Nun war Ungarn darauf aus, das Abstimmungsgebiet mit allen Mitteln zu halten. Es mobilisierte alle Kräfte, die dazu beitragen konnten. Sein großer Vorteil war, dass es das Gebiet besetzt hielt, die Grenzen zu Österreich hermetisch abriegeln konnte, die ungarischen Behörden den Auftrag erhielten, die Abstimmung zu organisieren und die wichtigen Abstimmungslisten zu erstellen. Diese Vorteile nutzten die Ungarn auf ihre Weise und oft mit unlauteren Praktiken. Eine besondere Rolle spielten dabei die Studenten der Ödenburger Forst- und Bergakademie, die im Zusammenspiel mit dem Ödenburger Bürgermeister (Dr. Thurner), dem ungarischen Agitationskomitee, der ungarischen Armee und anderen nationalen Kräften eine Atmosphäre schufen, die sich zum Nachteil Österreichs auswirken mußte.
 
Aus dieser Stimmung ergaben sich auch unschöne Vorkommnisse, wie Behinderung der österreichischen Abstimmungskommissäre, Terrorisierung österreichisch gesinnter Wählerschichten, Aufnahme nichtberechtigter, fremder Personen in die Wählerliste usw. Die manipulierten Abstimmungslisten (Wählerlisten) haben - nach Aufdeckung gravierender Unstimmigkeiten - einen italienischen Offizier der alliierten Generalskommission zu dem Ausruf veranlaßt: "Un inganno che non ha visto il mondo", zu deutsch: Ein Betrug, wie ihn die Welt noch nicht gesehen hat.
 
Unter diesen Voraussetzungen fand die Abstimmung statt, in Ödenburg am 14. und 15. Dezember 1921, in den Landgemeinden am 16. Dezember 1921.
 
Sie brachte folgendes Ergebnis: Für Österreich stimmten 34,9 %, für Ungarn 65,1 %. Die betroffenen Orte stimmten wie folgt:
 
Image
Abstimmungsgebiet 1921
 
 

für
Österreich

für
Ungarn

Ödenburg

27,2 %

72,8 %

Wandorf

81,0 %

19,0 %

Holling

22,3 %

77,7 %

Wolfs

60,4 %

39,6 %

Kroisbach

60,7 %

39,3 %

Agendorf

82,8 %

17,1 %

Harkau

90,4 %

9,6 %

Kohlnhof

31,0 %

69,0 %

Zinkendorf (Nagycenk)

-

100,0 %

 
Ödenburg und die 8 Landgemeinden blieben also bei Ungarn. Dennoch bezeichnete man in der ungarischen Öffentlichkeit das Ergebnis als "niederschmetternd". Es war gleichzeitig ein Hinweis darauf, wo nun der Schwerpunkt der nationalen Erziehung bzw. Umerziehung (Madjarisierung) liegen müsse.
 
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer , Matthias Ziegler (1991)