Die Verwaltung der Stadt und ihr Urkundenwesen war schon im 14. Jahrhundert wohlgeordnet und hat uns eine Reihe bedeutender Dokumente hinterlassen, die in der Stadtgeschichte Ungarns einzigartig sind und uns ermöglichen, die Geschichte Ödenburgs im ausgehenden Mittelalter genau zu durchleuchten. Leider sind viele dieser Möglichkeiten noch lange nicht ausgeschöpft. 1354 war bereits ein Stadtschreiber, Magister Seifried (Sewfridus, Házi I/1, S. 104) angestellt. Die Stadtverwaltung ging von der lateinischen auf die deutsche Urkundensprache über.

Die erste deutsche Urkunde stammt vom 13. Juli 1355. Zu den bedeutendsten Quellen dieser Zeit gehören die Konskription der Häuser aus dem Jahre 1379 und das erste Grundbuch für die Zeit von 1480 bis 1553. (15)Quelle/Hinweis:
Erstes Grundbuch 1480–1553. Quellen zur Geschichte der Stadt Ödenburg Reihe A, Band 1. Sopron 1993. Die 972 Eintragungen sind eine faszinierende Quelle zur Geschichte der Stadt an der Wende vom Mittelalter zur Neuzeit und zur Familiengeschichte der Stadt.
1379 wurde also die erste Bürgerliste angelegt: „Vermerkt, die Sailmas Innen und vor der Statt zw Ödennburg auff die Aker anno domini MCCCLXXIV Jare austailt“ (Házi I/1, S.183–190). In der Innenstadt gab es 94 Häuser und 93 Besitzer, darunter 10 Juden, die 11 Häuser besaßen. In der Außenstadt wurden 100 Häuser gezählt, mit insgesamt 290 Besitzern. Aus der Häuserzahl kann man die Einwohnerschaft mit etwa 2200 bis 2500 Menschen schätzen. Die Ackerbürger waren noch bei weitem in der Überzahl. Elf Bürger hatten in der Vorstadt einen Meierhof.

Das erste Grundbuch wurde von Karl Mollay 1993 veröffentlicht und ist damit für die Forschung leichter zugänglich (Elsö Telekkönyv 1480–1535. In: Quellen zur Geschichte der Stadt Ödenburg. Hg. von G. Szendre Katalin, Reihe A, Bd.1). 1535 wurde das Ödenburger Bürgerbuch angelegt und bis 1848 fortgeführt. Es verzeichnete alle, die in Ödenburg Hausbesitz und damit das Bürgerrecht erwarben - insgesamt 11.697 Eintragungen. Nicht nur die Namen, auch Eltern, Herkunft, Beruf und Religion sind verzeichnet. (16)Quelle/Hinweis:
Házi Jenö, der Stadtarchivar und Stadthistoriker von Ödenburg, hat 1982 im Akadémiai Kiado, Budapest, ein großes, zweibändiges Werk über die Ödenburger Bürgerfamilien (Soproni Polgar-Családok) 1535 bis 1848 veröffentlicht, in dem er das Bürgerbuch, aber auch die andren wichtigen Dokumente des Stadtarchives für die Familiengeschichte erschloss, zum Teil auch mit Stammbäumen und Kommentaren. Leider hat er sich nicht an die originalen deutschen Vornamen gehalten und diese „magyarisiert“. Trotzdem ist das Werk für den Historiker von großem Wert. Es gibt wohl nur wenige Städte in Europa, deren Bürgerschaft über einen derartig langen Zeitraum lückenlos dokumentiert ist.
Man kann also die Bürgerschaft über mehr als drei Jahrhunderte mit ihren wichtigsten sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Strukturen verfolgen. Unter den Stadtschreibern gab es bemerkenswerte Persönlichkeiten wie etwa den aus Wien stammenden Konrad Ernst von 1419 bis 1448. Er legte das Stadtbuch für Testamente an, das die Rekonstruktion der Vermögensverhältnisse erlaubt, und das Gerichtsbuch, in dem die Urteile verzeichnet wurden - eine wichtige Quelle der Rechtsgeschichte. Einer seiner Nachfolger, Johann Ziegler, formulierte 1535 den Bürgereid, der bei der Aufnahme in die Bürgerschaft geleistet werden musste.

Natürlich gab es in der Stadt auch soziale Spannungen, wie am Beispiel der Agendorfer und der übrigen adeligen Patrizierfamilien bereits gezeigt wurde. Offenbar führten diese Spannungen so weit, dass ein Teil der Bürger von der Innenstadt in die Vorstadt übersiedelte. Selbst der König musste eingreifen und diese Bürger vehement auffordern, in die Innenstadt zurückzukehren. Der König war offenbar daran interessiert, die Verteidigungsfähigkeit der Stadt zu erhalten. Ödenburg war sowohl als Grenzburg wie auch in wirtschaftlicher Hinsicht derartig wichtig, dass die Stadt immer wieder weit reichende königliche Privilegien erhielt. Schon 1277 bekam die Stadt die Hälfte der Seemaut. Die Ödenburger durften ihre Waren zwischen Leitha und Raab zollfrei verkaufen. 1279 gewährte König Andreas III. sogar Zollfreiheit für das ganze Land. Auf Bitten des Richters Detricus (Dietrich) und des Rates wurde die Stadt von der Verpflichtung, ungarisches Geld annehmen zu müssen, befreit. Die Geschäfte wurden hauptsächlich in Wiener Münze abgewickelt („deitsch gelt“).

Selbstverständlich bestand die Einwohnerschaft nicht nur aus Bürgern und deren Familien. Die wahrscheinlich recht zahlreiche Priesterschaft kam noch dazu. Auch die Juden, die in der Stadt lebten, hatten kein Bürgerrecht. Die christliche Religion war für das Bürgerrecht Voraussetzung. Ebenfalls kein Bürgerrecht hatten die Inwohner, die Inquilini, etwa Arbeiter oder Hauspersonal, die in einem Bürgerhaus Quartier fanden. Das Bürgerrecht, verbunden mit Hausbesitz in der Stadt, gewährte auch einen entsprechenden Anteil am städtischen Grundbesitz. Mit den bürgerlichen Rechten und Freiheiten verbunden waren allerdings auch entsprechende Pflichten und Lasten, etwa die Erhaltung der Stadtmauer, Wachdienst und nötigenfalls auch die Verteidigung der Stadt. Die Bürger gehörten religiösen Gemeinschaften wie Zechen oder Bruderschaften an, die Hilfe und Unterstützung in Notfällen gewährten. Das Spital bot Kranken, aber auch Siechen und Alten, die sonst keine Hilfe hatten, Zuflucht. Es war also auch Altersheim und Armenhaus.