kiritog_0165 Jahre Flucht und Vertreibung
(mle)(Mosbach) Anton Kindtner, der Vorsitzende der Landsmannschaft der Donauschwaben, begrüßte in der „Alten Mälzerei“ mit den 250 Aktiven und Besuchern besonders Oberbürgermeister Michael Jann, die Mosbacher Stadträte, den Bundesjugendleiter der Donauschwaben, Stefan Ihas, die Ehrenmitglieder der Mosbacher Landsmannschaft und andere Ehrengäste zum 62. Kirchweihfest der Landsmannschaft der Donauschwaben. Begonnen hatte der „Kiritog“ am Vorabend in der Sankt Josefskirche am Hammerweg. Nach dem Gottesdienst, der von Kaplan Karl-Heinz Kläger zelebriert und in der Diakon Manfred Leitheim die Festpredigt hielt, tanzte das Kirchweihpaar Klara und Jürgen Schreiner vor der Kirche den Ehrentanz zur Musik der Folkloretanzgruppe Pécs.

 

 
„Manchmal braucht es noch mehr Mut, kein Märtyrer zu sein“
Diakon Manfred Leitheim wies im Kirchweihgottesdienst auf einen Satz im Evangelium hin, über den sich leicht hinweg lesen lässt: „Da stand Josef in der Nacht auf und floh mit dem Kind und dessen Mutter nach Ägypten.“ Er berichtete: „Ein kleines Kind und zwei alte Frauen auf dem Pferdewagen, so floh meine Großmutter 1944 quer durch Serbien und die Tschechei. Sie verlor den Kontakt zum Ehemann, der irgendwo im Kampf stand, vielleicht schon gefallen war. Heimat und Wohnung aufgegeben, eine ungewisse Zukunft, kein Kontakt mehr zu Verwandten. Schließlich die Ankunft in Mosbach. Schritt für Schritt wurde ein Hausstand wieder aufgebaut, der im Banat zurückgelassen worden war.“ „Angenommen, es würde uns jetzt etwas dazu zwingen, unwiderruflich und möglichst rasch die Wohnung zu verlassen. Was würden wir mitnehmen? Ich bin froh“, betonte der Diakon, „dass ich mir diese Frage nicht stellen muss. Leichtfertig lässt niemand sein Herz zurück. Nur eine existenzielle Angst, nur eine existenzielle Not kann einen dazu bringen, alles aufzugeben, nur um das nackte Leben zu retten.“ Es sei kaum vorstellbar, dass sich so etwas erst vor gut sechzig Jahren hier mitten in Europa ereignet habe und dass es noch heute täglich in vielen Ländern dieser Welt geschehe. Dann verwies Diakon Leitheim auf Josef seinen Kirchenpatron. Die Begebenheiten, die die Evangelien schildern, hätten Josef durcheinander gebracht, sie hätten seine Vorstellung vom Leben durchkreuzt. Da erschien ihm im Traum ein Engel und dieser Mann bewies seinen Mut, indem er seinen Träumen traute, indem er das Risiko wagte und mit seiner Familie floh. Es brauche viel Mut, schloss Leitheim, Märtyrer zu sein. Manchmal aber brauche es noch mehr Mut, kein Märtyrer zu sein, damit die Idee des Lebens überleben könne.
 
„Es scheint eine alte Geschichte zu sein“
kiritog_02Bei seiner Begrüßung in der „Alten Mälzerei“ wies Vorsitzender Anton Kindtner darauf hin, dass mit dem 63. Kirchweihfest der Donauschwaben auch der Flucht und der Vertreibung gedacht werde. Es sei gerade 65 Jahre her und schon für die heutige Generation so unvorstellbar, dass man es gerade deshalb erzählen müsse. Denn diese Geschichte dürfe nicht verloren gehen. Die Geschichte begann in den deutschen Siedlungsgebieten an der Donau. Aber immer mehr beginne diese Geschichte in Baracken an der Elz, in Behelfsunterkünften im kleinen und im hohen Odenwald, im Bauland, in Wohnhäusern, wo die Kinder und Enkelkinder der Vertriebenen geboren wurden. „Das, was meine Eltern erlebt haben“ so Anton Kindtner, „ist eine Geschichte von neun Millionen Geschichten, die Menschen nach dem Krieg erlebt haben. Eine Erfahrung bleibt: Alles ist machbar, man kann neu anfangen. Diese Generation hat es bewiesen.“ Es bleibe auch die Erinnerung, was man alles verlieren kann und damit bleibe die Frage: „Was ist wirklich wichtig?“ Man habe Heimatlosigkeit geerbt und Heimat in Mosbach geschenkt bekommen. Deshalb spüre er die Verantwortung als Stadtrat anderen zu helfen, weil seinen Eltern damals Andere geholfen haben. Kindtner erinnerte auch: „Es gibt heute noch Flüchtlingscamps. Es gibt Menschen, die aus ihrer Heimat vertrieben worden sind oder die weggehen mussten, weil sie Angst hatten. Es werden auch heute Millionen Menschen gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Und es gibt Menschen, zu denen diese Menschen kommen und um Aufnahme bitten.“ Es sei deshalb gut, schloss er, dass diese Geschichte weiter erzählen werde. Es sei gut, dass man heute Abend die Lieder der Donauschwaben singe und ihre Tänze tanze.

Oberbürgermeister Michael Jann beschrieb in seinem Grußwort die Donauschwäbische Kirchweih als ein bedeutendes Ereignis, da sie die Traditionen und kulturellen Werte bewahre. Seit 1948 sei das Kirchweihfest zu einer beliebten folkloristischen Veranstaltung in Neckar-Odenwald-Kreis geworden bei der sich Einheimische, Vertrieben und Nachkommen mit Verwandten und Freunden treffen.
 
Von „Cotton eye Joe“ bis zur slowakischen Polka
Durch den Abend führte Christina Gaiser. Das Programm begann mit dem Einmarsch der Tänzerinnen und Tänzer: der Folkloretanzgruppe Pécs aus Ungarn, der Trachtengruppe „Leinwar“ aus Schweigern, den Tanzgruppen der Donauschwaben Mosbach. Die Nachwuchstanzgruppe der Landsmannschaft entzückte dann auf der Tanzfläche die Gäste mit dem Blumentanz und dem Waldecker in ihrer Wandorfer Tracht. Das Repertoire an Tänzen von Kinder-, Jugend- und Jazztanzgruppe, von Tanzkreis und der Folkloregruppe aus Pécs reichten vom „Grease Lightning“, „Line dance“ „Cotton eye Joe“ bis „Jägerneuner“ und zur slowakischen Polka. Die Jazztanzgruppe schloss, dass offizielle Programm, bevor alle Gäste im Saal bis tief in die Nacht die Gelegenheit zum Tanz hatten zur Musik der Kapelle „Gschlampdn“ mit ihrem Leiter Wolfgang Holzmann.
 
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Aus diesem Grund bringen wir immer mal wieder Nachrichten von den Mosbacher Donauschwaben auf unseren Seiten (z.B. vom Masseldornfest oder dem sehr populären Kiritog der Donauschwaben in Mosbach).