Das uns bekannteste Urbarium war das von Maria Theresia, herausgegeben im Jahre 1765. Es trat am 23. Januar 1767 in Kraft. Das neue Urbarium atmete den Geist der Aufklärung und brachte für die Untertanen Erleichterungen, mehr Gerechtigkeit und Menschlichkeit. Deshalb sperrte sich die Stadt gegen das neue Urbarium und versuchte auch die Ausarbeitung eines Grundbuchs hinauszuzögern. Sie schickte sogar ihren Bürgermeister nach Wien, um die Erleichterungen für Wandorf rückgängig zu machen. Als Argument führte die Stadt an, dass die Wandorfer Untertanen erhebliche Einnahmen aus der Jagd und aus dem Verkauf ihrer Erzeugnisse bei den Adligen und Klöstern in der Umgebung erzielen würden. Dies hat bei den Wandorfern große Empörung ausgelöst. Sie beschwerten sich ihrerseits bei Hofe durch schriftliche Eingaben und Deputationen. Sie antworteten der Stadt auf ihre Weise: Zu Robatharbeiten schickten sie ihre Kinder. Bei geringem Regen blieben sie der Arbeit fern, und sie mißachteten die Urteile des Grundherrn-Gerichts. Die Stimmung war so gereizt, dass es beinahe zu blutigen Zusammenstößen gekommen wäre. Schließlich mußte die Stadt das neue Urbarium unverändert anwenden. Das Aufbegehren der Wandorfer entsprang sicher einer langjährigen Unterdrückung, ohne sich dagegen wehren zu können.
 
Das 1767 eingeführte neue Urbarium bestand aus zwei Teilen. Der erste Teil enthält die generellen Rechte und Pflichten aller Stadtdörfer, die Größe einer "ganzen Ansässigkeit" (ganzer Bauernhof), nach der sich die Abgaben richteten. Im 2. Teil sind die Fronbauern namentlich aufgeführt, die Größe ihres Hofes und die Leistungen, die sie zu erbringen hatten. (Anzahl der Robathverpflichtung, Abführung von Naturalien und andere Abgaben). Anfänglich wurde unterschieden zwischen "inneren" und "äußeren" "Hausgrund. Der "innere" Hausgrund einer ganzen Ansässigkeit" bestand aus dem Hof, dem Garten und dem Scheunenplatz. Er durfte nicht größer sein, als ein Feld, das mit zwei "Preßburger Metzen", oder 123 kg Korn eingesät werden konnte. Dieses Feld entsprach etwa 1 Joch.
 
Die Größe eines Bauernhofs (Ansässigkeit) war so bemessen, dass er eine 6-8köpfige Familie ernähren konnte, (16 Joch Acker, acht Joch Wiesen). Diese Ernährungsgrundlage war bei einem Boden 1. Klasse gerechtfertigt. Aber im Vergleich mit der Bodenqualität der "Kleinen Ungarischen Tiefebene" war der Bodenwert von Wandorf überzogen. Dennoch war die Neuregelung für die Wandorfer Fronbauern ein Vorteil weil nach dem alten Urbarium ein kleinerer Hof (12 Joch) die Ernährungsgrundlage und die Abgabengrundlage bildete.
 
Für die Festsetzung der Verpflichtungen gegenüber dem Grundherrn wurden "Untertanenlisten" gefertigt, in welchen die "Ansässigkeiten" namentlich nach ihren Größen aufgeführt waren. Danach gab es in Wandorf "ganze Lehen", "Halblehen", "Viertellehen" und "Achtellehen". Es gelang aus dem Jahre 1694 eine "Untertanenliste" von Wandorf zu beschaffen. Darin sind folgende Besitzverhältnisse ausgewiesen:
  • Ganze Lehen: 0
  • Halblehen 18
  • Viertellehen 10
  • "Alte Hofstatt" (Söllner mit Haus): 9
  • Kleinhäusler: 22.

In einem Anhang wurden 15 Familien als "Holden" (Söllner ohne Haus) aufgeführt. Die Namen sind in der damals gebräuchlichen, gotischen Handschrift eingetragen, die nicht genau lesbar ist. Durch die Photokopie wurde die Handschrift noch unleserlicher. In der Liste erscheinen Namen von Familien, die auch heute noch existieren:

  • Müllner
  • Schöll
  • Graff
  • Schwenkh
  • Dorner
  • Tschurdl (Tschurl?)
  • Schuster
  • Knäbel (Knabei?)
  • Pohl
  • Marton
  • Rath
  • Brandt
  • Grimsel
  • Grasl.
 
In einer weiteren Liste aus dem Jahre 1715 erscheinen dann folgende Familiennamen: Poil, (Pohl ?), Teurbekl, Lang, Tegendorfer. In einer Zusammenschreibung von 1726 finden wir dann die Familien... Teicher, Kheiser, Khappel, Hammer, Tröscher (Drescher), Steiner, Veiß, Kraus, Taschner, Türk, Rab, Hoffmann, die neu hinzugekommen sind. (Die Namen wurden in der Schreibweise wiedergegeben, wie sie in den Listen geschrieben sind.) Die meisten Familiennamen sind im Laufe der Zeit verschwunden (ausgestorben, weggezogen).
 
Als das neue Urbarium in Wandorf bzw. Ödenburg verkündet wurde gab es in Wandorf (1765) folgende Bauernhöfe (Lehen):
  • Ganze Lehen: 0
  • Halblehen: 2
  • 3/8 Lehen: 6
  • Viertellehen: 44
  • Achtellehen: 21.

Sie bewirtschafteten:

 
 

Hausgrund

Tagwerk

Innerer

Äußerer

Wiesen

Preßb. Metzen

Joch

 

1 Halblehen

1 6/8-2

7 5/8-9 7/8

4-4 6/8

1 Viertellehen

6/8-3 3/8

3 7/8-5 7/8

½-2

3/8 Lehen

1 2/8-2

4 7/8-7 1/8

2-3

1 Achtellehen

¼-6/8

1 11/16-3 5/8

-,-

 
Zum "inneren Hausgrund" gehörten insgesamt 813/8 Preßburger Metzen, zum "äußeren Hausgrund" 333 4/32 Kat. Joch Acker und 68 1/2 Tagwerk Wiesen. Die Steuer betrug für die Gemeinde jährlich 97,- Fl. (Gulden). Erläuterungen: 1 Preßburger Metzen = 64,981 Liter = etwa 123 kg Saatkorn. Eine Fläche für die 123 kg Saatkorn erforderlich waren. 1 Joch = 1100 Quadratklafter (in der Zeit Kaiser Josef II.) 1 Pfund (kapa) = 80 Quadratklafter, 1 Katastraljoch = 20 Pfund = 1600 Quadratklafter; 1 Tagwerk = 800 Quadratklafter. In Wandorf waren im Jahre 1765 97 Besitzende, davon 73 Lehensbauern (Fronbauern), 24 Söllner mit Haus. Söllner ohne Haus (Holden) gab es 22. Hinzu kamen noch 14 Söllner mit Haus des Pauliner-Ordens (Kloster).
 
Die Hauptverpflichtung der Wandorfer "Untertanen" bestand aus der Robath (Frondienst). Es gab die Handrobath und die sog. Zugrobath. Die Zugrobath verstand sich mit zwei Zugtieren. Man kannte noch die "lange Zugrobath". Dies waren Fuhrleistungen die mit zwei Zugtieren zwei Tage dauerten.

Als Naturalleistungen waren zu erbringen: 167/8 Klafter Brennholz aufbereiten und zum städt. Holzdepot zu bringen, 102 1/2 Pfund Gespunst (Gesponsenes), 9 1/2 Maß Fett 85 Kapauner (kastrierte Hähnchen), 106 Hendl, 788 Eier. Auf ein Halblehen (halber Bauernhof) entfielen: 2 Pfund Gespunst, 1/2 Maß Schmalz, 2 Kapauner, 1 Hendl, 12 Eier, 25 Tage Zugrobath, oder 50 Tage Handrobath.

 
Als Rauchgeld war jährlich 1 Fl (Gulden) zu zahlen. Für die ganze Gemeinde 115,- FI. Diese Schuld hat die Stadt als Grundherr nie erlassen. Die Weinbergmaut war nicht hoch. Jährlich hatte Wandorf 2 Ödenburger Maß (1 Maß = 52.50188 Liter) abzuliefern. Diese Weine wurden von der Stadt oft versteigert und es war den Stadtdörfern vorbehalten, ihre eigenen Weine zu ersteigern.
 
Die Robathleistungen waren auf den Sommer und den Winter aufzuteilen. Die Wintermonate dauerten v. 1.10.-31.3. Ein Viertel der Robathschuldigkeit musste für diese Zeit bleiben. Darüber hinausgehende Verrechnungen waren nicht erlaubt. Im neuen Urbarium war auch festgelegt, dass der Grundherr seine Fronbauern verpflichten konnte zur Heuernte, Fruchternte, Weinlese die doppelte Hand- und Zugrobath zu leisten. Diese Mehrleistungen konnten für die Winterschuldigkeit verrechnet werden Nach einer Verordnung aus dem Jahre 1778 konnten die Fronbauern ihre Naturalverpflichtungen auch in Geld begleichen. Für die Handrobath verrechnete man pro Tag 10,- Kreuzer. Das war sehr wenig. Stellt man die Preise für Naturalien gegenüber, erkennt man, wie gering die Arbeits- und freiheitliche Leistungen bewertet wurden. Ein Kalb kostete damals 1,- Gulden (1fl=52 Kreutzer), 1 Paar Kapauner 35,-Kreuzer, 1 Hendl 15,- Kr., 5 Eier 5,-Kr. Für Grundherren inter 1 Maß Schmalz (1/2 kg) oder für 1 Paar Kapauner mußten drei Tage Fronarbeit geleistet werden, um sie abzuarbeiten (Schindler-Harkau, mein Heimatdorf). Das war eine ungeheuerliche Geringschätzung der menschlichen Arbeitskraft. Nach einer Aufstellung von Dr. Horváth Zolttin in seinem Buch "A jobbagyvilág alkonya Sopron megyeben", zu deutsch: die Abenddämmerung der Leibeigenschaft im Komitat Ödenburg, mußten Fronbauern und Söllner aller 8 Stadtdörfer im Jahre 1798/99 folgende Fronarbeiten für die Stadt Ödenburg erbringen.
 

Gemeinde

Tage

Bauern

Söllner

Zusammen

Agendorf

5920 ½

1542

7462 ½

Klingenbach

2470

900

3360

Harkau

4455

552

5007

Mörbisch

2014

468

2482

Wolfs

1350

1032

2382

Loipersbach

1774

606

2380

Wandorf

2077

1116

3190

Kolnhof

3795

1182

4977

 

Tage insges.

31253 ½

 
In Wandorf mußte 1 Söllner mit Haus 18 Tage, 1 Söllner ohne Haus 12 Tage Handrobath leisten.
 
Bei dieser hohen Robathverpflichtung kann man davon ausgehen, das die Weinbauarbeiten der Stadt Ödenburg keinen Kreuzer gekostet haben Nimmt man noch die "lange Zugrobath" hinzu, war auch der Weintransport in die Absatzgebiete kostenlos. So wird auch verständlich, dass sich die Wirtschaft der Stadt nach jedem Rückschlag schnell erholen konnte Ihr Wohlstand ruhte zum Teil auf dem Rücken ihrer Leibeigenen (Untertanen). Diesen Verpflichtungen standen folgende Rechte gegenüber:
 
  1. Die selbständige Bewirtschaftung der zugeteilten "Lehen" (Bauernhöfe)
  2. Das seit 1550 bestehende Recht, ihren selbst erzeugten Wein an gewissen Tagen ausschenken zu dürfen. (Buschenschank)
  3. Gemeinschaftliche Weiden für ihr Vieh zu nutzen.
  4. Zuteilung von Brennholz (6 Klafter pro ganze Session)
  5. Jagdrecht auf städtischen Grund.

 

Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)