Die Benennung einer Siedlung nach einer Person, nach dem Gründer oder Besitzer, ist auch im deutschen Neusiedlungsgebiet des Ostens geradezu die Regel. Im Osten Österreichs und auch in Westungarn gibt es hunderte Beispiele dafür. Der Personenname tritt oft in Kombination mit dem Zusatz –dorf, -bach. –berg, -kirchen, -reuth, -schlag usw. auf (Guntramsdorf, Gumpoldskirchen. Walbersdorf (Dorf des Wolbrun), Pottendorf, Podersdorf (von Both/Bodo), Frankenau, Mannersdorf, Loipersbach (Luitpoldesbach), Ottenschlag, aber auch ohne Zusatz, in genitivischer Form (Großgerungs. Großpertholz, Wolfs ...).

Dag/Daag ist natürlich keine „ungarische“ Bezeichnung. Es ist eine für die lateinische Urkundensprache des mittelalterlichen Ungarn typische Schreibung von Dagendorf. So wurde für Loipersbach Lipold, für Gerersdorf Girolt, für Lutzmannsburg Loczman(d) geschrieben. Die Schreiber ließen im lateinischen Text –dorf, - bach etc. einfach weg. Darin muss man keineswegs ein antideutsches Ressentiment der Urkundenschreiber sehen, obwohl es auch das gab. Es scheint eher so zu sein, dass die deutschen Zusätze nicht der Auffassung von „Latinität“ der Urkundenschreiber entsprachen. In vielen Fällen, auch in der Schreibung von Orts- und Personennamen, die für die Magyaren unter den Mönchen, die die Urkunden verfassten, unverständlich oder schwer auszusprechen waren, hat man umgeformt, so sehr, dass die Namen in den Urkunden oft nicht mehr identifizierbar sind.

Die Urkunde von 1195 spricht also eindeutig von einem Dorf mit deutschem Namen. Mit dieser Urkunde schenkt der Banus Dominicus zur Lösung von einem nicht eingehaltenen Kreuzzugsgelübde (es handelte sich um den Dritten Kreuzzug) dem Kloster Heiligenkreuz im Wienerwald umfangreiche Güter. Dominikus aus dem Geschlecht Miskolc tut dies mit Erlaubnis des Papstes und Zustimmung des ungarischen Königs Béla III, seiner Gemahlin und seines Sohnes. Heiligenkreuz soll mit dieser Stiftung eine Zisterze, also ein Kloster des Zisterzienserordens, errichten. Das Kloster ist als Hauskloster und als Familienbegräbnisstätte des Stifters gedacht. Die Urkunde gilt heute trotz einiger Zweifel als echt. Die geschenkten Dörfer sind Meynhart (Mannersdorf an der Rabnitz), Babaduri (in quo construi cemobium decrevi et in eo sepiliri), wo der Orden das Kloster errichten sollte und wo der Stifter begraben zu werden wünschte, Prezne (Prössing/Peresznye), Mychsa (Strebersdorf), Zaka (Putzelsdorf, ein noch im Mittelalter untergegangenes Dorf zwischen Kroat. Geresdorf und Kroat. Minihof) , Vkas (Kroatisch Minihof), Baran (Kleinwarasdorf) und Dag (Agendorf). (Anmerk. 1)Text der Urkunde in Burgenländisches Urkundenbuch, Band 1, Nr.55, S.28 Babaduri ist der Ort des Klosters, also Marienberg, in den Zisterzienserurkunden auch Hochberg, in ungarischen Schriftstücken Borsmonostor, also Kloster des Bors (Sohn des Stifters), genannt.

Die Güter wurden mit allen Einkünften verschenkt und mit allen Zugehörungen, mit Weingärten, Mühlen, Wiesen, Wälder, Felder, kultivierten und unkultivierten Ländereien. Außerdem sagte Dominicus 300 Mark Silber – eine riesige Summe- , 100 Ochsen, 50 Kühe, 1000 Schafe und 10 Mansen (Höfe) mit „Servotoren“, also Dienstleuten, zu.

Ebenfalls noch aus dem Jahre 1195 stammt eine weitere Urkunde, in der Bela III. die Schenkung bestätigt. Diese Urkunde ist jedoch, wie die Untersuchung gezeigt hat, „verunechtet“, also verfälscht. Der ursprüngliche Text wurde „ergänzt“, offenbar von den Nachkommen des Dominicus. In der Ergänzung heißt es, binnen dreier Jahre nach dem Tod des Stifters könne sich der Erbe eines der geschenkten Dörfer zum Aufenthaltsort auswählen. In den 1220er Jahren wurde um das Beherbergungsrecht der Stifterfamilie gestritten und damit im Zusammenhang wurde die echte Originalurkunde entsprechend „erweitert“. (Anmerk. 2)Text dieser Urkunde in Burgenländisches Urkundenbuch 1, Nr.57, S.30

Die Zisterzienser bekamen mit der Schenkung kein noch zu rodendes und zu erschließendes Waldland, sondern uraltes und außerordentlich fruchtbares, vermutlich auch bereits relativ dicht besiedeltes Kulturland. So konnte nach sehr kurzer Zeit, schon 1197 oder 1198, das neue Kloster auf dem mons altus, also Hohenberg oder Mons sanctae Mariae (Marienberg) bezogen werden. Bald folgten weitere große Schenkungen. Das Kloster wurde Grablege auch für andere Adelsfamilien, offenbar auch für einige Güns-Güssinger. Die Besitzungen des Klosters erstreckten sich bis weit nach Innerungarn. Unklar ist, da entsprechende Nachrichten fehlen, wie Dominikus in den Besitz der geschenkten Dörfer kam. Im Falle von Agendorf dürfte es sich um Land der Ödenburger Komitatsburg gehandelt haben, das aus Königsbesitz an Dominikus kam.

Nun zum Ortsnamen Agendorf und seiner Entstehung. Die Vermutung, dass der alte deutsche Familienname Dago dahinter steckt, ist nicht neu. Die Überlegungen im „Agendorfer Mosaik“ hinsichtlich der sprachlichen Zuordnung zum fränkischen Raum sind richtig. Eine Benennung nach einem Dago wäre also durchaus möglich. Es gibt aber auch eine andere, hochinteressante Möglichkeit. Bisher ist keinem Namensforscher aufgefallen, dass es sich bei Agendorf und Schattendorf offenbar um ein Namenspaar handelt. Dagendorf wäre demnach das Dorf im Süden (Tag = Süden), Schattendorf (Scatendorf) das Dorf im „Schatten“, im Norden. Dies entspricht genau der Lage der beiden Dörfer. Auch im Falle von Schattendorf könnte natürlich auch ein Scato Namen gebend gewesen sein. Das Namenspaar kann aber meiner Ansicht nach kein Zufall sein. Es wäre an eine etwa gleichzeitige Anlage der beiden Dörfer – perfekt durchgeplante Straßendörfer – zu denken. Im Falle von Schattendorf bestand aber noch lange parallel dazu auch die alte, slawische Bezeichnung Suslen, nach den Suslani, den Bewohnern des Zeiselbachtales. Dass das Tal abseits der Pforte, das Tal des Aubaches, des Zeisel- bzw. Tauscherbaches war nachweislich von Slawen besiedelt. Dafür sprechen Flurnamen slawischer Herkunft in Loipersbach.

Es gab, wie noch zu zeigen sein wird, in allen drei Orten, aber auch in den meisten Dörfern der Umgebung, zwei Ortskerne, den alten vordeutschen, meist kleinen Ort, den man in fast allen Dörfern noch ganz gut aus der Parzellenstruktur und aus dem Wegenetz erschließen kann, und das jeweils neue, planmäßig angelegte deutsche Dorf. Abgesehen von Loipersbach, das als frühmittelalterliche Rodungssiedlung anzusprechen ist, handelt es sich ja durchgehend um uralten Siedlungsboden, von der Jungsteinzeit bis in die Römerzeit mehr oder weniger kontinuierlich bewohnt. Sowohl in Schattendorf wie auch in Agendorf (und in den meisten anderen Dörfern der Pforte) sind ja römische Gutshöfe nachgewiesen.

 
Digrabstein roemer 01e villa rustica, der römische Gutshof von Agendorf, lag in der Schleife der früheren Brennberger Kohlebahn, etwas abseits des heutigen Dorfes. Die Bewohner waren romanisierte Kelten, wie die später für die Bachverbauung verwendeten römischen Grabsteine belegen, darunter der sehr bemerkenswerte, in Ödenburg, im archäologischen Museum ( Fabricius-Haus, Lapidarium im Keller) Grabstein mit der Wölfin und Romulus und Remus. Die Inschrift lautet: „Litugena, die Tochter des Att(i)us, ließ (diesen Grabstein) zu ihren Lebzeiten für sich selbst und für Ivinus, den Sohn des Secundinus, (der) … Jahre lebte, und fürVibena, die kleine Magd, (die) 5 Jahre lebte (setzen)“. So hat zumindest Andreas Mócsy die Inschrift gelesen. (Anmerk. 3)Andreas Mócsy, Der Grabstein einer romanisierten keltischen Familie in der Umgebung von Scarbantia. Acta Archaeologica Academiae Scientiarum Hungaricae 40, Budapest 1988 Nach Ansicht von Dr. Karl Kaus ist ihm dabei ein kleiner Irrtum unterlaufen. „Ivinus“ müsste als Ivico, eventuell als Divico oder Civico gelesen werden (Anmerk. 4)Schriftliche Mitteilung von Dr. Karl Kaus.. Die Namen weisen jedenfalls eindeutig auf romanisierte Kelten hin.

 
Im Zusammenhang mit der römerzeitlichen Besiedlung Agendorfs steht eine weitere, sehr spannende Frage. Es gibt in Agendorf „Warisch-Äcker“, die als Walisch- oder Welschäcker zu deuten sind. Es sind also die „Äcker der Welschen, der Romanen, der Römer“. Sie liegen nicht weit vom römischen Gutshof entfernt. Die Frage lautet: Wie ist das Wissen um die Tatsache, dass es sich hierbei um „Römeräcker“ handelt, vom 5./6. Jahrhundert bis in die Karolingerzeit im 9. Jahrhundert oder gar bis in die Zeit der deutschen Ortsanlage im 12. Jahrhundert überliefert worden? Haben die Menschen in späterer Zeit die Äcker weiter bewirtschaftet und immer mit den Ruinen des Gutshofes in Verbindung gebracht? Oder bestand gar der Gutshof weiter? Oder hat eine keltoromanische Bevölkerungsgruppe die Völkerwanderungszeit, die awarische, die fränkische und die magyarische „Landnahme“ überlebt? Ganz auszuschließen ist auch diese zweite Möglichkeit nicht. Der Walchen-Name kommt an zahlreichen Stellen nördlich der Alpen vor und neben urkundlichen Zeugnissen hat auch die Archäologie inzwischen längst bewiesen, dass sich rund um die früher bedeutenden Römerstädte „walsche“ Bevölkerungsgruppen noch lange halten konnten. Vielleicht könnten archäologische Untersuchungen darüber Auskunft geben.

 
Eine zweite, ebenfalls sehr interessante Frage ist wieder an zwei Flurnamen geknüpft. Südlich der Warisch- Äcker liegen die Löwer-Äcker und östlich davon die Ungeräcker. Sind die Löweräcker von einer magyarischen Grenzwächterformation (Lövö=Schützen), von einer Gruppe von Pfeilschützen (sagitarii) abzuleiten, die hier im Rahmen des ungarischen Grenzverteidigungssystems stationiert waren? In der Urkunde von 1225 ist von einem Gebiet der Schützen die Rede, allerdings außerhalb der beschriebenen Grenzen von Agendorf, im Nordosten, in der Pforte, Es hat also ohne Zweifel solche Schützen gegeben. Ob Löweräcker allerdings damit zu tun hat, ist zu bezweifeln. Löwer wird „Lewern“, „Lebern“ gesprochen. Und Leberäcker gibt es in unserer Gegend zuhauf, etwa zwischen Marz und Rohrbach. Der Flurname leitet sich von „hleo“, althochdeutsch Hügel, Grabhügel ab. Und solche Grabhügel hat es in diesem keltisch – römischen Siedlungsbereich in großer Zahl gegeben. Die Frage, ob Löwer magyarischen oder deutschen Ursprungs ist, ist also kaum zu entscheiden. Einfacher ist es bei den Ungeräckern. Sie sind keineswegs ein Beweis für die Anwesenheit von Magyaren. Die Forschung hat längst erkannt, dass die Bezeichnungen „ungarisch“ oder „deutsch“ in unserem Grenzraum keinerlei Rückschlüsse auf die ethnischen Verhältnisse erlauben. Es sind meist Richtungsbezeichnungen, also etwa im Sinne von „gegen Ungarn, gegen Osten“ oder „gegen das deutsche Gebiet, gegen Westen“ gelegen. Das trifft auch auf viele Ortsnamen in Kombination mit Deutsch- oder Ungarisch- zu. Nicht ganz auszuschließen wenn auch unwahrscheinlich ist freilich, dass es sich in Agendorf um die Äcker der Pfeilschützen oder deren Nachkommen gehandelt hat. Aber selbst dann hat „Ungeräcker“ natürlich nur in einer deutschen Sprachumgebung einen Sinn.

 
Wir müssen uns daran gewöhnen, dass derartige Begriffe wie „magyarisches“ oder „deutsches“ Dorf den Verhältnissen im Frühmittelalter einfach nicht gerecht werden. Auf der Gemarkung eines Dorfes konnten natürlich mehrere kleine Siedlungen, auch von Menschengruppen unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Funktion – nebeneinander bestehen. (Anmerk. 5)Am wahrscheinlichsten, wenn auch nicht beweisbar, ist, dass auch auf dem Gebiet des späteren Agendorf neben vielleicht noch vorhandenen „Altsiedlern“ keltoromanischer oder germanischer Herkunft sich auch Slawen niederließen. Die alte Ansicht, dass das Land bei der Ankunft der Magyaren allenfalls einige Überreste der Awaren vorhanden waren, keinesfalls aber Menschen slawischer oder deutscher Herkunft, ist nicht zu halten.
In der fruchtbaren Umgebung der bedeutenden römischen Stadt Scarbantia, an dieser auch verkehrsgeographisch bevorzugten Stelle, müssen tausende Menschen gelebt haben. Anders wäre etwa der arbeitsintensive Bau der Erdwälle („Rote Schanzen“) der Ödenburger Komitatsburg nicht erklärbar.
Wie das Beispiel Schattendorf beweist, war es im 12. und 13. Jahrhundert durchaus möglich, dass auf relativ engem Raum Menschen verschiedenster Herkunft lebten: die slawischen Suslani, die „Leute vom Zeiselbach“, und die deutschen Neusiedler von Sadundorf. Auch in den „zwei Agendorf“ der Urkunde von 1225 findet sich ein deutlicher Hinweis auf eine ähnliche Situation. Das Nebeneinander muss keineswegs ein Miteinander gewesen sein. Pfeilschützen oder Angehörige der Burgmannschaft waren nicht nur durch Sprache und Herkunft, sondern auch durch ihre Funktion und soziale Position abgesondert. Mit ihrem Funktionsverlust durch die Umstellung des Grenzverteidigungssystems zogen sie ab oder gingen in der Bevölkerung auf. Die Burgmannschaft, die „Jobagiones Castri“, waren schon lange auch ethnisch gemischt, man findet unter ihnen – ebenso wie unter den „Grenzwächtern“, relativ viele deutsche Namen. Nach dem Bedeutungsverlust der Komitatsburg und deren Umwandlung in eine befestigte Bürgerstadt, nach der Aufteilung des „Burgfeldes“ gingen aus diesen Burgleuten sowohl städtische Patrizierfamilien wie auch adelige Grundbesitzerfamilien hervor. Das zahlenmäßig größte ethnische Element stellten aber wohl schon im 12., spätestens im 13. Jahrhundert die Ansiedler in den neu angelegten deutschen Dörfern, deren Sprache wohl in einem längeren Prozess auch von den anderen Gruppen übernommen wurde.

Am aussagekräftigsten zur Geschichte des frühen Agendorf ist die berühmte Urkunde von 1225. (Anmerk. 6)Vollständiger Urkundentext in Burgenländisches Urkundenbuch, Band 1, Nr. 143, S.102 – 109
Der Agendorf betreffende Teil der Urkunde lautet:
„Dederunt eciam terram,que vocatur Dag. Cuius prima meta incipit iuxta viam, que venit de Suprun inter dua Dag, inde vadit in rivulum ipsumque ascendit ad medium ville et inde per girum sub meridie comprehendens duas curias vertit se ad occidentem et per vallem festinate ad viam, que venit de Lupoltspach in silvam, ubi due mete sunt, inde predictam viam currens versus aquilonem tendit in angulum ad duas metas et ab istis versus orientum vadit ad viam, que venit de Dag ad duas metas ac predictam viam sequens festinate versus aquilonem ad duas metas, inde vergit versus occidentem aliquantulum ad duas metas et ab his revertitur versus aquilonem ad tres metas sub monticulo positas, inde recto tramite descendit in vallem ad duas metas, ubi termini sunt Suslani et iobagionum castri, et abhinc per plures metas versus orientem properat per vallem pluvialem ad duas metas iuxta terram sagittariorum, inde vadit per plures metas equo cursu versus meridiem ad viam , que tendit in Maurich, et per ipsum aliquantulum versus orientem venit ad duas metas et ab his versus versus meridiem revertitur ad locum suum.”
In dieser Urkunde wurden dem Kloster von König Andreas II. alle Besitzungen bestätigt. Sie enthält eine bemerkenswerte Beschreibung der Besitzung Dag. Im Großen und Ganzen kann man mit Hilfe dieser Urkunde die Grenzen rekonstruieren. Dass von mehreren „metas“, Gemarkungen oder Zelgen gesprochen wird, zeigt: Wir dürfen uns noch nicht das gesamte Ortsgebiet als geschlossenes Ackerland vorstellen. Neben den Auwäldern entlang der Bäche gab es wohl auch noch kleinere Waldstücke oder Weideland dazwischen.

Die Beschreibung beginnt, wie üblich, im Osten und geht vom Weg nach Ödenburg im Uhrzeigersinn zuerst zur Ortsgemarkung, zum Weg und Bach zwischen den beiden Agendorf, nach Süden zu zwei Höfen, von dort nach Osten und durch das Tal (des Loosbaches) zum Weg nach „Loipersbach im Wald“, von dort zu den drei Gemarkungen „sub Monticulo“, unterhalb des kleinen Hügels, womit wahrscheinlich der Schattendorfer Kirchberg gemeint ist, zur Grenze gegen die Suslani und zum Ödenburger Bürgfeld, dann „per vallem pluvialem ad duas metas iuxta terram sagittarium“, also durch ein wasserführendes oder sumpfiges Tal zu zwei Gemarkungen beim Gebiet der Schützen, von dort wieder nach Süden zum Weg, der nach Marz führt (Schattendorfer Straße), von dort zunächst nach Osten zu zwei Gemarkungen und dann wieder nach Süden, zum Ausgangspunkt.

Diese Beschreibung enthält nicht nur die erste urkundliche Erwähnung von Loipersbach, sie ermöglicht auch die Lokalisierung der Suslani und des Gebietes der Schützen westlich von Ödenburg und damit direkt in der Pforte. Sie zeigt auch den Verlauf des mittelalterlichen Wegenetzes auf.

 
Am interessantesten aber ist die Erwähnung von „duo Dag“, also zwei Agendorf. Zwischen denen der Weg hindurch führt. Es gibt 1225 also noch zwei Siedlungen und zusätzlich zwei Höfe im Südwesten des Ortsgebietes, etwa im Bereich des römischen Gutshofes. Die beiden Agendorf sind aller Wahrscheinlichkeit nach das alte, vordeutsche Dorf, das man im Bereich des „Rasten“ wird suchen müssen, und das neu angelegte deutsche Straßendorf. Der „Rasten“ galt ja auch der mündlichen Überlieferung nach bis in unsere Zeit als der älteste Ortsteil. Zwischen den beiden Ortsteilen lag wahrscheinlich, wie spätere Nachrichten vermuten lassen, eine sumpfige Stelle – dort, wo später die evangelische Kirche gebaut wurde.

Zu diesen beiden Agendorf kam dann, wahrscheinlich noch im 13. Jahrhundert, ein dritter Ortsteil hinzu. In den Quellen wird zwar nirgends eine „Burg“ erwähnt. Der „Hausberg“ ist jedoch ein eindeutiges Indiz dafür, dass hier ein „festes Haus“, also ein Wohn- und Wehrturm stand. Auch in den Nachbargemeinden gab es derartige Anlagen. In Schattendorf ist ein Wohnturm auch urkundlich belegt, in Loipersbach ist der Flurname „Burgstall“ (=Burgstelle) Hinweis genug. In allen drei Fällen ist außerdem ein kleines „Suburbium“, also eine kleine Siedlung von Bediensteten des „Burgbesitzers“ nachweisbar. In Agendorf ist dies der Siedlungsteil „Beri“, Berg oder Rosenberg am
 
Fuße des Hausberges, in Loipersbach sind es Kleinparzellen am Burgstall und an der anschließenden Hofstatt (Wirtschaftshof des „Burgherren“) und in Schattendorf, wo der Wohnturm wahrscheinlich am Kirchhügel stand, der Ortsteil, der bezeichnenderweise bis heute „Vorstadt“ heißt – eine sehr sprechende Bezeichnung für ein Suburbium. Die Begriffe „Burg“ und „Stadt“ wurden damals weitgehend synonym verwendet. Der Weg, früher Graben am Loipersbacher Burgstall heißt bezeichnenderweise auch bis heute „Stadtgraben“.
Man kann also mit Hilfe der wenigen Urkunden, mit Hilfe der Orts- und Flurnamen, mit einiger Phantasie (das sei zugegeben), vor allem mit Hintergrundwissen über die Verhältnisse im 12. und 13. Jahrhundert und mit Kenntnis der lokalen Gegebenheiten durchaus einige Aussagen über Agendorf und den Nachbargemeinden in der „Gründerzeit“ vor 800 oder 900 Jahren treffen.