a) Filialgemeinde von Ödenburg
Wie in Agendorf und Loipersbach wurden um 1673/74 sämtliche evangelischen Prediger und Lehrer von ganz Ungarn aus ihren Ämtern verdrängt und die Kirchen den Katholiken übergeben. Zwar räumte 1681 der Landtag in Ödenburg den Evangelischen je zwei sogenannte "Artikularkirchen" ein. Diese lagen jedoch in den ungarischen Ortschaften Nemeskér und Vadosfa, an den entlegensten Orten des Komitates Ödenburg und kamen somit für unsere deutschen Gemeinden nicht in Betracht.
So wurden unsere verwaisten Gemeinden Agendorf, Wandorf und Loipersbach, aber auch Mörbisch, Wolfs, Harkau u.a. sozusagen Filialgemeinden von Ödenburg. Auch hier mußten am 28. Februar 1674 die evangelischen Kirchen und Schulen dem Fiskus übergeben werden, jedoch konnten im sog. Eggenbergschen Hause (Georgenasse 12) evangelische Gottesdienste gehalten werden. Die Witwe des österreichischen Marschalls Fürst Johann Anton Eggenberg, einer geborenen Hohenzollern aus Bayreuth, wurde das Recht zugestanden, sich in Ödenburg einen Hofprediger im Eggenberg'schen Haus zu halten. Von der aus Stein gehauenen Kanzel sprach der Prediger zu dem im Hofe versammelten Volke. Das geräumige Herrenhaus war an jedem Sonntage so voll, dass ein guter Teil der Gläubigen sich draußen lagern mußte. Seit der Vertreibung des Predigers Matthias Rosner wurde in Agendorf und Wandorf über hundert Jahre lang kein evangelischer Gottes dienst mehr gehalten und die katholischen Priester - in Wandorf die Pauliner - verrichteten die Taufen, Trauungen und Begräbnisse, so dass hauptsächlich dem Besuche der evangelischen Gottesdienste in Ödenburg zuzuschreiben ist, dass die evangelischen Gemeinden ihren Glauben trotzdem bewahrten.
b) Der Thököly- und Rakoczi-Aufstand
Während des Thököly-Aufstandes 1683 drangen mit den regulären ungarischen und türkischen Truppen auch wilde tatarische Horden in unsere Gegend ein und verheerten Dörfer und brandschatzten die Bevölkerung. Agendorf, Loipersbach und Forchtenstein wurden angezündet. Am 17. Januar 1704 standen die Truppen Franz Rákocz II. vor Ödenburg. Es kam zu einem Gefecht, wobei die Stadt angezündet wurde. Auch Wandorf hatte von den Kurutzen, die 1708 auch unser Dorf besetzten, viel zu leiden. Die Männer wurden zum größten Teil ermordet, die Frauen und Mädchen vergewaltigt und die Kinder zusammengefangen und nach Konstantinopel verschleppt. Matthias Lang schreibt in seinem Buch (S. 40): "Bei dem Fluch Krutzi Türken (Kurutzen und Türken) denkt heute niemand mehr daran, dass dieses Doppelwort einstmals gleichbedeutend war mit 'Tod und Teufel'".
Eine alte Chronik schreibt über die damaligen Verhältnisse: "Anno 1708 haben die in der Umgegend von Ödenburg hausenden Anhänger Rákoczis auch das Kloster von Wandorf aufgesucht und gingen nicht eher wieder fort, bis nicht der Prior sie gut bewirtete. Die Feinde des Ortes hatten aber nichts eiligeres zu tun, als den Vorfan beim Ödenburger Kommandanten Plumberger anzumelden und das Vorgehen der Ordensbrüder als Verrat zu schildern. Der Kommandant begab sich schleunigst ins Kloster und ließ den vollkommen unschuldigen Prior in Ketten legen und einkerkern. Erst später stellte sich die Unschuld desselben heraus, und man setzte ihn wieder auf freien Fuß".
Am 2. März 1715 brach in Wandorf, das sich damals nur auf den jetzigen Hauptplatz, die Kirchgasse und auf die unter dem Kloster liegenden Häuschen erstreckte, ein großer Brand aus, der von einem heftigen Sturme unterstützt alsbald den ganzen Ort in Schutt und Asche legte.
c) Unterdrückung der Evangelischen - besonders in Wandorf
Die Evangelischen wurden zu dieser Zeit arg unterdrückt. Die Mönche, des Wandorfer Klosters wollten z. B. den Ödenburger evangelischen Geistlichen kirchliche Amtshandlungen selbst bei solchen evangelischen Familien nicht erlauben, die in den Mühlen wohnten, also zu Ödenburg gehörten. Am 7. Mai 1733 ließ Paul Tschurl, Müllermeister in Wandorf, sein Kind Samuel Adam in Ödenburg taufen. Dagegen protestierten die Paulinermönche, und es kam darüber zu einem argen Streit, der jedoch nach einer Bittschrift .der Gemeinde an den König durch einen Befehl desselben zu ihrem Vorteil entschieden wurde. Als die Tochter des Müllermeisters Matthias Aumüller getraut werden sollte, legte der Pater Andreas Gottgeißl sowohl beim Conventpräses und Bürgermeister Conrad Wohlmuth, als auch bei dem Prediger Serpilius eine Verwahrung gegen die Trauung, bei angedrohter Strafe von 12 Dukaten ein. Doch der Ödenburger Konvent fand, dass die Mühle auf städtischem Gebiet liege und es wurde beschlossen, die Trauung ungescheut in dem dortigen Bethause vorzunehmen, was auch am folgenden Tage geschah.
Quelle: Wandorf - Geschichte und Entwicklung
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)
Die Geschichte und Entwicklung eines ehemaligen Stadtdorfes Ödenburgs
Hans Degendorfer, Matthias Ziegler (1991)