbert), Bruder der Heiligen Elisabeth, das Ödenburger Burgfeld namens Harka dem Magister Philipp von Kürü. Die Urkunde befindet sich im Archiv der Stadt Ödenburg und wird unter: "Dl. Lad. C. fasc. 1. nr. 1" aufbewahrt.
Herausgegeben wurde sie von Wenzel, B 11. S. 284. Martina Weber (die Tochter von Helene Loli-Thumberger) übersetzte mir dankenswerterweise die lateinische Urkunde ins Deutsche. Die deutsche Übersetzung der Urkunde lautet: "Ich, Bela (Adalbert IV.), von Gottes Gnaden König von Ungarn, Dalmatien, Kroatien, Rama-Serbien, Galizien, Lodomerien und Rumanien entbiete allen, die die vorliegende Urkunde betrachten wollen, fürwahr einen Gruß."
Wenn der König auch die Bitten aller Untertanen anzuhören gewohnt ist, so pflegte er dennoch voller Huld seine Aufmerksamkeit dankenswerterweise besonders den Bitten derer zu widmen, die dem König und dem Staat zuverlässig dienstbar sind. Daher wollen wir, dass im Verlauf dieser Zeilen jedermann zu wissen bekomme, worum uns unser treuer Magister (kann auch mit "Ratsherr" übersetzt werden!) Philipp von Kuru eindringlich bat: Ihm wollen wir nämlich das Gebiet unseres Ödenburger Burgfeldes mit Namen Harka übertragen (schenken), welches neben seinem, ebenfalls Harka genannten Feld, leer und von seinen Bewohnern verlassen, liegt. Indem wir also die Dienste des Magisters Philipp in Betracht ziehen, welche er uns in beständiger Treue im Reich selbst und als Gesandter erwiesen hat, übertragen wir das bereits erwähnte (Stück) Land Harka, in den alten Grenzen, dem oben genannten Philipp (von Kürü), seinen Erben und den Nachkommen seiner Erben für ewige Zeiten. Ferner verfügen wir; dass er in seine Besitzrechte von unserem hochgeachteten und getreuen Laurencius, Ispan von Ödenburg, friedlich eingeführt werde. Damit also diese Schenkung für ewige Zeiten seine Gültigkeit habe, haben wir angeordnet, dass der gegenwärtige Brief zur immerwährenden Bekräftigung mit unserem Doppelsiegel bestärkt werde. Gegeben durch die Hand des Magisters Smaragd, des durch die Kirche von Colocensio (Kalocsa) Auserwählten, des geschätzten und treuen Vizekanzlers unseres Hofes, im Jahre 1257, am 11. Oktober; das ist im 23. Jahr unserer Regierungszeit." "An dem guterhaltenen Pergament hängt an einem rot-gelb-lila-farbenen Seidenfaden des Königs Doppelsiegel, dessen Rundschrift an zwei Stellen ausgebrochen ist (Hazi).
Dieser "Magister" Philipp von Küzü (von Girm!) war ein Gelehrter, der an ausländischen Universitäten studiert und dort (wahrscheinlich den juristischen) "Magister-Titel" erworben hatte. Leider übersetzen die Magyaren den Titel "Magister" mit dem Wort "mester", auf deutsch "Meister", was zu Missdeutungen Anlass geben kann und gab. Ich bin auch nicht der Meinung, wie ein Verfasser, der in einem Abriss der Geschichte von Girm schreibt: "Von den Taten der Girmer Kleinadeligen lässt sich nicht viel sagen. Ihre Adelsbriefe, die manche Heldentaten beschrieben hätten, sind der Nachwelt nicht erhalten. ..." Ich bin vielmehr der Überzeugung, dass diese Girmer Adeligen weniger "Heldentaten" mit dem Schwert ausgeführt haben, sondern als Gesandte des Königs (beim Herzog von Österreich und beim König von Böhmen) durch Verhandlungsgeschick das Blutvergießen verhindert haben. Als "Gesandter" des Königs erhielt ja auch "Magister Philipp von Kürü für seine dem König geleisteten Dienste" einen Teil des Ödenburger Burgfeldes, namens Harka. Ein Teil von Harkau war schon in seinem Besitz, wie aus der Urkunde ersichtlich.
 
Auf diesem ersten Teil seines Gutes in Harkau lebten aber keine Untertanen. Ob sie weggezogen, verjagt oder getötet wurden, geht leider aus der Urkunde nicht hervor. Dieser Magister Philipp von Kürü (von Girm) hatte auch noch Güter in Girm, woher er seinen Familiennamen hatte, außerdem war er Bürger der (Königl. Frei-) Stadt Ödenburg, wohnte dort und hatte (wie später sein Sohn und sein Enkel) im Magistrat eine führende Stelle inne. Er nannte sich aber "von Kürü" (der damalige Name von Girm), da seine Familie zuerst in Girm begütert war. In einer Urkunde aus dem Jahre 1245 beurkundet Ulrich von Marienberg, dass er auf königlichem Befehl das Gut Curu (Girm) mit neuen Grenzzeichen versehen habe, das dem Magister Philipp und seinen Verwandten zu zwei Drittel als Erbgut, zu einem Drittel als königliche Schenkung dem Philipp und seinem Bruder Natus gehört... ?" Vielleicht war aber auch der Hauptteil seiner Güter in Girm. Wie sehr König Bela IV. (Adalbert) Philipp und seine Dienste schätzte, geht auch aus einer Urkunde des Königs, kurz vor Philipps Tode, hervor. Der König erteilte, laut Urkunde von 1270, Philipp und seinen Nachkommen das Privileg, dass sie in ihrem Haus in Ödenburg wohnend, auch ihre Güter außerhalb der Gemarkung Ödenburgs (also in Girm und Harkau) beibehalten dürfen (Csatkai). Sein Sohn Stephan, ebenfalls "Magister" und Bürger der Stadt Ödenburg, wie vorher sein Vater, erhielt zwischen 1277 und 1284 (genaues Datum der Urkunde ist nicht feststellbar!) "um seiner Verdienste willen, während seiner Gesandtentätigkeit bei Herzog Albrecht von Österreich" das Ödenburger Burgfeld Egered. Interessant ist zu sehen, wie in dieser Familie die Pflege der diplomatischen Beziehungen und die Bereitschaft, die Verbindungen mit dem Ausland auch zu pflegen, vom Vater auf den Sohn, die Söhne vererbt wurde. Interessant ist weiterhin, dass Stephan - wie sein Vater, Philipp, auch - Ödenburger Bürger und gleichzeitig Grundherr im Komitat war. Dieses Recht stand ihnen nur auf grund von königlichen Privilegien zu, die sie im Dienste als Diplomaten erworben hatten (Csatkai).
 
Quelle:"Harkau - mein Heimatdorf ",
die Geschichte eines deutschen Bauerndorfes in Westungarn
Andreas Schindler (1987)